Autor: Thorwald C. Franke (Seite 1 von 25)

Uwe Tellkamp: Der Turm (2008)

Doppeltes Denkmal: Die DDR der 80er Jahre und das Milieu des Bildungsbürgertums

Mit seinem Roman „Der Turm“ hat Uwe Tellkamp ein doppeltes Denkmal gesetzt: Zum einen für die Verhältnisse und die Atmosphäre in der späten DDR der 1980er Jahre, zum anderen für das deutsche Bildungsbürgertum in der DDR, das in seinen Nischen zu überleben versuchte. Beide Themen sind in diesem Roman glänzend gestaltet worden und sind auf diese Weise für die Nachwelt bewahrt worden: Die Verhältnisse in der DDR als Dokumentation der Wahrheit gegen alle spätere Verfälschung und als Warnung. Und die Verhältnisse des deutschen Bildungsbürgertums als Vorbild und Mahnung für eine Zeit, die noch nicht einmal mehr weiß, was ein Bildungsbürger überhaupt ist und die glaubt, Schreiben, Lesen und die Aneignung von Wissen hätten sich im Zeitalter der KI erledigt.

Literarische Form

Der Roman besteht aus einzelnen Szenen, die – jede für sich – liebevoll gestaltet wurden. Die Szenen verbinden sich anfangs noch nicht zu einer durchgängigen Geschichte, wachsen dann aber langsam zu einem Geflecht und einer Geschichte zusammen. Dennoch enthalten die Szenen bis zum Schluss lauter Eigenheiten, die die Geschichte nicht vorantreiben, wohl aber für Atmosphäre sorgen. Die Atmosphäre von damals literarisch einzufangen, das ist eines der großen Hauptanliegen dieses Romans.

Dabei kommt eine Vielfalt von literarischen Formen zum Einsatz: Dialoge, Briefe, Tagebucheinträge, Protokolle, Rückblicke. Teilweise verschwimmen die Texte zu psychedelischen Assoziationen. Viele Dinge werden nicht mit ihrer wahren Bezeichnung in der DDR angesprochen, sondern mit Chiffren wie z.B. „Turm“ oder „Kohleninsel“.

Wiederkehrende Themen

Im Mittelpunkt des Romans steht die Familie Hoffmann. Richard Hoffmann ist Arzt, sein Sohn Christian will später Medizin studieren. Deshalb kommen immer wieder medizinische Themen vor. Man erhält tiefe Einblicke, wie Mediziner reden und denken, wenn kein Patient im Raum ist. Wer selbst Mediziner ist, wird sich gut getroffen fühlen, und vielgeplagte Patienten werden manche wertvolle Einsicht über die „Götter in Weiß“ mitnehmen.

Da der Roman hauptsächlich in Dresden spielt, ist auch viel Dresdner Geschichte und Lokalkolorit in den Roman eingeflochten worden („Dresden … in den Musennestern wohnt die süße Krankheit Gestern“). Ein ebenfalls immer wiederkehrendes Thema sind Uhren und Zeit: Wanduhren, Standuhren, Seemannsuhren, Turmuhren, Uhren aller Art, die die Zeit anzeigen und die Stunde schlagen.

Das Thema des Archipels und vieler einzelner Inseln durchzieht den Roman wie ein roter Faden. Die Anlehnung an „Archipel Gulag“ von Alexander Solschenizyn ist offensichtlich. Bei Tellkamp bezeichnen die einzelnen Inseln die Schattenwelt, die die DDR zur DDR machte: Die Kohleninsel ist die Bürokratie, die die Bürger unerbittlich knebelte. Die Kupferinsel ist das Regierungsviertel in Berlin. Die Gelehrteninsel ist der Verlag, der Zensur ausübte. Die Askanische Insel, wo die Rechtsanwälte ihre Büros hatten. Die Karbidinsel das Karbidwerk, wo Sträflinge und Soldaten arbeiten mussten. Usw. usf.

Diese zweite Wirklichkeit unter der Oberfläche wird auch „Atlantis“ genannt. Das Thema Atlantis wird immer wieder angedeutet, teils ohne Atlantis explizit zu nennen. So z.B. durch die Erwähnung des „Goldenen Topfes“ von E.T.A. Hoffmann, in dem Atlantis eine Chiffre für die Phantasiewelt des Dichters ist. Oder es wird beiläufig erwähnt, dass auf dem Schreibtisch von Meno die beiden Dialoge „Timaios“ und „Kritias“ von Platon lagen: Es sind die beiden Atlantisdialoge Platons. Die Absicht des Autors scheint einigermaßen klar: Atlantis ist jene Insel, die eines Tages plötzlich unterging, weil ihre Bewohner nicht richtig gelebt hatten: Es ist eine Chiffre für die DDR. Etwa so, wie Viktor Ullmann in seiner Oper „Der Kaiser von Atlantis“ Atlantis als Chiffre für das untergehende Habsburgerreich verwendete.

Und natürlich ist Bildung ein wiederkehrendes Thema.

Bildungsbürgertum und Bildung

Dem Milieu des Dresdner Bildungsbürgertums hat Uwe Tellkamp mit diesem Roman ein wahres Denkmal gesetzt. Auch hier ist der Roman stark autobiographisch, denn Uwe Tellkamp wuchs selbst als Sohn eines Arztes im Dresdner Villenviertel „Weißer Hirsch“ auf. Dieses Thema setzt diesen Roman von allen anderen Werken der (Ex-)DDR-Literatur deutlich ab.

Im Roman wird das Villenviertel am Hang über Dresden mit der Chiffre „Der Turm“ angesprochen. Die weitere Familie sowie Verwandte und Bekannte wohnen in verschiedenen benachbarten Villen, die jede einen eigenen Namen, eine eigene Chiffre hat: Tausendaugenhaus, Karavelle, Haus Abendstern, usw. Dabei ist jede dieser Villen für sich mit ihrer Geschichte und ihrer Ausstattung ein Stück Bildung, sei es durch ihre Jugendstil-Ornamente oder durch die in das Glas der Türen geschliffenen Schiffe. Die Bewohner sind Mediziner, Literaten, Naturforscher, Künstler, Historiker und sonstige Gelehrte im weitesten Sinn.

Das ganze Buch hindurch werden immer wieder Bildungsinhalte reflektiert. Der junge Christian wird immer wieder angespornt: Was siehst Du hier? Beschreibe es genauer! Schau genau hin! Die „Türmer“ treffen sich, tauschen ihr Wissen aus, veranstalten Vorträge.

Bildung heißt konkret vor allem literarische Bildung. Goethe steht ganz oben, auch der Zauberlehrling wird erwähnt, und mit „Walpurgisnacht“ wurde Goethe ein ganzes Kapitel gewidmet. Den Anfang des Hildebrandsliedes kann man auswendig, sunufatarungo, Jakob Böhme und Empedokles sind nicht unbekannt, aber auch westdeutsche Autoren kommen vor: Hermann Hesse, Ludwig Uhland und sogar Walahfried Strabo, als Vertreter einer seltenen Traditionslinie, in der Dichtung und Wissen eine Einheit bilden: Das ist es, darum geht es. Christian liest als Schüler wie verrückt. Der Verlagsmitarbeiter Meno weiß viel von der Leipziger Buchmesse und den Begegnungen mit Westverlagen zu berichten. Von Ossip Mandelstam kann ein Gedicht über Homer auswendig gesagt werden. – Dann ist Bildung auch naturwissenschaftliche Bildung: Käfer, Zoologie, überhaupt Biologie. Haeckel als nützlicher Narr. Museen als Orte der Bildung. Und natürlich Medizin. Aber auch technisches und physikalisches Wissen. – Nicht zuletzt Musik. Schallplatten waren wahre Schätze in der DDR und wurden mit Ehrfurcht gehört. – Grundsätzlich ist ein „Türmer“ an allem (!) interessiert. Bildung ist universal und lässt sich keine Schranken auferlegen. Und seien es Ausgrabungen in Babylon.

