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Dan Brown: The Secret of Secrets (2025)

Prag, Hirnforschung und Deep State: Ein gelungener Dan Brown

Die Romane von Dan Brown sind immer wieder nach demselben Schema gestrickt, und mal geht das Konzept wunderbar auf, mal gerät es langweilig und langatmig. Dieses Mal ist das Konzept wieder voll aufgegangen. Der Roman ist rasant, wendungsreich, bildungsschwanger und thematisch interessant: So muss ein Dan Brown sein.

Der Leser bekommt eine herrlich rasante Jagd durch die Handlung des Romans präsentiert. Es gibt zwei große Themen: Einerseits Hirnforschung, Nahtoderfahrung, nicht-lokales Bewusstsein, Noetik und Chip-Implantate im Gehirn, und was man damit machen kann. Der Roman beginnt fast esoterisch, doch es klärt sich alles realistisch auf: Dan Brown übertreibt das Thema nicht ins Phantastische, sondern bleibt im Rahmen des zumindest Möglichen und Denkbaren und Diskutierbaren.

Andererseits geht es um den Deep State der USA, hier speziell um die CIA und ihre Firma In-Q-Tel. In-Q-Tel investiert in alle möglichen Technologien, damit die CIA immer einen Fuß in der Tür hat. Außerdem erwirtschaftet die CIA auf diese Weise Erträge, mit der sie Operationen finanzieren kann, von der die politische Führung nichts weiß: Der klassische Fall des Deep State. Dabei geht es auch um das Dilemma, wie weit ein Geheimdienst sich „schmutzige“ Hände machen darf, um das Gute in der Welt zu fördern und das Böse abzuwehren.

Dabei findet alles in Prag statt, der goldenen Stadt, deren Sehenswürdigkeiten konsequent abgeklappert werden. Interessant zu wissen, dass das Wort „Prag“ eine „Schwelle“ bezeichnet, auf Englisch: „Threshold“. Das Buch enthält einen gut gemachten Stadtplan, der dem Leser hilft, den Überblick zu behalten. Ja, der Leser weiß am Ende, was er in Prag sehen will, definitiv! Und trinken: Tschechischen Absinth.

Ein Nebenthema ist der Umgang der USA mit den Staaten, die sich unter ihre Hegemonie begeben haben: Werden sie wie Vasallenstaaten und Kolonien behandelt, in denen sich die USA alles herausnehmen können, oder zeigen die USA Respekt vor der Souveränität des jeweiligen Landes?

Dabei ist Dan Brown ein großes Lob auszusprechen: Andere Autoren hätten die obigen Ingredienzien dazu genutzt, ein antiamerikanisches Pamphlet zu schreiben. Nicht so hier! Es wird deutlich, dass der Deep State eben nicht identisch mit einem „bösen Amerika“ ist, sondern etwas, was auch aus Sicht der USA aus dem Ruder gelaufen ist. Wir sehen mehrere Beamte der USA auf verschiedenen Ebenen, wie sie glaubwürdig mit ihrem Gewissen ringen und die Dilemmata aufzulösen versuchen, in die sie durch den Deep State gebracht wurden. Am Ende gelingt es ihnen, die Verhältnisse zu einem guten Ende zu wenden, ohne dass es naiv pseudomoralisch oder antiamerikanisch wurde, sondern im Gegenteil: Es kommt das beste von Amerika zum Vorschein, mit viel pragmatischer Moral und Realismus.

Anders als in den vorigen Romanen ist Robert Langdon in diesem Roman zusammen mit einer Partnerin unterwegs. Das Techtelmechtel zwischen den beiden wird nicht übertrieben, und so ist auch dieser Aspekt des Romans gelungen.

Kritik

Es geht in diesem Roman um Prag, die Stadt des Golem und der großen astronomischen Uhr, die auch das Cover ziert. Man hätte erwartet, dass Dan Brown einige historische Rätsel mit diesen Dingen verbindet, die Robert Langdon im Laufe des Romans lösen muss. Doch das ist nicht der Fall. Die astronomische Uhr wird nur im Vorübergehen erwähnt und der Golem wird nur als Anspielung und Chiffre verwendet. Über die historischen Hintergründe der Uhr und des Golem erfährt man praktisch nichts.

Dass sich eine der Romanfiguren als Golem verkleidet und mit diesem eine Seelenverwandtschaft sieht, ist übrigens eine Übertreibung. Die Scharade will nicht so recht einleuchten, erst recht nicht mehr, wenn man gegen Ende des Romans das Geheimnis dieser Figur erfährt.

