Schlagwort: Drogen

Juli Zeh: Adler und Engel (2001)

Wer erklärt mir dieses Buch?! Gossenliteratur?

Dieses Buch handelt von einem hippen jungen Rechtsanwalt, der es mit Karriere und Kokserei geschafft hat, Mitte 30 zu werden, ohne jemals über das Leben und dessen Sinn nachzudenken. Dann erschießt sich seine Freundin, und er versteht die Welt nicht mehr und will sterben. Eine Journalistin findet die Story interessant, und obwohl er sie wiederholt spontan zusammenschlägt, kommt die dumme Kuh immer wieder zu ihm in die Wohnung zurück, tja, was soll man da sagen. Das Buch beschreibt u.a. die unmittelbare ästhetische Wahrnehmung von Telefonhörern und von verspritztem Gehirn und andere appetittliche Dinge in sehr anschaulicher Weise.

Und auf S. 40 (ca.) habe ich dann aufgehört zu lesen, und habe nur noch vorgeblättert, und nichts gefunden, was das Weiterlesen gerechtfertigt hätte. Ich glaube jedenfalls nicht, dass sich ganz tief zwischen den Zeilen noch irgendeine Botschaft versteckt hielte, die ich übersehen hätte.

Was soll dieses Buch?
Kann mir das jemand erklären?

Na klar, es gibt solche Menschen, die geistig in der Gosse hocken, und sich ohne Religion und / oder Philosophie in ihrer kümmerlichen Welt einrichten. Aber das interessiert doch niemanden! So etwas nimmt man zur Kenntnis, aber nur einmal, um zu wissen, dass es sowas auch gibt, aber man macht da keinen Roman daraus! Dieses Buch hat es thematisch nicht verdient, geschrieben zu werden. Das Buch erinnert mich fatal an gewisse „Problembücher“ und „Problemfilme“, mit denen mich gewisse Lehrer in meiner Jugend traktieren wollten. Da ging es um Drogen, Sex, Gewalt, Abtreibung usw. Wie wenn das interessant wäre. Ich habe kein Mitleid mit Menschen, die sich ihre Probleme selbst erschaffen. Ich habe kein Mitleid mit Menschen, die statt Vernunft und Liebe (wie es sich gehört!), lieber in den Kategorien von Karriere, Koks, Gewalt und Sex denken. Das ist Gosse. Weg damit!

Das einzig Positive, was ich sagen möchte: Die Autorin kann schreiben. Aber sie sollte ihre Gabe um Himmels willen nicht dazu verschwenden, geistlose Gosse in Romanform zu produzieren.

Bewertung: 1 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 11. Dezember 2017)

Nero Campanella: Wie ich unsterblich wurde (2023)

Fingerübung eines Schriftstellers

Die halb literarische, halb autobiographische Figur Brinus vom Schrock, 50, entstammt der saarländischen Bohème, in der er auch versumpft ist, mit Alkohol, Kumpels, allerlei Substanzen, Masturbation, Huren, viel Schmutz und Rotz und einer Menge ungesunden „Abenteuern“ zwischen Tresen und Toilette. Eines Tages bekommt er durch einen Ex-Kumpel, der es vom verkrachten Marxisten zum SPD-Funktionär geschafft hat, ein Künstlerstipendium für einen Aufenthalt auf dem brandenburgischen Schlossgut Wiepersdorf.

Das Schlossgut gibt es wirklich, und es dient tatsächlich als Refugium für Schriftsteller und Künstler aller Art, gesponsert vom Steuerzahler. Es hat eine gut gemache Webseite, auf der man es sich in aller Ausführlichkeit ansehen kann: Sehr schön!

Der Roman reflektiert autofiktional das eigene Tun: Der Schriftsteller erzählt also, wie er nach Schloss Wiepersdorf kommt, wo er mit allerlei seltsamen Künstlern zusammenlebt. Es stellt sich schnell heraus, dass keiner dieser Künstler wirklich etwas vorzuweisen hat, ganz wie Brinus vom Schrock selbst. Alle sind gescheitert, spießig und insgeheim spinnert, und alle singen das politisch korrekte Lied des „linksliberalen“ Zeitgeistes. Nur ausgerechnet eine Lesbe nicht. Und Brinus vom Schrock auch nicht, der sich dadurch schnell unmöglich macht. Der Stil des Buches ist respektlos und zynisch: Brinus vom Schrock hat zwar manchen Durchblick durch die Kulissen der Welt, der immer wieder erfrischend ist, doch zu einer konstruktiven Bewältigung reicht es nicht.

„Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Künstler, psychologisch gesehen, Streber mit schlechten Noten waren, die sich nur auf kreativen Umwegen den Autoritäten andienten, um ein paar Krümel Wichtigkeit von der Tafel der Geschichte aufzuschnappen, dann wäre er mit diesem Betroffenheitsgekusche um mich herum soeben geliefert worden.“ (S. 107)

Der Roman hechelt verschiedene Situationen und Themen durch: Die Saarbrücker Bohème, die brandenburgische Provinz, politische Korrektheit, peinliches Ertapptwerden, schmarotzende Künstler, politischer Filz, Spießertum, Sex, Drogen aller Art und ihre Folgen, Hegel, ein Traumkapitel, das Sterben eines Freundes (das stärkste Stück im ganzen Buch), die Begegnung mit einem Literaturagenten, die Frage nach der Glaubwürdigkeit eines religiösen Glaubens, das Verschwinden des belesenen Bildungsbürgertums, u.v.a.m.

Fazit

Alles in allem bietet das Buch eine Reihe von gelungenen und teils witzigen Stücken, doch es ist kein ganzes, es bleibt Essay. Am Ende bleiben Verlust, Peinlichkeiten und Scheitern eines wenig erfolgreichen Lebenskünstlers. Das allerdings wird literarisch gut aufbereitet. Es ist die Fingerübung eines Schriftstellers, nur die Generalprobe, nicht das eigentliche Werk.

Bewertung: 4 von 5 Sternen.