Dieses Bildungsverständnis ist dem Rezensenten als Sohn eines Libellenforschers und einer Buchhändlerin nur allzu gut bekannt. Die Familie väterlicherseits kam einst aus dem Osten in den Westen: Ob sich mit diesem Bildungsverständnis auch hier unvermutet ein östliches Erbe entfaltet hat? Es scheint so. Hermann Hesse und Walahfried Strabo grüßen vom schönen Bodensee.

Elend und Niedergang

Doch die „Türmer“ bewohnen die Villen nicht allein. Die Villen sind von der Wohnbehörde säuberlich in Zimmer, Flure, Balkone und Kellerräume aufgeteilt worden, und jede Villa wird von mehreren Parteien bewohnt, die jede nach einem säuberlichen Schlüssel dieses oder jene Zimmer zugeschlagen bekommen hat. Manchmal wird auch ein Zimmer durch eine künstliche Wand geteilt, um den Schlüssel zu erfüllen. Die Bäder und Gärten werden gemeinsam benutzt. Durch diese erzwungene Hausgemeinschaft werden sonst fremde Menschen zum intimen Zusammenleben gezwungen.

Renovationen finden praktisch nicht statt. Die „Türmer“ müssen selbst reparieren oder mit kaputten Heizungen und Fenstern leben lernen. Generell finden den ganzen Roman hindurch immer wieder irre Tauschgeschäfte um seltene Waren statt, um Dachpappe, Bleistifte, Autoersatzteile, Weihnachtsbäume, Dresdner Christstollen, medizinische Produkte.

Telefone sind Mangelware, wer eines hat, lässt die anderen am eigenen Apparat telefonieren. In der Klinik kommt es zu einem dramatischen Stromausfall. Später dann zu einem Stromausfall in der ganzen südlichen DDR. Überall wird mit alten Geräten gearbeitet, die noch aus der Zeit vor dem Krieg stammen, bis sie nicht mehr repariert werden können. In der Produktion werden Sträflinge und Soldaten eingesetzt, um dem Personalmangel zu begegnen.

Über die sogenannte „Dunkelsteuerung“ der Karbid-Schmelzöfen heißt es: „In den Hauptlastzeiten, tagsüber, war oft wenig Energie vorhanden, die Öfen wurden zurückgefahren, dienten, ähnlich wie Pumpspeicherwerke, als Puffer für das öffentliche Netz – fuhren jedoch in den energiegünstigen Nacht- und Sonntagsstunden mit der vollen Last, um die Produktionsausfälle wieder aufzuholen.“ (S. 839)

Der Alltag

Der Roman ist reich an Alltagsszenen. Es wird geheiratet und Geburtstag gefeiert. Es werden beliebte Sendungen des DDR-Fernsehens genannt („Willi Schwabes Rumpelkammer“). Weihnachtsbräuche werden beschrieben. Weihnachtsbäume gestohlen. In einer der Villen ist im Keller eine Badeanstalt eingerichtet, wo den „Türmern“ Duschen und Badewannen mit heißem Wasser zur Verfügung stehen: Hier begegnet man sich, und es kommt zu Smalltalk und spontanen Tanzeinlagen.

In den Urlaub fährt man auf Hiddensee, in ein Wohnheim, dessen Plätze selten zugeteilt werden. Im Wohnheim geht es bräsig zu wie überall in der DDR, aber man ist am Meer. Als Arzt kann man einen Platz ergattern, indem man Arztdienste am Strand leistet.

Christian wird im Laufe des Romans erwachsen. Er ist vor allem an Bildung interessiert und versteht das dumme Getue der Mädels und anderer Jungs nicht. Sehr gut die Frage: Ist das jetzt Liebe? Weil ihm die Motivation fehlt, die Spielchen mitzuspielen, wird Christian zum Außenseiter. Die Mädels nennen ihn arrogant. Das wird sich wohl nie ändern.

Richard hat eine Affäre mit einer Krankenhausmitarbeiterin. Und mit einer Studentin. All das unter den Bedingungen des real existierenden Sozialismus. Schon Biermann klagte einst, dass er hinterher gar nicht mehr wisse, wie er das mit der Liebe in der Diktatur eigentlich geschafft hatte. Die Stasi nutzte solche menschlichen Schwächen natürlich aus.

Schließlich muss Christian zum Militär. Dort geht es recht derb zu. Die Vorgesetzten sind zynisch. Es kommt zu sexueller Gewalt. Bei einer Übung zur Flussdurchquerung ertrinkt der Panzerfahrer von Christians Panzer, weil das Gerät schlecht ist und Wasser eindrang.

Hier lohnt sich ein kleiner Vergleich zum Wehrdienst in der Bundeswehr 1991/92: Derb ging es auch dort zu, die Sprache war für den literarisch gebildeten Rekruten gewöhnungsbedürftig. Aber Gewalt gab es keine. Erst recht keine sexuelle Gewalt. Auch eine „Taufe“ gab es nicht. Und Vorgesetzte waren halbwegs vernünftig und von ihrem Tun überzeugt, ohne Zynismus. Es ging ziemlich fair zu, muss man sagen. Allerdings hörte man, dass es früher einmal auch in der Bundeswehr Gewalt gab. Vermutlich vor 1991/92, und nicht in diesen Einheiten. Ach ja, die ABC-Schutzmaske eines Kameraden hatte einen undichten Kohlefilter, so dass er Kohlestaub einatmete und auf die Intensivstation musste: Schlechtes Gerät auch hier, so scheint es. Zudem gab es einen verrückten Anti-Nazi-Fimmel. Wir durften z.B. nicht „Gasmaske“ sagen, „wegen der Geschichte“. Einmal gab es in der wöchentlichen Truppeninformation einen lächerlich lobhudelnden Film über die USA, der an Dämlichkeit nicht zu überbieten war. Es regte sich lebhafter antiamerikanischer Protest, der die Dummheit des Films spiegelte. Sowas hätte es in der DDR-Armee mit Bezug auf die „Freunde“, die Sowjetunion, natürlich nicht gegeben. In den kleinen Dingen gab es viele Ähnlichkeiten, bis hin zu den unvermeidlichen Hängolin-Gerüchten.

Für einen Wessi oder auch einen Spätgeborenen wird es nicht immer leicht sein, alle Andeutungen und Chiffren aus den Alltag der DDR richtig zu entschlüsseln oder auch nur zu erkennen. Hier haben Literaturhistoriker ein reiches Arbeitsfeld vor sich. Bekannt ist immerhin, dass die „unvermeidliche Tschaikowski-Melodie“ die Erkennungsmelodie der „Stimme der DDR“ war. Auch der Minol-Pirol und das Sandmännchen sind bekannt.