Nicht gelungen ist die Idee von Dan Brown, dass die Menschheit durch die Noetik an der Schwelle zu einem neuen Verständnis des Todes stünde, der uns allen die Angst vor dem Tod nehmen und damit zu einer friedlicheren Gesellschaft führen würde. Das ist für Dan Brown „the secret of secrets“, daher der Buchtitel. Zum Glück kommt diese misslungene Idee – obwohl der Titel des Buches auf sie hinweist – nur am Ende und am Rande des Romans vor. Hier ist philosophisch zu wenig investiert worden. Der Tod wird immer eine Schwelle bleiben, und alles jenseits davon ist uns unbekannt. Wissenschaft allein wird die Angst vor dem Tod niemals mindern können. Eine solche Besserung ist – in Maßen – höchstens von Religion und Philosophie zu erwarten. Dan Brown verweist mit Recht auf die Religiosität der Menschen des Mittelalters.

Der deutsche Verlag Lübbe blamiert sich übrigens, wo er kann: Das Buch ist zwar mit Karte, Lesebändchen und rot gefärbtem Buchschnitt gut ausgestattet, aber ein Preis von 32,- Euro ist dennoch unzweifelhaft ein monetäres Abgreifen der interessierten Leserschaft. Ein Preis von 25,- Euro wäre angemessen gewesen. Die Übersetzung ist weitgehend gelungen, dennoch fallen wieder einige Stellen auf, die man noch hätte glattbügeln können. An ganz wenigen Stellen zu Anfang fiel eine Beidnennung („Teilnehmerinnen und Teilnehmer“) als penetrant auf. Offenbar wollte da jemand mit penetranten Beidnennungen gendern, hat dann aber bald aufgegeben. Der Titel des Buches ist ebenfalls misslungen, er hätte analog zu den bisherigen Titeln aus einem Wort bestehen müssen, und das wäre in diesem Fall „Threshold“ gewesen.

Noch immer surft Lübbe auf der woken Welle: Auf der Internetseite des Verlages ist alles gegendert und in unerträglichem Regenbogen-Pastell gehalten. Doch in seinen Romanen gendert der Verlag nicht. Wenn diese Leute wirklich an die Genderei glauben würden, müssten sie dann nicht konsequent auch ihre Romane gendern? Und wenn sie ihre Romane nicht gendern, aus Rücksicht auf die Leser, heißt das dann, dass die Genderei auf der Internetseite eine einzige Rücksichtslosigkeit gegenüber den Lesern ist?

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

Helmut J. Dahmer: Mit Goethe in Sizilien oder Die Entdeckung des sizilianischen Goethe (2010)

Goethes italienische Verwandlung auf Sizilien neu entdecken und miterleben

Die Grundthese von Helmut J. Dahmers Werk lautet, dass Goethes Abstecher nach Sizilien nicht etwa nur ein Abenteuer am Rande seiner Italienreise war, wie dies häufig dargestellt wird, sondern im Gegenteil ihr Höhe- und Wendepunkt, der Goethes italienische Verwandlung bewirkte. Die Herausarbeitung von Argumenten für diese Auffassung ist dem Autor auch überzeugend gelungen. Am Ende ließ Goethe gewissen Gedanken keine Herrschaft mehr über sich.

Man ist als Leser noch einmal mit Goethe auf der Reise: Von den engen Verhältnissen in Weimar flieht man über die Alpen bis nach Rom und erlebt dabei ganz neu und anders den Stress, dem Goethe dabei ausgesetzt war: Seine weiter schwelende verkorkste Verbindung zu Frau von Stein und ein manisches Pflichtprogramm zur Bewältigung der Kunsteindrücke Italiens. Und dann das innere Ringen um den Aufbruch nach Sizilien … in eine völlig neue und innere Freiheit.

Gnadenlos werden die Dogmen und Klischees der etablierten Goethe-Interpreten aufgespießt und ad absurdum geführt. Bissig und ohne falschen Respekt wird auch Goethe selbst immer wieder mit einem Augenzwinkern auf die Schippe genommen. Die Stimmung des Buches ist aber keinesfalls bösartig, sondern launig und heiter und von einer feinen Ironie getragen.

Immer wieder wird auch der Kontrast von damals zu heute benutzt, um Kontrapunkte zu setzen: Teils wird eine Sprache gewählt, die den Duktus der Goethezeit nachzuahmen versucht, teils fällt der Autor in einen modernen Jargon, der jedes Klischee konterkariert. Vergleiche zu heutigen Zuständen auf Sizilien machen auf heilsame Weise bewusst, dass Goethes Italienische Reise kein Stück Vergangenheitsliteratur ist, sondern klassisch und zeitlos, d.h. stets gegenwärtig. Goethe ist kein abgehobenes Genie, sondern ein gebildeter Mensch wie der Leser auch. Nicht mehr und nicht weniger.

