Schlagwort: Mafia

Mary Taylor Simeti: On Persephone’s Island – A Sicilian Journal (1986)

Ingenious description of life and customs on Sicily

As a young student from New York Mary Taylor Simeti came to Sicily, fell in love, married and lived her life on the island as an expatriate. This means she is in the double-role of an insider and an outsider and thus the perfect reporter on atmosphere, life and customs on Sicily, far better than any journalist traveling around for some months.

The book is organized following the seasons of the year thus showing the close relationship of life on Sicily to nature. Farming, plants, flowers, climate, public holidays and harvesting are important parts of her life. But the author also writes about her husband’s family and how she integrated step-by-step into the Sicilian society. Greek mythology does not play a central role but it is interesting to see how the author makes practical use of otherwise only academically treated myths. Life with the silent presence of the Mafia is a topic as well as customs like Easter processions and the widely unknown virgineddu. As an American the author wonders how Sicilians organize themselves, such as concerning her children’s school or how to get entrance to a historical building on a military site.

The book covers the time of the 1970s and 1980s and shows many features of the time: The author came to Sicily to support Danilo Dolci driven by a somewhat romantic social idealism, then we read again and again how she marched in demonstrations against American missiles on Sicily, or against the Mafia, or to protect a natural reserve. The author declares to be glad that anti-communism lost its strength. Old fotographs on the Web site of her winery „Bosco Falconeria“ show the typical beards and clothings of leftist students around 1968. From today’s point of view (2013) this does not seem so political any more but rather like folklore of these times in a certain social milieu. All in all Mary Taylor Simeti did not strive for communism but lived a good life as owner of several houses in Palermo and Alcamo and of course the farm Bosco Falconeria near Palermo, and she lets us readers take part in the sufferings and rewards of such a Sicilian life. Thank you!

PS 18.11.2024

Being grown up in a rural area in southwest Germany, I observed some striking similarities: There is e.g. the religious procession of the local saints. Then, the harvesting with the help of he entire family. And even the technicalities of the fruit press are similar, only, that in Sicily it is all about olives, while in Germany is is about apples and pears. And of course, there is more sun than in the rest of the country. It seems that „southern Catholic provinces“ are everywhere the same.

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 07. Februar 2013)

Leonardo Sciascia: Mein Sizilien (1995)

Zahlreiche Einblicke in die historische Tiefenpsychologie Siziliens, doch etwas bedrückt

Der Band „Mein Sizilien“ von Leonardo Sciascia, erschienen im Wagenbach-Verlag 1995, vereinigt eine Reihe von Aufsätzen aus den 1970er und 80er Jahren, in denen Leonardo Sciascia über Wesen und Seele Siziliens und der Sizilianer berichtet, teilweise aus einer sehr persönlichen, teilweise aus einer allgemeinen Perspektive. Fast alle Aufsätze haben eine historische Dimension.

Wir erfahren von der Abgewandtheit der Sizilianer vom Meer, obwohl sie doch überall vom Meer umgeben sind, und von ihrem Charakter eines stummen Leidens. Wir hören von den vielen Eroberungen im Laufe der Geschichte und ihren psychologischen Folgen für die Sizilianer, und von einzelnen Helden, die aus den Umständen auszubrechen versuchten. Wir lesen von Sciascias Heimatort Racalmuto und vom Schweigen im Motto des Stadtwappens. Wir hören von dem Vorrecht Siziliens, das dem Papst abgetrotzt wurde, und von einer Stadt Mussolinis, die nie gebaut wurde. Es wird von einem Massaker berichtet, dass deutsche Soldaten im Zweiten Weltkrieg an der Zivilbevölkerung anrichteten, aber auch von der Effektivität, mit der dieselben deutschen Soldaten die Invasion der Alliierten bekämpften und einen erfolgreichen Rückzug organisierten. Wir lesen von einer „Gebrauchsanweisung“ für Sizilien, die 1577 für einen neuen Vizekönig geschrieben wurde, und von der Beschreibung von Siziliens Küsten von 1584. Ebenso erfahren wir von den klugen Beobachtungen von Alexis de Tocqueville zur Landwirtschaft am Ätna und der besonderen Bedeutung von Grundbesitz auf der Insel. Wir erfahren einiges über die Hauptstadt Palermo und seine Beziehung zu Monreale. Wir hören von dem britischen Herzog von Bronte und von der sizilianischen Unabhängigkeitsbewegung. Aber auch von einer skurrilen Jugendbewegung in Catania, und davon, dass die Catanesen als die „exemplarischen“ Sizilianer gelten, während die Mafia sich, so Sciascia, eher im Westteil Siziliens austobte. Schließlich bekommen wir einen Überblick, wie sich die Präsenz der Mafia in der sizilianischen Literatur niederschlug.

Alles in allem hinterlässt das Bändchen einen etwas düsteren und bedrückten Eindruck. Lebensfreude scheint nicht die Sache der Sizilianer zu sein, eher eine gewisse Skurrilität. Auch scheint die Mafia von Leonardo Sciascia seltsam milde behandelt zu werden: Es ist zu viel von Ehre und Verteidigung gegen den Staat die Rede, und dass sie im Osten der Insel nicht präsent sei. Vom katholischen Glauben und seinen Festen hört man nicht viel. Man sollte unbedingt auch Sciascias Aufsatzsammlung „Das weinfarbene Meer“ lesen, um ein runderes und gegenwärtigeres Bild zu bekommen. Die darin enthaltenen Aufsätze stammen aus früheren Jahren: 1959-1972.

Man hat den Eindruck, dass sich Leonardo Sciascias Stimmung in späteren Jahren eintrübte. Tatsächlich wechselte Sciascia 1977/79 von der kommunistischen Partei zu der radikallibertären Partei Partito Radicale, und redete Ermittlungserfolge gegen die Mafia durch Staatsanwälte wie Falcone und Borsellino schlecht. Angeblich wollte er damit sagen, dass man die Mafia nicht durch eine andere Mafia austreiben dürfe.

Bewertung: 4 von 5 Sternen.