Die Repression

Auch die Repression in der Diktatur, die die DDR war, kommt in epischer Breite zur Sprache. Wichtig ist, dass es fast nie zur Konfrontation mit der Staatsmacht kommt. Denn alle wissen, dass sie dabei nur den Kürzeren ziehen würden. Deshalb versuchen alle, die Konfrontation von vornherein zu vermeiden. Sie haben eine Schere im Kopf. Auch die Staatsmacht schlägt keinesfalls sofort zu, sondern redet scheinbar fürsorglich mit ihren Bürgern: Sie wollen doch nicht, dass wir Ernst machen müssen? Alle lügen und verbiegen sich dann, aber es ist unendlich demütigend, und in dieser Demütigung liegt der Kern der Repression. Es ist der Gesslerhut auf der Stange. Und es gibt kein Entkommen. All das geschieht durch Vorgesetzte, Offiziere oder Schuldirektoren. Die Stasi bleibt unsichtbar.

Die Eltern von Christian sorgen sich darum, dass ihr Sohn etwas Falsches sagen könnte, und unterweisen ihn, was er nicht sagen darf. Meno befragt Christian über seine Lehrer, welche davon wohl politisch gefährlich sind, und wie man sich verhalten muss, um nicht anzuecken. Eine Schülerin tut einmal etwas Verbotenes: Sofort wird eine Konferenz von Lehrern und FDJ-Jugendleitern einberufen, und auch hier das Schema: Du meintest das doch gar nicht so, oder? Die Schülerin gibt klein bei.

Auch am Arbeitsplatz immer dasselbe Spiel: Andeutungen, dass man auch anders könne, und schon spurt man. Ebenso im Verlag: Ständig arbeitet man darauf hin, mit Texten gar nicht erst anzuecken, um die Texte auf diese Weise durch den Zensor bringen zu können. Die DDR-Presse empfängt ihre Weisungen ohnehin vom Politbüro und pfeift auf Werte wie Vernunft oder Wahrhaftigkeit. Statt dessen lautet die Maxime: „Wichtigstes Kriterium der Objektivität ist die Parteilichkeit, Genosse! Objektiv sein heißt Partei ergreifen für die historische Gesetzmäßigkeit, für die Revolution, für den Sozialismus!“ (S. 965) – Aber als Judith Schevola einmal ein Buch bei einem Westverlag herausbringt, wird sie aus dem Kulturverband ausgeschlossen und zum Arbeiten geschickt, wo sie als Säuferin versackt. Erstaunlich dabei, dass es auf der Sitzung des Kulturverbandes zu einer ziemlich offenen Aussprache kam und einige sich für ihren Verbleib aussprachen. Judith Schevola verzeiht ihren Richtern: Sie wisse, dass sie so abstimmen mussten, um ihre eigene Haut zu retten. Das Opfer hat Verständnis für die Täter.

Ausreisen werden willkürlich gewährt oder verweigert. Wer ausreisen darf, muss das Land blitzartig innerhalb von 24 Stunden verlassen. Verrückt. Als ein Kollege von Richard mit Fluchtplänen auffliegt, wird auch der liebevoll von Richard gepflegte Oldtimer, ein Hispano-Suiza, der in derselben Werkstatt stand, von der Staatsmacht zertrümmert. Daran ein Zettel: Mit sozialistischen Grüßen. Selbstmorde geschehen recht häufig und sind auf das willkürliche Handeln der Staatsmacht zurückzuführen. Ein Arzt nimmt sich das Leben, als man ihm mit Renteneintritt seine gute Wohnung wegnehmen will.

Christian erhebt eine Axt gegen seinen Vorgesetzten beim Militär, nachdem sein Panzerfahrer ertrunken war. Doch im Zentrum der Anklage steht, was er dabei sagte: So etwas könne es nur in diesem Scheißstaat geben! Die Verunglimpfung des Staates wurde nach Paragraph 220 schwer bestraft. Es ist gewissermaßen der Gesslerhut-Paragraph der DDR gewesen.

Einmal stehlen russische Soldaten ein Baby aus dem Kinderwagen. Eine Strafverfolgung scheitert, denn die Russen sind in der DDR tabu. Der Höhepunkt der Repression ist jedoch dies: Das ganze Buch hindurch sorgt sich Richard, dass seine Frau von seinen Affären erfährt bzw. er überlegt, wie er es ihr beichten kann. Doch am Ende hat die Ehefrau es selbst herausbekommen und nimmt es ganz gelassen ….. und prostituiert sich bei einem DDR-Anwalt, damit ihr Sohn seinen Studienplatz wieder bekommt. Es erinnert an Voltaires „L’ingénu“: Erst macht man die Leute zu Affen, dann lässt man sie tanzen.

Die Kommunisten

Die überzeugten Kommunisten und Funktionäre werden bei Uwe Tellkamp differenziert dargestellt. Vor allem wird ihre Motivation für ihre Überzeugung vom Sozialismus herausgearbeitet: Da ist der hochgebildete Jochen Londoner, dessen ganze Familie von den Nazis ermordet wurde, während er im Exil in London überlebte. Oder der „Alte vom Berge“, der sich ständig traumatisch an seine Erlebnisse an der Ostfront erinnert. Der Oberfunktionär Barsano zeigt sich am Ende überraschend offen gegenüber den Reformen von Gorbatschow.

Die Funktionäre und Privilegierten wohnen übrigens in einem eigenen Stadtviertel direkt neben dem „Turm“, das man nur über eine Brücke und Wachtposten erreichen kann. Die Chiffre des Romans für dieses Viertel lautet „Ostrom“. Man denkt als Leser sofort an Byzanz und byzantinische Verhältnisse.

Als die Wende naht, entlarven sich die Kommunisten als ratlos resignierende Zyniker: Der sonst hochgebildete Jochen Londoner meint allen Ernstes, die Flüchtlinge über Prag und Ungarn wären wie eine Abszessentlastung. Eschloraque und Barsano meinen, ihr Irrtum hätte darin bestanden, zu glauben, dass die Menschen von Natur aus gut seien. Damit ist implizit gemeint, dass sich in dem Freiheitswillen der Menschen ihre Schlechtigkeit zeige, denn „gut“ ist nur der, der willig am Sozialismus mit aufbaut, auch wenn es schwierig wird. Eschloraque meint zudem, dass die Zeit des Teufels sei, weil sie Veränderung bringe. Der völlige Stillstand der Gesellschaft ist also sein sozialistisches Ideal, also die Erstarrung. Von Erich Mielke wird der berühmte Satz zitiert, den er am Abend der Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR über den Umgang mit Demonstranten gesagt haben soll, nachdem Gorbatschow die Feierlichkeiten verlassen hatte: „Jetzt ist Schluss mit dem Humanismus!“ Damit wird einmal mehr klar, dass es den Funktionären nicht wirklich um Humanismus ging.

Schließlich meint einer, dass die Deutschen ein Volk von Faschisten sind. Das deutsche Volk also als intrinsisch schlecht, ein böser Lümmel, der ständig erzogen werden muss und niemals in die Freiheit entlassen werden darf. Hier schließt sich der Kreis zum Ungeist der westdeutschen Shitbürger, die nach der Analyse von Ulf Poschardt alle Deutschen als Nazis ansahen, obwohl – oder gerade weil – sie doch selbst beim Nationalsozialismus munter mitgemacht hatten.