Es wird eine große Fülle an Hintergründen und Kontextwissen zu Goethes Italienischer Reise geboten, seien es unveröffentlichte Briefe von Goethe oder seinen Zeitgenossen, seien es Reisebeschreibungen anderer Italienfahrer, oder sei es Goethes Motivation zur Reise, oder auch seine Rückkehr nach Weimar mit ihren Folgen. Man liest und versteht das ungewöhnliche Selbsterneuerungsunternehmen der Italienischen Reise noch einmal ganz anders, vollständiger, ganzer, aber auch frischer und aus dem Muff der damaligen Zeit in die Gegenwart gehoben.

Helmut J. Dahmers Werk ist zugleich ein ernst zu nehmender Beitrag zur Goetheforschung. Im ganzen Werk sind unauffällig über 600 Belegverweise platziert, die jede Behauptung akribisch untermauern. Der Autor ist ein Kenner der Materie und weiß, wovon er schreibt.

Mit diesem Buch bin ich wahrhaft glücklich geworden, es war eine Lust, es zu lesen. Das Cover sagt alles über die Stimmung, in die das Buch den Leser versetzt: Ein heiterer blauer Himmel, ein besonnter Tempel, ein launiger Titelschriftzug. Es ist gut, dass dieses Buch geschrieben wurde. Es gibt dem Leser die Möglichkeit, den Anspruch auf Selbsterneuerung nun selbst wiederum zu erneuern. In Zukunft wird man Goethes Italienische Reise immer im Doppelpack mit Helmut J. Dahmers Werk lesen müssen.

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 14. Dezember 2010; Rezension inzwischen auf Amazon verschwunden)

Jonathan Swift: Gullivers Reisen (1726)

Bissige und unterhaltsame Gesellschaftssatire

Der Roman „Gullivers Reisen“ von Jonathan Swift ist keine schöne Kindergeschichte, als die sie weithin bekannt ist, sondern eine bissige Gesellschaftssatire für erwachsene Leser. Obwohl sie schon 1726 erschienen ist, hält sie auch für den modernen Leser noch manche Überraschung bereit. Im ganzen gelangt der Protagonist auf seinen Reisen zu vier verschiedenen Ländern:

Weithin bekannt sind noch die ersten beiden Länder: Liliput, ein Land von winzig kleinen Menschen, und das entsprechende Gegenteil, Brobdingnag, ein Land von riesenhaften Menschen. Interessant ist, dass immer auch die Vegetation entsprechend kleiner oder größer sein soll. Außerdem sind alle bereisten Länder ziemlich genau auf dem Globus verortet, in Regionen, die damals noch unerforscht waren. In Liliput und Brobdingnag werden vor allem politische Vorgänge aufs Korn genommen, durch Intrigen und Machtspiele, in die der Protagonist gerät.

Für den modernen Leser eher amüsant ist dann die Insel Laputa, eine Insel von Gelehrten, die im Grunde Fachidioten sind, und von Dienern begleitet werden, um sie notfalls aus ihrer inneren Versunkenheit zu wecken. Hier sind wiederum die „Projektmacher“ am besten getroffen: Leute, die bewährte Vorgehensweisen z.B. in der Landwirtschaft oder beim Hausbau zugunsten irrwitziger Ideen abschaffen, die für modern gelten. Man kennt das auch heute.

Im Land der Houyhnhnms schließlich begegnet der Protagonist einem Volk von sprechenden, menschenähnlich lebenden Pferden, die wahrhaft edelmütig gesinnt sind und praktisch den Idealstaat Platons realisiert haben. Alles wird durch Vernunft geregelt, nichts durch Emotion. Zugleich findet er dort aber auch verwilderte Menschen vor, die sogenannten Yahoos, die zu wilden, trügerischen Tieren geworden sind. An ihnen werden grundlegende Eigenschaften der Menschen kritisiert, und der Protagonist tut sich schwer, nach dieser Reise wieder mit normalen Menschen zu verkehren, ohne sich zu ekeln. Und man kann es nachvollziehen.

Interessant am Rande: In Laputa wird eine Maschine vorgestellt, die durch die Kombinatorik von Worten in verschiedenen flektierten Formen beliebige Werke hervorbringen soll. Das erinnert an die Ars Magna des Raimundus Lullus, und an die Bibliothek von Babel von Jorge Luis Borges.