Die Wende

Naturgemäß kann ein Roman, der sich hauptsächlich auf die Zeit vor der Wende bezieht, die Wende nur knapp bearbeiten. Man liest, wie die Vorgänge in Moskau von den „Türmern“ zur Kenntnis genommen werden, aber noch ohne Anteilnahme oder Begreifen, dass dies Konsequenzen haben wird. Die „Türmer“ verschließen sich sogar noch mehr als zuvor.

Doch dann schlagen die Uhren, und die „Türmer“ treten aus ihren Rollen heraus: Sie sagen offen ihre Meinung, weichen nicht mehr in vorauseilendem Gehorsam vor der Staatsmacht zurück. Man organisiert sich, verteilt Druckschriften, der Pfarrer macht einen Aushang, den er auch auf Druck hin nicht mehr abhängen will, und die Dinge nehmen ihren Lauf. – Von einigen heißt es jedoch, dass sie bei all dem hinter ihren Gardinen blieben.

Fazit

Der Roman „Der Turm“ von Uwe Tellkamp ist ein wichtiges Werk der neueren deutschen Literatur, das ein bleibendes Denkmal für die Zeit der späten DDR und für das Milieu der Bildungsbürger in der DDR und deren Bildungsverständnis geschaffen hat. Die Schilderung der Verhältnisse ist eine bleibende Warnung: Die Diktatur zeigt sich nicht erst in Verhaftungen, sondern viel früher, mit der Schere im Kopf. Zugleich wurde ein bleibendes Beispiel dafür gesetzt, was echte Bildung ist und wie sie den Geist des Widerstandes erweckt. Denn echte Bildung ist universal und zeitlos und lässt sich keine Schranken auferlegen. Sie ist auch nicht zynisch und verbohrt, sondern wird von der Liebe zu den Menschen getragen. Nur so ist echter Humanismus denkbar. In diesem Sinne kann dieser Roman als ein wahrer Klassiker Hoffnung auf eine neue Zeit machen, die sich diese Lehren zu Herzen nimmt.

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

Erasmus von Rotterdam: Vertrauliche Gespräche (1518)

Dokument der humanistischen Wende und Ratgeber zur Lebensklugkeit

Erasmus von Rotterdam war einer der bekanntesten Humanisten, die die Wende vom Mittelalter zur Neuzeit mit einleiteten. In den Colloquia familiaria inszeniert Erasmus verschiedene typische Dialoge zu diversen Themen wie Reliquienverehrung, Ablasshandel, Ehe, Frauen, Gasthäuser, Borniertheit, Armenfürsorge, Krieg, Gewinn- und Spielsucht (Alchemie), soziales Wohlverhalten, Gesundheit, gelungenes Leben. Teilweise sind die Dialoge recht witzig und hintersinnig, teilweise sind sie etwas altbacken und plump.

Das Interessante daran ist einerseits die Freiheit und Vernünftigkeit, mit der Erasmus in Anbetracht seines Zeitalters über diese Themen schreibt, und die Durchdringung seines christlichen Denkens mit dem Bildungsgut der Antike: Man bekommt so ein besseres Gefühl für diese Zeit.

Andererseits kann man das Buch auch heute noch als kleinen Ratgeber für die Lebensklugheit verwenden: Zum einen, weil es teilweise immer noch erstaunlich modern ist. Zum anderen, weil die Verfremdung durch den zeitlichen Abstand von 500 Jahren den Leser zu eigenem Nachdenken anregt.

Bewertung: 4 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 31. Dezember 2013)

Asterix Band 41: Asterix in Lusitanien (2025)

Ein unterdurchschnittlicher Asterix

Leider ist dieser Asterix-Band nicht gut gelungen. Er kommt über das Ableiern von nationalen Klischees und kurzen Gags nicht hinaus. Der Plot der Gesamtgeschichte ist ohne Geist. Es gibt kein durchgehendes Thema wie im Vorgängerband „Die weiße Iris“. Aus manchem kurzen Gag hätte man mehr machen können, doch es bleibt immer beim momentanen Auflachen, und dann kommt nichts mehr.

Natürlich wird die portugiesische Kultur auf die Schippe genommen. Aber doch eher im Sinne der Abarbeitung eines Pflichtenheftes. Jeder Aspekt kommt mal dran, aber es wird nichts daraus gemacht. Das Fröhlich-Traurige des Fado, Kabeljau und Kacheln, Garum, die Straßenbahnlinie 28, die Nelkenrevolution, die portugiesische Sprache mit der Tilde auf viele Worten, usw. Generell sehen die Lusitanier in diesem Heft alle etwas verkniffen aus.

Caesar versammelt die reichen Industriellen auf einem Schiff, das „Davos“ heißt. Was hätte man daraus nicht machen können! Doch es bleibt beim Namen als Gag. Einer der Eingeladenen heißt Elonmus in Anspielung auf Elon Musk. Aber auch dabei bleibt es, es wird nichts daraus gemacht.

Französische Wohnmobil-Touristen werden auf die Schippe genommen und dürfen sich über die Erhöhung des Rentenalters echauffieren. Das war’s dann aber auch.

Die deutschen Übersetzer haben einen Zenturio „Pistorius“ genannt, nach dem deutschen Verteidigungsminister. Einen tieferen Sinn gibt es dafür aber nicht.

Der Neger der Piraten spricht jetzt das „R“ richtig aus, offenbar als Maßnahme, um den Rassismus zu entschärfen, der in der Figur angelegt ist. Immerhin wird dieser Kniefall vor dem Wokismus mit „O Tempora o mores“ kommentiert. Die Figur bekommt auch lauter Sätze in den Mund gelegt, in denen besonders oft ein „R“ vorkommt. Wer nicht weiß, wie diese Figur früher gestaltet war, wird den Gag nicht verstehen.

Kurz: Das Heft bleibt weit hinter den Möglichkeiten eines guten Asterix zurück.

Bewertung: 3 von 5 Sternen.

Durs Grünbein: Die Bars von Atlantis – Eine Erkundung in vierzehn Tauchgängen (2009)

In den Bars von Atlantis endet der Abend nie

In seinem kurzen Essay „Die Bars von Atlantis“ versucht Durs Grünbein, Lyriker und Kenner der Geisteswelt der Antike, zu erläutern, welche Gedanken hinter einer einzigen Zeile seines Gedichtes „Kosmopolit“ standen und stehen. Dazu entfaltet er in 14 kurzen Betrachtungen ein Feuerwerk der Assoziationen. Sie kreisen um die folgenden Themen und Topoi: Die Leere des Transitraumes am Flughafen, Reisen als Vorgeschmack der Hölle, Seefahrt als Inbegriff der Reise, die Ursehnsucht des Menschen nach dem Eintauchen in das unendliche Meer, das im Meer versunkene Atlantis als Chiffre für das Endziel aller Reisen, und schließlich die Bars von Atlantis als der Treffpunkt für alle, die die Reise hinter sich gebracht haben. Nebenbei erfahren wir auch etwas zur Poseidonstadt Paestum und der Tomba del Tuffatore, zum ganz privaten Tauchvergnügen des Dichters, zur Weltflucht des Kapitän Nemo in seiner Nautilus, zu den Tränen des Odysseus, und dass es Dante war, der die Intention von Durs Grünbein in kaum beachteten Versen vorwegnahm, ja, ihm fast schon die Show stahl.

Es ist ein wahres Vergnügen, den von Gedanke zu Gedanke spielerisch fortschreitenden Ausführungen Grünbeins zu folgen, die sich auf höchstem Niveau von Sprache und Bildung bewegen. Wer ihm folgen kann, wird seine ungetrübte Freude daran haben; wer es nicht kann, hat einen Text vor sich, an dem man sich hervorragend abarbeiten kann, um höher zu kommen. Sprache im Sinne Durs Grünbeins ist eben nicht nur ein Sichversenken, sondern auch ein Emportauchen, ein Lesen zwischen den Zeilen, das sich über das Geschriebene erhebt, ein Erwachen aus fremden Lebensräumen, wo das Leben Traum nur heißt.

Aus der Sicht der Atlantisforschung greift Durs Grünbein ein Thema auf, das schon mehrfach bearbeitet wurde, nüchterner und expliziter – und dennoch unreflektierter – etwa bei Ulrich Sonnemann und dessen Frage nach der tiefenpsychologischen Dimension von Atlantis (Atlantis zum Beispiel, 1986).

Es bleibt die trockene Pflicht, auf einige typische Irrtümer im Zusammenhang mit Atlantis hinzuweisen, denen auch Durs Grünbein erlegen ist, damit die Welten von Dichtung und Wahrheit sich nicht auf unglückliche Weise miteinander vermischen: Die Forschung neigt zu der Auffassung, dass König Atlas von Atlantis, ein Sohn des Poseidon, nicht identisch ist mit dem Titan Atlas aus der griechischen Mythologie. Dieser Titan ist es, nach dem das Meer westlich der Säulen des Herakles das Atlantische Meer genannt wurde; als Platon seine Atlantis-Dialoge schrieb, war der Name schon vergeben. Platon hängt sich also keineswegs an den mythologischen Atlas an, sondern ersetzt ihn überraschend und kühn und weit über eine Entmythologisierung hinausgehend durch eine völlig andere Person gleichen Namens! – Etwas ins Auge geht die Verwendung des Begriffs Okeanos im Zusammenhang mit Atlantis. Platon verwendet das Wort Okeanos an keiner Stelle seiner Atlantis-Dialoge, und bei Herodot kann man nachlesen, warum der Mythos vom Okeanos damals in keinem guten Ruf stand; zumal es ja bei Atlantis um Logos und nicht um Mythos geht.

Wohltuend verschont Durs Grünbein seine Leser mit den ewig falschen Vulkanausbrüchen als Ursache für den Untergang von Atlantis, sondern bleibt bei den von Platon genannten Erdbeben. Und ja, auch hierin ist Durs Grünbein beizupflichten: Wer in ein U-Boot steigt, wird Atlantis wohl tatsächlich niemals zu Gesicht bekommen. Doch das zu erläutern würde das Atlantis des Dichters in unzulässiger Weise mit der Frage nach Atlantis als einem realen Ort verknüpfen. Denn in den Bars von Atlantis wird auch dann noch ein Kommen und Gehen herrschen, wenn Platons Atlantis sich als ein realer Ort entpuppt haben wird. Es wäre ja auch schade, wenn Atlantis das gleiche Schicksal wie Troja widerfahren würde: Ein langweiliger Trümmerhaufen am Ende der Zeit, entdeckt bis zur Unkenntlichkeit. Nein, bei Atlantis muss und wird und kann das alles nur ganz anders sein und bleiben!

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 09. Juli 2010)

Andreas Kleineberg, Christian Marx, Eberhard Knobloch, Dieter Lelgemann: Germania und die Insel Thule – Die Entschlüsselung von Ptolemaios‘ „Atlas der Oikumene“ (2010)

Ein Lehrstück für die Interpretation antiker Texte

Mit „Germania und die Insel Thule“ hat das Berliner Team von Wissenschaftlern eine grundlegende wissenschaftliche Arbeit vorgelegt, die die von Ptolemaios überlieferten Koordinaten auf moderne Koordinaten umlegt.

Dabei mussten sie berücksichtigen: Die systematische Verschiebung von ganzen Ortsgruppen, weil der Ort, an dem sich die Koordinaten der anderen Orte orientieren, falsch bestimmt wurde. – Abschreibefehler über die Jahrhunderte. – Übertragungsfehler von germanischen Ortsnamen ins Lateinische, und von dort ins Griechische. – Art und Qualität der Quellen, aus denen Ptolemaios seine Kenntnisse schöpfte. – Antikes Messwesen und typische Messfehler. – Typische Irrtümer, denen Ptolemaios bei Schlussfolgerungen unterlegen sein könnte. – Entlarvung fälschlicher Benennungen von Orten in der Neuzeit nach verfehlten Lokalisierungen der Orte nach Ptolemaios. – Archäologische Kenntnisse über Orte und Wege in Germanien. – usw. usf.

Kurz: Für überlieferte Ortsangaben, die hinten und vorne nicht zur Wirklichkeit zu passen scheinen, die oft nach purer Phantasie aussehen, mussten die Autoren eine komplexe Abbildung auf die wirkliche Welt entwickeln, die jeden Ort im hier und jetzt lokalisierte und gut begründete, warum dieser Ort gemeint war. Wer nach Atlantis suchen wollte stünde vor keinen anderen Problemen und hätte keine andere Aufgabe zu lösen als eben diese.

Das Buch skizziert den angewendeten Algorithmus, führt ihn jedoch nicht bis ins letzte Detail aus, was schade ist. Es wird deutlich, dass am Ende doch keine rein algorithmische Mechanik angewandt wurde, sondern auch sehr viel gesunder Menschenverstand eingeflossen sein muss, um die einzelnen Orte zu lokalisieren. Dieses Vorgehen hätte präziser dargestellt sein können. Bei der Identifizierung der Insel Thule hätte man deutlicher machen sollen, dass kaum eine einzelne kleine Insel gemeint sein konnte, sondern nur Skandinavien als Ganzes. Die Aufschlüsselung und Interpretation der Quellen zu Thule ist aber ebenfalls überzeugend gelungen.

Fazit

Das Buch ist bedeutend unter zwei Gesichtspunkten: Zum einen ist es ein Lehrstück über die Interpretation antiker Texte; in diesem Fall besonders reizvoll, da auch die Mathematik mit hineinspielt. Zum anderen lässt sich vermuten, dass die sichere Lokalisierung so vieler Orte im germanischem Raum die römisch-germanische Archäologie revolutionieren wird.

Bewertung: 4 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 27. Januar 2011)

Arnold Bennet: Hotel Grand Babylon (1902)

Vergnügliches Krimi-Abenteuer und der Charme nationaler Klischees

Der Roman „Hotel Grand Babylon“ von Arnold Bennett ist eine vergnügliche Kriminalgeschichte um einen amerikanischen Milliardär, der spontan ein Hotel in London kauft, um seiner Tochter einen Gefallen zu tun. Bald muss er feststellen, dass sein Hotel der Schauplatz einer schlimmen Intrige ist, und ein turbulentes und liebenswert erzähltes Abenteuer beginnt.