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 28. April 2021)

Fritz Vahrenholt / Sebastian Lüning: Unerwünschte Wahrheiten – Was Sie über den Klimawandel wissen sollten (2020)

Warum Klimaskepsis völlig berechtigt ist – ein richtig gutes Buch

Der erste Eindruck beim Auspacken des Buches ist überraschend: Das ist nicht nur sachlich-fachlich ein gutes Buch, sondern allein schon optisch beeindruckend: Das Format ist etwas größer als gewohnt, man hat sozusagen „richtig viel Buch“ in der Hand, und damit ist auch die Gestaltung von Schrift, Kapiteln und den vielen Abbildungen sehr großzügig, schön und angenehm geraten. Ein Buch mit Stil, das man gerne liest, obwohl so viele Zahlen und Tabellen darin sind. Gratulation an Verlag und Autoren allein schon dazu!

Inhaltlich begegnen einem all die Themen und Fragestellungen wieder, die man selbst aus eigener Beobachtung der Debatte bestens kennt. Alles, was man über viele Jahre im eigenen kleinen Archiv abgelegt hat, findet sich hier bestens aufbereitet wieder, und noch so viel mehr. Und es wird nicht nur die Treibhausthese beleuchtet, sondern auch Alternativthesen, die politische Struktur der Wissenschaft, sofern es dann noch Wissenschaft ist, aber auch die Frage nach alternativen Energiequellen und ihren Problemen, und welchen Sinn eine nationale Radikal-Strategie überhaupt haben soll, wenn der Rest der Welt nicht mitzieht. Denn die vorherrschende Klima-Ideologie scheitert nicht nur an der wissenschaftlichen Kernfrage, sondern auch an einer ganzen Reihe weiterer Fragen. Die öffentliche Debatte hat sich längst nach Utopia verabschiedet, und mancher Spruch von „Fridays for Future“ klingt inzwischen regelrecht gefährlich.

Besonders wohltuend ist die Sachlichkeit der Darlegung. Hier werden die Akzente richtig gesetzt, hier werden die Abwägungen richtig getroffen. Es kommt kein falscher Zungenschlag hinein, es wird kein Radikalismus mit Radikalismus beantwortet. Vahrenholt und Lüning sind mit ihrem Blog „Kalte Sonne“ die lebenden Beweise dafür, dass man weder „rechts“ noch gekauft sein muss, um der vorherrschenden Klima-Ideologie zu widersprechen. Menschlichkeit und Vernunft genügen völlig. – Das böse Gegenbeispiel ist natürlich der Verein EIKE, der personell immer noch mit dem bräunlichen Sumpf der siechen Gauland-AfD verbandelt ist. EIKE liefert den Vertretern der vorherrschenden Klima-Ideologie eine Steilvorlage dafür, Kritik mühelos abzubügeln. EIKE kann man nur den antitotalitären Grundkonsens aller Demokraten empfehlen, also einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit AfD und Linke.

Was Vahrenholt und Lüning hier vorlegen, verdient allemal, in den Medien sachlich verhandelt zu werden. Das sind keine Verschwörungstheorien und es ist keine gekaufte Wissenschaft. An der Frage, inwieweit die vorgelegten Debattenbeiträge von Politik und Medien aufgegriffen werden, entscheidet sich tatsächlich die Frage, ob diese Beiträge „unerwünscht“ sind, wie der Titel schon sagt, bzw. inwieweit Staat und Gesellschaft bei uns noch zu einer demokratischen Debatte fähig sind. In Inhalt, Augenmaß und Stil ein starkes Buch, ein gutes Buch, ein wichtiges Buch!

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 30. September 2020)

Uwe Tellkamp: Der Turm (2008)

Doppeltes Denkmal: Die DDR der 80er Jahre und das Milieu des Bildungsbürgertums

Mit seinem Roman „Der Turm“ hat Uwe Tellkamp ein doppeltes Denkmal gesetzt: Zum einen für die Verhältnisse und die Atmosphäre in der späten DDR der 1980er Jahre, zum anderen für das deutsche Bildungsbürgertum in der DDR, das in seinen Nischen zu überleben versuchte. Beide Themen sind in diesem Roman glänzend gestaltet worden und sind auf diese Weise für die Nachwelt bewahrt worden: Die Verhältnisse in der DDR als Dokumentation der Wahrheit gegen alle spätere Verfälschung und als Warnung. Und die Verhältnisse des deutschen Bildungsbürgertums als Vorbild und Mahnung für eine Zeit, die noch nicht einmal mehr weiß, was ein Bildungsbürger überhaupt ist und die glaubt, Schreiben, Lesen und die Aneignung von Wissen hätten sich im Zeitalter der KI erledigt.

Literarische Form

Der Roman besteht aus einzelnen Szenen, die – jede für sich – liebevoll gestaltet wurden. Die Szenen verbinden sich anfangs noch nicht zu einer durchgängigen Geschichte, wachsen dann aber langsam zu einem Geflecht und einer Geschichte zusammen. Dennoch enthalten die Szenen bis zum Schluss lauter Eigenheiten, die die Geschichte nicht vorantreiben, wohl aber für Atmosphäre sorgen. Die Atmosphäre von damals literarisch einzufangen, das ist eines der großen Hauptanliegen dieses Romans.

Dabei kommt eine Vielfalt von literarischen Formen zum Einsatz: Dialoge, Briefe, Tagebucheinträge, Protokolle, Rückblicke. Teilweise verschwimmen die Texte zu psychedelischen Assoziationen. Viele Dinge werden nicht mit ihrer wahren Bezeichnung in der DDR angesprochen, sondern mit Chiffren wie z.B. „Turm“ oder „Kohleninsel“.

Wiederkehrende Themen

Im Mittelpunkt des Romans steht die Familie Hoffmann. Richard Hoffmann ist Arzt, sein Sohn Christian will später Medizin studieren. Deshalb kommen immer wieder medizinische Themen vor. Man erhält tiefe Einblicke, wie Mediziner reden und denken, wenn kein Patient im Raum ist. Wer selbst Mediziner ist, wird sich gut getroffen fühlen, und vielgeplagte Patienten werden manche wertvolle Einsicht über die „Götter in Weiß“ mitnehmen.

Da der Roman hauptsächlich in Dresden spielt, ist auch viel Dresdner Geschichte und Lokalkolorit in den Roman eingeflochten worden („Dresden … in den Musennestern wohnt die süße Krankheit Gestern“). Ein ebenfalls immer wiederkehrendes Thema sind Uhren und Zeit: Wanduhren, Standuhren, Seemannsuhren, Turmuhren, Uhren aller Art, die die Zeit anzeigen und die Stunde schlagen.

Das Thema des Archipels und vieler einzelner Inseln durchzieht den Roman wie ein roter Faden. Die Anlehnung an „Archipel Gulag“ von Alexander Solschenizyn ist offensichtlich. Bei Tellkamp bezeichnen die einzelnen Inseln die Schattenwelt, die die DDR zur DDR machte: Die Kohleninsel ist die Bürokratie, die die Bürger unerbittlich knebelte. Die Kupferinsel ist das Regierungsviertel in Berlin. Die Gelehrteninsel ist der Verlag, der Zensur ausübte. Die Askanische Insel, wo die Rechtsanwälte ihre Büros hatten. Die Karbidinsel das Karbidwerk, wo Sträflinge und Soldaten arbeiten mussten. Usw. usf.

Diese zweite Wirklichkeit unter der Oberfläche wird auch „Atlantis“ genannt. Das Thema Atlantis wird immer wieder angedeutet, teils ohne Atlantis explizit zu nennen. So z.B. durch die Erwähnung des „Goldenen Topfes“ von E.T.A. Hoffmann, in dem Atlantis eine Chiffre für die Phantasiewelt des Dichters ist. Oder es wird beiläufig erwähnt, dass auf dem Schreibtisch von Meno die beiden Dialoge „Timaios“ und „Kritias“ von Platon lagen: Es sind die beiden Atlantisdialoge Platons. Die Absicht des Autors scheint einigermaßen klar: Atlantis ist jene Insel, die eines Tages plötzlich unterging, weil ihre Bewohner nicht richtig gelebt hatten: Es ist eine Chiffre für die DDR. Etwa so, wie Viktor Ullmann in seiner Oper „Der Kaiser von Atlantis“ Atlantis als Chiffre für das untergehende Habsburgerreich verwendete.

Und natürlich ist Bildung ein wiederkehrendes Thema.

Bildungsbürgertum und Bildung

Dem Milieu des Dresdner Bildungsbürgertums hat Uwe Tellkamp mit diesem Roman ein wahres Denkmal gesetzt. Auch hier ist der Roman stark autobiographisch, denn Uwe Tellkamp wuchs selbst als Sohn eines Arztes im Dresdner Villenviertel „Weißer Hirsch“ auf. Dieses Thema setzt diesen Roman von allen anderen Werken der (Ex-)DDR-Literatur deutlich ab.