Der Roman bezieht seinen Charme aus einer sympathischen Verwertung altbekannter nationaler Klischees: Die Engländer sind Prinzipienreiter und Traditionalisten. Die Schweizer sind arbeitsam und ordentlich. Die Deutschen sind gläubige Monarchisten von einer so großen Einfalt, dass es schon wieder respektabel ist. Die Bosnier greifen hitzköpfig zu Entführung und Mord als Methoden. Die Amerikaner sind reich, pragmatisch und haben immer ihre Revolver dabei (benutzen sie aber dann nicht: sehr human!). Die Tochter des US-Milliardärs ist zudem uneuropäisch modern und frei von jeder damenhaften Attitüde und statt dessen von einem ungeniert zupackenden Wesen. Daher wohl auch der Name des Hotels: Babylon als das Symbol für das verwirrende Aufeinandertreffen der verschiedenen Nationen. Außerdem sind die Bösewichter wahre Schurken, die am Ende zur Strecke gebracht werden, wie es sich gehört.

Normalerweise stoßen Klischees eher ab. Hier jedoch werden sie mit viel Sympathie entfaltet und zum Guten und nicht etwa zum Schlechten ausgelegt (die Bosnier mal ausgenommen, aber die waren damals weit weg, und wenn man an den Beginn des Ersten Weltkriegs denkt, war Bennett regelrecht hellsichtig). Nationale Eigenheiten haben auch etwas Liebenswertes, und genau auf dieser Klaviatur wird hier gespielt. Es erinnert an die Romane von Jules Verne, in denen immer wieder die Vertreter verschiedener Nationen unverhofft zur Teambildung gezwungen werden, und vereint durch einen ungetrübten Aufklärungsoptimismus und den Glauben an den Fortschritt der Wissenschaft gemeinsam Abenteuer bestehen, indem jeder seine Stärken einbringt.

Diese wohlwollende Einstellung zu nationalen Identitäten und ihren Vorzügen und Schrullen ist derzeit bei vielen Menschen in der westlichen Welt, aber speziell in Deutschland gründlich verloren gegangen, und durch eine Hermeneutik des Verdachts gegen alles Nationale ersetzt worden. Man überlässt die nationale Identität derzeit den Rechtsradikalen und glaubt, man könne ein Europa gegen die Nationen statt mit den Nationen bauen. Inmitten dieses Wahns, der zwangsläufig den entsprechenden rechtsradikalen Gegenwahn hervorruft, tut es deshalb gut, durch Autoren wie Arnold Bennett oder Jules Verne daran erinnert zu werden, wieviel Liebenswürdigkeit, Humanität, Charme und unverlierbare Wahrheit in nationalen Eigenheiten liegen kann.

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 08. Juli 2019)

Jared Diamond: Kollaps – Warum Gesellschaften überleben oder untergehen (2005)

Völlig am Thema vorbei!

Der Titel „Warum Gesellschaften überleben oder untergehen“ weckt Hoffnung auf Antworten zu Fragen wie z.B.: Warum ging das römische Reich unter und wurde von der dunklen Zeit des Mittelalters abgelöst? Warum ging die antike Religion zugrunde und warum wurden die Menschen plötzlich Christen? Warum scheiterte in der Antike die Demokratie so endgültig und wurde durch 2000 Jahre Monarchie abgelöst? Wird der Westen als Kultur überleben oder wird der Islam die Errungenschaften der Aufklärung wieder zurückdrehen? Wird Deutschland als transkulturell integrierte Nation überleben, oder gehen wir in einem desintegrierten Völkergemisch auf, das im Bürgerkrieg endet?

Aber nichts davon in diesem Buch!

Dieses Buch lenkt den Blick nur auf ökologische und ökonomische Aspekte. Umweltkatastrophen werden als Untergangsszenarien an die Wand gemalt. Dies ist ein Buch für Multikulti-Fanatiker, die die islamistische Unterdrückung der Frau als kulturelle Eigenart „tolerieren“ und nur einen Blick dafür haben, wie man die Energie noch teurer machen kann, denn man muss ja den Planeten retten. Wen kümmert da schon der Niedergang der Aufklärung in der deutschen Gesellschaft?

Ergo null Punkte.

Wer wissen will, was man gegen den Niedergang unserer Gesellschaft tun könnte, der sollte besser das Buch „Der Multikulti-Irrtum“ von Seyran Ates lesen.

Bewertung: 1 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 27. Juli 2008)

Daniel Kehlmann: Beerholms Vorstellung (1997)

Gesellenstück eines Schriftstellers

In „Beerholms Vorstellung“ übte sich der 22jährige Daniel Kehlmann daran, seinen Stil und seine Themen zu finden, mit denen er als Schriftsteller Erfolg haben würde. Vieles wird man in seinen späteren Werken in verwandelter Form wiedererkennen. Die einzelnen Miniaturen sind bereits sehr gelungen, doch es fehlt noch der große Zusammenhang. Der rote Faden der Geschichte erscheint nicht zwingend und entwickelt sich jeweils überraschend, eben experimentell, und dabei noch ohne den richtigen Ernst, den ein 22jähriger wohl auch noch nicht hat.

Kehlmann gelingt es, typische Erfahrungen ironisch einzufangen und zum Thema zu machen, die den Leser sagen lassen: Ja, genau so, genau so habe ich es auch schon erlebt und empfunden, und genau so sollte man auch darüber lachen. Auch das Verschwimmen von Realität und Traum ist hier schon perfekt gelungen.

Auch die für Kehlmann typische Skurrilität der Geschichte und ihrer Personen ist schon angelegt: Es geht um einen jungen Mann, der sich von der Metaphysik der Mathematik dazu verleiten lässt, Theologie zu studieren, bis sich sein Talent zur Zauberei Bahn bricht. Schließlich zerfließen die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit, und das Ende ist tragisch.

Ein Thema ist die Unfähigkeit des Protagonisten, zu sich selbst zu finden, und nie bei dem bleiben zu können, was er ist und hat. Wohl eher ein Thema für junge Leute wie den Autor, die sich erst noch finden müssen, ebenso wie das Thema Suizid; langfristig ist aber jeder angefragt.

Alles in allem lesenswert, aber kein Muss.

Bewertung: 4 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 03. März 2015)

Hans-Olaf Henkel: Die Abwracker – Wie Zocker und Politiker unsere Zukunft verspielen (2009)

Hinter der Finanzkrise steckt der Neosozialismus!

Hans-Olaf Henkel hat als gut vernetzter Industrieller den Beginn der Finanzkrise 2008 hautnah miterlebt. Hier berichtet er, wie sich die Dinge aus seiner Sicht entwickelten, und wie er die Lage einschätzt. Der Leser lernt hier ganz andere Einblicke und Sichtweisen kennen, als sie gemeinhin verbreitet werden. Da Henkel auch in den USA lebte, kann er auch von dort aus unmittelbar eigenem Erleben berichten.