Im Roman wird das Villenviertel am Hang über Dresden mit der Chiffre „Der Turm“ angesprochen. Die weitere Familie sowie Verwandte und Bekannte wohnen in verschiedenen benachbarten Villen, die jede einen eigenen Namen, eine eigene Chiffre hat: Tausendaugenhaus, Karavelle, Haus Abendstern, usw. Dabei ist jede dieser Villen für sich mit ihrer Geschichte und ihrer Ausstattung ein Stück Bildung, sei es durch ihre Jugendstil-Ornamente oder durch die in das Glas der Türen geschliffenen Schiffe. Die Bewohner sind Mediziner, Literaten, Naturforscher, Künstler, Historiker und sonstige Gelehrte im weitesten Sinn.

Das ganze Buch hindurch werden immer wieder Bildungsinhalte reflektiert. Der junge Christian wird immer wieder angespornt: Was siehst Du hier? Beschreibe es genauer! Schau genau hin! Die „Türmer“ treffen sich, tauschen ihr Wissen aus, veranstalten Vorträge.

Bildung heißt konkret vor allem literarische Bildung. Goethe steht ganz oben, auch der Zauberlehrling wird erwähnt, und mit „Walpurgisnacht“ wurde Goethe ein ganzes Kapitel gewidmet. Den Anfang des Hildebrandsliedes kann man auswendig, sunufatarungo, Jakob Böhme und Empedokles sind nicht unbekannt, aber auch westdeutsche Autoren kommen vor: Hermann Hesse, Ludwig Uhland und sogar Walahfried Strabo, als Vertreter einer seltenen Traditionslinie, in der Dichtung und Wissen eine Einheit bilden: Das ist es, darum geht es. Christian liest als Schüler wie verrückt. Der Verlagsmitarbeiter Meno weiß viel von der Leipziger Buchmesse und den Begegnungen mit Westverlagen zu berichten. Von Ossip Mandelstam kann ein Gedicht über Homer auswendig gesagt werden. – Dann ist Bildung auch naturwissenschaftliche Bildung: Käfer, Zoologie, überhaupt Biologie. Haeckel als nützlicher Narr. Museen als Orte der Bildung. Und natürlich Medizin. Aber auch technisches und physikalisches Wissen. – Nicht zuletzt Musik. Schallplatten waren wahre Schätze in der DDR und wurden mit Ehrfurcht gehört. – Grundsätzlich ist ein „Türmer“ an allem (!) interessiert. Bildung ist universal und lässt sich keine Schranken auferlegen. Und seien es Ausgrabungen in Babylon.

Dieses Bildungsverständnis ist dem Rezensenten als Sohn eines Libellenforschers und einer Buchhändlerin nur allzu gut bekannt. Die Familie väterlicherseits kam einst aus dem Osten in den Westen: Ob sich mit diesem Bildungsverständnis auch hier unvermutet ein östliches Erbe entfaltet hat? Es scheint so. Hermann Hesse und Walahfried Strabo grüßen vom schönen Bodensee.

Elend und Niedergang

Doch die „Türmer“ bewohnen die Villen nicht allein. Die Villen sind von der Wohnbehörde säuberlich in Zimmer, Flure, Balkone und Kellerräume aufgeteilt worden, und jede Villa wird von mehreren Parteien bewohnt, die jede nach einem säuberlichen Schlüssel dieses oder jene Zimmer zugeschlagen bekommen hat. Manchmal wird auch ein Zimmer durch eine künstliche Wand geteilt, um den Schlüssel zu erfüllen. Die Bäder und Gärten werden gemeinsam benutzt. Durch diese erzwungene Hausgemeinschaft werden sonst fremde Menschen zum intimen Zusammenleben gezwungen.

Renovationen finden praktisch nicht statt. Die „Türmer“ müssen selbst reparieren oder mit kaputten Heizungen und Fenstern leben lernen. Generell finden den ganzen Roman hindurch immer wieder irre Tauschgeschäfte um seltene Waren statt, um Dachpappe, Bleistifte, Autoersatzteile, Weihnachtsbäume, Dresdner Christstollen, medizinische Produkte.

Telefone sind Mangelware, wer eines hat, lässt die anderen am eigenen Apparat telefonieren. In der Klinik kommt es zu einem dramatischen Stromausfall. Später dann zu einem Stromausfall in der ganzen südlichen DDR. Überall wird mit alten Geräten gearbeitet, die noch aus der Zeit vor dem Krieg stammen, bis sie nicht mehr repariert werden können. In der Produktion werden Sträflinge und Soldaten eingesetzt, um dem Personalmangel zu begegnen.

Über die sogenannte „Dunkelsteuerung“ der Karbid-Schmelzöfen heißt es: „In den Hauptlastzeiten, tagsüber, war oft wenig Energie vorhanden, die Öfen wurden zurückgefahren, dienten, ähnlich wie Pumpspeicherwerke, als Puffer für das öffentliche Netz – fuhren jedoch in den energiegünstigen Nacht- und Sonntagsstunden mit der vollen Last, um die Produktionsausfälle wieder aufzuholen.“ (S. 839)

Der Alltag

Der Roman ist reich an Alltagsszenen. Es wird geheiratet und Geburtstag gefeiert. Es werden beliebte Sendungen des DDR-Fernsehens genannt („Willi Schwabes Rumpelkammer“). Weihnachtsbräuche werden beschrieben. Weihnachtsbäume gestohlen. In einer der Villen ist im Keller eine Badeanstalt eingerichtet, wo den „Türmern“ Duschen und Badewannen mit heißem Wasser zur Verfügung stehen: Hier begegnet man sich, und es kommt zu Smalltalk und spontanen Tanzeinlagen.

In den Urlaub fährt man auf Hiddensee, in ein Wohnheim, dessen Plätze selten zugeteilt werden. Im Wohnheim geht es bräsig zu wie überall in der DDR, aber man ist am Meer. Als Arzt kann man einen Platz ergattern, indem man Arztdienste am Strand leistet.

Christian wird im Laufe des Romans erwachsen. Er ist vor allem an Bildung interessiert und versteht das dumme Getue der Mädels und anderer Jungs nicht. Sehr gut die Frage: Ist das jetzt Liebe? Weil ihm die Motivation fehlt, die Spielchen mitzuspielen, wird Christian zum Außenseiter. Die Mädels nennen ihn arrogant. Das wird sich wohl nie ändern.

Richard hat eine Affäre mit einer Krankenhausmitarbeiterin. Und mit einer Studentin. All das unter den Bedingungen des real existierenden Sozialismus. Schon Biermann klagte einst, dass er hinterher gar nicht mehr wisse, wie er das mit der Liebe in der Diktatur eigentlich geschafft hatte. Die Stasi nutzte solche menschlichen Schwächen natürlich aus.

Schließlich muss Christian zum Militär. Dort geht es recht derb zu. Die Vorgesetzten sind zynisch. Es kommt zu sexueller Gewalt. Bei einer Übung zur Flussdurchquerung ertrinkt der Panzerfahrer von Christians Panzer, weil das Gerät schlecht ist und Wasser eindrang.

Hier lohnt sich ein kleiner Vergleich zum Wehrdienst in der Bundeswehr 1991/92: Derb ging es auch dort zu, die Sprache war für den literarisch gebildeten Rekruten gewöhnungsbedürftig. Aber Gewalt gab es keine. Erst recht keine sexuelle Gewalt. Auch eine „Taufe“ gab es nicht. Und Vorgesetzte waren halbwegs vernünftig und von ihrem Tun überzeugt, ohne Zynismus. Es ging ziemlich fair zu, muss man sagen. Allerdings hörte man, dass es früher einmal auch in der Bundeswehr Gewalt gab. Vermutlich vor 1991/92, und nicht in diesen Einheiten. Ach ja, die ABC-Schutzmaske eines Kameraden hatte einen undichten Kohlefilter, so dass er Kohlestaub einatmete und auf die Intensivstation musste: Schlechtes Gerät auch hier, so scheint es. Zudem gab es einen verrückten Anti-Nazi-Fimmel. Wir durften z.B. nicht „Gasmaske“ sagen, „wegen der Geschichte“. Einmal gab es in der wöchentlichen Truppeninformation einen lächerlich lobhudelnden Film über die USA, der an Dämlichkeit nicht zu überbieten war. Es regte sich lebhafter antiamerikanischer Protest, der die Dummheit des Films spiegelte. Sowas hätte es in der DDR-Armee mit Bezug auf die „Freunde“, die Sowjetunion, natürlich nicht gegeben. In den kleinen Dingen gab es viele Ähnlichkeiten, bis hin zu den unvermeidlichen Hängolin-Gerüchten.

Für einen Wessi oder auch einen Spätgeborenen wird es nicht immer leicht sein, alle Andeutungen und Chiffren aus den Alltag der DDR richtig zu entschlüsseln oder auch nur zu erkennen. Hier haben Literaturhistoriker ein reiches Arbeitsfeld vor sich. Bekannt ist immerhin, dass die „unvermeidliche Tschaikowski-Melodie“ die Erkennungsmelodie der „Stimme der DDR“ war. Auch der Minol-Pirol und das Sandmännchen sind bekannt.