Einsicht Nr. 1 ist, dass der Hauptschuldige an der Finanzkrise von 2008 nicht etwa der „Kapitalismus“ oder „Gier“ waren, sondern im Gegenteil der von Henkel so genannte „Neosozialismus“ der Politiker. Die Politiker hatten die Blasen, die 2008 platzten, selbst durch unrealistische Gesetze verursacht, mit denen sie sich beim Wahlvolk beliebt machen wollten. Hinzu kommt, dass ausgerechnet die deutschen Staatsbanken am tiefsten in den faulen US-Papieren investiert waren – auf Anraten von Finanzminister Steinbrück (SPD) unter Einsatz staatlich garantierter Kredite.

Auch wenn Henkel übersehen hat, dass die Fördergesetze in den USA nur einen Teil der Immobilienblase direkt verursachten, so ist doch richtig, dass sie der Trigger zum allgemeinen Kredit-Run waren, weil alle mitziehen mussten, um am Markt zu bleiben. Vom Schattenbankensystem sagt Henkel leider nichts. Generell liegt Henkel aber richtig damit, dass die Risikobewertungssysteme der Banken systematisch falsch waren, und damit maßgeblich zum Crash beitrugen, ob nun Schattenbank oder nicht. Der Fehler war, dass sie die Abhängigkeiten von Risiken außer Acht ließen. Die Risiken verschiedener Kreditobjekte wurden gegeneinander verrechnet, doch mit der Möglichkeit, dass ganze Märkte einbrechen, rechnete keiner.

Henkel prägt für das naiv-soziale Verhalten der Politiker den Wählern gegenüber einen neuen Begriff, nämlich „Neosozialismus“. Paradoxerweise jammern jedoch alle, dass wir in „schlimmen“ „neoliberalen“ bzw. „kapitalistischen“ Zeiten leben würden … das ist kaum der Fall. Dass z.B. das Ziel von 25% Rendite von Deutsche-Bank-Chef Ackermann auf das Eigenkapital und nicht auf die Gesamtbilanz bezogen war, hört man in allgemeinen Medien nicht.

Aber auch die Wirtschaft bleibt von Kritik nicht verschont. Henkel nennt u.a. Namen für eine Hall of Shame von Unternehmensvorständen, die sich als Abwracker betätigt hatten.

Am Ende des Buches unterbreitet Henkel einige konkrete Vorschläge, wie man der Probleme Herr werden könnte. Der wichtigste davon wird wohl der Wunsch nach einer besseren ökonomischen Bildung der Menschen sein. Denn nur auf dieser Grundlage kann man die Probleme und die notwendigen Lösungen überhaupt verstehen und entsprechende politische Mehrheiten finden. Daran mangelt es heute erheblich. Zur Behebung dieses Mangels trägt das Buch einiges bei.

Bewertung: 5 von 5 Sterne.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 11. Februar 2015)

David Gibbins: Atlantis (2005)

Archaeo-Fantasy um die Sintflut im Schwarzen Meer und Platons Atlantis

Der Roman „Atlantis“ von David Gibbins (2005) – deutsch: „Mission Atlantis“ – ist leider misslungen. Er funktioniert weder literarisch noch historisch noch archäologisch, wie im folgenden Punkt für Punkt gezeigt wird.

Story und Erzählweise

Als Thriller ist der Roman „Atlantis“ von David Gibbins eine Enttäuschung. Das klassische „treasure hunting“, das historischen Romanen oft ihren Thrill gibt, ist bereits nach dem ersten Drittel des Romans beendet, und auch die beiden Hauptpersonen haben zu diesem Zeitpunkt bereits intim zueinander gefunden. Es geht im darauf folgenden Hauptteil des Romans nur noch darum, den Ort von Atlantis aufzusuchen und dabei künstlich in die Story eingebrachte Schwierigkeiten zu überwinden. Eine weitere Entwicklung der Charaktere bleibt aus.

Zu diesen künstlichen Schwierigkeiten gehört vor allem ein eindimensional böse gezeichneter Raubgräber mit der finanziellen Macht und der militärischen Ausrüstung eines ganzen Staates, der zufällig immer an der passenden Stelle auf den Plan tritt. Zudem ist ebenfalls rein zufällig direkt vor dem Eingang von Atlantis ein sowjetisches Atom-U-Boot mit Nuklearsprengköpfen gesunken, um das sich seitdem niemand mehr kümmert. Die Protagonisten leiden im Verlauf der Handlung unter Blutverlust, immer knapper werdender Atemluft, Kerosinmangel oder schwächer werdenden Batterien, und doch erreichen sie immer wieder kurz vor dem Exitus das erwünschte Ziel.

Weitere unglaubwürdige Zufälligkeiten sind drei gleichzeitige archäologische Funde an drei verschiedenen Orten, die sich natürlich alle drei auf dieselbe Sache beziehen. Unglaubwürdig auch, dass es auf einer kleinen, einsamen Vulkaninsel im Schwarzen Meer einen offenen Zugang in die Unterwelt von Atlantis geben soll, der über viele tausend Jahre unentdeckt blieb. Der Vulkan wird dann natürlich punktgenau zum Ende des Buches ausbrechen, nachdem er viele tausend Jahre lang ruhig blieb.

Den ganzen Roman über quält der Autor seine Leser mit technischen Begriffen aus der Welt der Schiffahrt, des Tauchens und der Waffentechnik. Zahlreiche technische Abkürzungen verwirren. Vielleicht könnte man als Taucher und Waffennarr dem Roman etwas abgewinnen? Mehr als die Hälfte der Zeit befinden sich die Protagonisten unter Wasser und kämpfen mit der Technik, den Elementen und menschlichen Feinden.

Völlig unnötig sind die vielen archäologischen Sensationsfunde und Entdeckungen, die die Protagonisten im Vorfeld der Romanhandlung gemacht haben wollen, mit denen die unglaubliche Story zusätzlich gestützt werden soll:

  • Ein Fund von verbrannten Schiffen der Griechen vor Troja.
  • Die Entzifferung des minoischen Linear A.
  • Der Fund eines zweiten Diskus von Phaistos.
  • Die Entdeckung eines Archivs in der Athener Akropolis.
  • u.v.a.m.

Zur Schwarzmeer-These im Allgemeinen

Ja, es ist zunächst richtig, dass das Schwarzmeerbecken einst besiedelt war. Ja, es ist richtig, dass das Wasser am Bosporus irgendwann durchbrach und das Schwarzmeerbecken flutete. Ja, es ist plausibel, dass die indogermanische Sprachfamilie von dort ihren Ursprung hat. Ja, es ist immerhin nicht unmöglich, dass in den Flutsagen des Gilgamesch und der darauf aufbauenden Bibel eine dunkle Erinnerung an dieses Ereignis enthalten ist. Ja, auf dem Grund des Schwarzen Meeres wird man noch manche steinzeitliche Siedlung finden, die das Bild der Steinzeit revolutionieren wird. Soweit so gut.

Es ist aber falsch, von diesem Ereignis eine direkte Verbindung zu späteren Hochkulturen wie z.B. Mesopotamien oder Ägypten zu ziehen; die Gründe dafür sind folgende:

  1. Die zeitliche Lücke zwischen dem Untergang der Schwarzmeerkultur und dem Aufstieg der späteren Hochkulturen umfasst mehrere tausend Jahre. Solange lässt sich keine detaillierte Überlieferung mündlich weitergeben und schon gar nicht geheimhalten. Mehr als dunkle und grobe Erinnerungen an ein Ereignis sind ohne Schrift nicht überlieferbar. Selbst mit Schrift wäre es schon schwierig genug.
  2. Die Schrift entwickelte sich in Ägypten und Mesopotamien eigenständig und unabhängig voneinander und bei Völkern, die nicht der indogermanischen Sprachgruppe angehörten. Wenn die Schwarzmeer-Kultur über eine Schrift verfügte, so war sie schon Jahrtausende zuvor verloren gegangen. Indogermanische Völker wie z.B. die Hethiter oder Griechen übernahmen die Schrift vielmehr aus dem Orient.
  3. Es ist offensichtlich, dass sich die späteren Hochkulturen eigenständig und angemessen langsam entwickelt haben, ohne einen Vorläufer, der ihnen einen Entwicklungsschub gegeben hätte.
  4. Die späteren Hochkulturen weisen keine Gemeinsamkeiten auf, die auf einen gemeinsamen Ursprung hindeuten würden; nur die indogermanischen Völker weisen natürlich gewisse Gemeinsamkeiten auf; Ägypten und Mesopotamien gehören aber z.B. nicht dazu.

Kurz und gut: Die These von der Überbrückung dieser zeitlichen Lücke hat keine Chance.

    Die Schwarzmeer-These bei David Gibbins

    Gibbins behauptet nicht nur eine Überbrückung der großen zeitlichen Lücke, sondern dehnt das Erbe der Schwarzmeerkultur auch auf spätere Hochkulturen aus, die a) definitiv nichts mit einem indogermanischen Ursprung zu tun haben, b) zeitlich in ihrem Auftreten sehr variieren, c) in ihrer kulturellen Entwicklung sehr stark auseinanderliegen. Gibbins nennt u.a. Ägypten, Mesopotamien, die Kelten, die Indus-Valley-Kultur, die Israeliten und auf den letzen Seiten sogar die amerikanischen Indianerkulturen. Die Minoer, die bei Gibbins im Zentrum stehen, treten in Wahrheit erst vergleichsweise spät in Erscheinung. Auch ist die Idee, dass die Priesterkaste der Schwarzmeerkultur sich über Jahrtausende die Weltherrschaft gesichert hätte und die kulturelle Entwicklung steuerte, nichts als eine Verschwörungstheorie, die für damals noch unhaltbarer ist als für die Gegenwart.

    Das untergegangene Atlantis wird von Gibbins als eine ziemlich befremdliche Kombination von steinzeitlicher, minoischer und ägyptischer Kultur geschildert: Gebäudekomplexe wie in Catal Hüyük, eine Sphinx in Stiergestalt, gewaltige Stufenpyramiden usw. Es ist ein archäologisches Walt-Disney-Land in Form eines völlig anachronistischen Potpourris der bekannten Hochkulturen.

    Atlantisforschung

    Der Roman „Atlantis“ von David Gibbins bewegt sich leider auf dem Niveau der üblichen pseudo-wissenschaftlichen Thesen rund um das Atlantis des Platon: Am Ende sei Atlantis die uralte Wiege der Zivilisation, was es im Original bei Platon eben nicht ist. Der Leser bekommt keinen realistischen Einblick in die Fragestellungen und die wirklichen Möglichkeiten der wissenschaftlich fundierten Atlantisforschung. Wer Platons Atlantiserzählung gelesen hat, findet seine Vorstellungen von Platons Atlantis in dem „Atlantis“ des Romans von Gibbins nicht wieder.

    Die Begegnung von griechischer und ägyptischer Kultur, die eine der Kernfragen der Atlantisforschung ist, wird ganz falsch dargestellt: In Ägypten wurde kein nennenswertes Wissen ausschließlich der mündlichen Überlieferung vorbehalten, die Priester hüteten auch keine Geheimnisse und erst Recht keine Kenntnisse, die weit vor 3000 v.Chr. hinausgereicht hätten. Es ist auch nicht wahr, dass die höheren Priester höhere Weisheiten gewusst hätten; eher im Gegenteil wussten Priester von niederen Graden oft mehr, weil sie spezialisiert waren. Auch logen die ägyptischen Priester griechische Besucher nicht einfach an; die Gründe für Falschinformationen greifen häufig viel tiefer und sind eher als ein Missverstehen zu deuten, wie man bei Herodot sehr gut studieren kann. Gerade von Herodot zeichnet Gibbins ein ziemlich simplifizierendes Bild, u.a. auch im wissenschaftlich gemeinten Nachwort.

    Solons Aufenthalt in Ägypten wird leider völlig anders dargestellt als bei Platon. Wie Gibbins im Nachwort einräumt, geschah dies mit der Absicht, den Besuch des Solon in Sais mit dem Atlantis-Konzept des Romans in Einklang zu bringen. Es ist auch nicht wahr, wie Gibbins im Nachwort meint, dass der Name des Priesters, mit dem Solon sprach, mutmaßlich bekannt ist. Überliefert ist nur der Name Sonchis in der Solon-Biographie des Plutarch. Diese Angabe ist allerdings wenig glaubwürdig, gerade auch deshalb, weil der Priester, der von Atlantis weiß, bei Platon nicht als besonderer, „hoher“ Priester dargestellt wird. Platon wird von Gibbins freies Erfinden und grobes Anpassen historischer Stoffe unterstellt; kein vernünftiger Platonforscher würde das so unterschreiben. Die Frage, wie Platon seine Atlantiserzählung konstruierte, ist in der Tat eine der Kernfragen der Atlantisforschung, und kann nicht so beiläufig und einfach abgetan werden.

    Fazit

    Der Roman „Atlantis“ von David Gibbins ist literarisch und historisch eine Enttäuschung. Wenn der Roman auch literarisch nicht gelungen ist, so hätte man sich von einem Unterwasserarchäologen doch wenigstens in historischer Hinsicht mehr versprochen. Aber der Autor zerstört konsequent den Thrill, der sich aus der Möglichkeit entfalten würde, dass eine Geschichte wahr sein könnte, indem sie sich möglichst eng an die reale Welt und die reale Historie anlehnt. Die Versprechungen des Covers: „only this time, it really could be true“, oder die Behauptung im Nachwort: „the archaeological backdrop is as plausible as the story allows“ werden schlicht nicht eingehalten. Beim Roman „Atlantis“ von David Gibbins handelt es sich wohl eher um Archaeo-Fantasy mit Taucher-Thrill als um einen Historien-Thriller.

    Alternative Buchempfehlungen

    Wer sich auf wissenschaftliche Weise mit dem Atlantis des Platon beschäftigen möchte, dem seien folgende Bücher empfohlen (teilweise nur antiquarisch zu haben):

    Contra Existenz:

    • Heinz-Günther Nesselrath: Platon und die Erfindung von Atlantis.
    • Pierre Vidal-Naquet: Atlantis – Geschichte eines Traumes.

    Pro Existenz:

    • John V. Luce in: E.S. Ramage: Atlantis – Mythos, Rätsel, Wirklichkeit?
    • Thorwald C. Franke: Mit Herodot auf den Spuren von Atlantis – Könnte Atlantis doch ein realer Ort gewesen sein?

    Bewertung: 1 von 5 Sternen.

    (Erstveröffentlichung auf Amazon am 28. Juli 2012)

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