Die Repression

Auch die Repression in der Diktatur, die die DDR war, kommt in epischer Breite zur Sprache. Wichtig ist, dass es fast nie zur Konfrontation mit der Staatsmacht kommt. Denn alle wissen, dass sie dabei nur den Kürzeren ziehen würden. Deshalb versuchen alle, die Konfrontation von vornherein zu vermeiden. Sie haben eine Schere im Kopf. Auch die Staatsmacht schlägt keinesfalls sofort zu, sondern redet scheinbar fürsorglich mit ihren Bürgern: Sie wollen doch nicht, dass wir Ernst machen müssen? Alle lügen und verbiegen sich dann, aber es ist unendlich demütigend, und in dieser Demütigung liegt der Kern der Repression. Es ist der Gesslerhut auf der Stange. Und es gibt kein Entkommen. All das geschieht durch Vorgesetzte, Offiziere oder Schuldirektoren. Die Stasi bleibt unsichtbar.

Die Eltern von Christian sorgen sich darum, dass ihr Sohn etwas Falsches sagen könnte, und unterweisen ihn, was er nicht sagen darf. Meno befragt Christian über seine Lehrer, welche davon wohl politisch gefährlich sind, und wie man sich verhalten muss, um nicht anzuecken. Eine Schülerin tut einmal etwas Verbotenes: Sofort wird eine Konferenz von Lehrern und FDJ-Jugendleitern einberufen, und auch hier das Schema: Du meintest das doch gar nicht so, oder? Die Schülerin gibt klein bei.

Auch am Arbeitsplatz immer dasselbe Spiel: Andeutungen, dass man auch anders könne, und schon spurt man. Ebenso im Verlag: Ständig arbeitet man darauf hin, mit Texten gar nicht erst anzuecken, um die Texte auf diese Weise durch den Zensor bringen zu können. Die DDR-Presse empfängt ihre Weisungen ohnehin vom Politbüro und pfeift auf Werte wie Vernunft oder Wahrhaftigkeit. Statt dessen lautet die Maxime: „Wichtigstes Kriterium der Objektivität ist die Parteilichkeit, Genosse! Objektiv sein heißt Partei ergreifen für die historische Gesetzmäßigkeit, für die Revolution, für den Sozialismus!“ (S. 965) – Aber als Judith Schevola einmal ein Buch bei einem Westverlag herausbringt, wird sie aus dem Kulturverband ausgeschlossen und zum Arbeiten geschickt, wo sie als Säuferin versackt. Erstaunlich dabei, dass es auf der Sitzung des Kulturverbandes zu einer ziemlich offenen Aussprache kam und einige sich für ihren Verbleib aussprachen. Judith Schevola verzeiht ihren Richtern: Sie wisse, dass sie so abstimmen mussten, um ihre eigene Haut zu retten. Das Opfer hat Verständnis für die Täter.

Ausreisen werden willkürlich gewährt oder verweigert. Wer ausreisen darf, muss das Land blitzartig innerhalb von 24 Stunden verlassen. Verrückt. Als ein Kollege von Richard mit Fluchtplänen auffliegt, wird auch der liebevoll von Richard gepflegte Oldtimer, ein Hispano-Suiza, der in derselben Werkstatt stand, von der Staatsmacht zertrümmert. Daran ein Zettel: Mit sozialistischen Grüßen. Selbstmorde geschehen recht häufig und sind auf das willkürliche Handeln der Staatsmacht zurückzuführen. Ein Arzt nimmt sich das Leben, als man ihm mit Renteneintritt seine gute Wohnung wegnehmen will.

Christian erhebt eine Axt gegen seinen Vorgesetzten beim Militär, nachdem sein Panzerfahrer ertrunken war. Doch im Zentrum der Anklage steht, was er dabei sagte: So etwas könne es nur in diesem Scheißstaat geben! Die Verunglimpfung des Staates wurde nach Paragraph 220 schwer bestraft. Es ist gewissermaßen der Gesslerhut-Paragraph der DDR gewesen.

Einmal stehlen russische Soldaten ein Baby aus dem Kinderwagen. Eine Strafverfolgung scheitert, denn die Russen sind in der DDR tabu. Der Höhepunkt der Repression ist jedoch dies: Das ganze Buch hindurch sorgt sich Richard, dass seine Frau von seinen Affären erfährt bzw. er überlegt, wie er es ihr beichten kann. Doch am Ende hat die Ehefrau es selbst herausbekommen und nimmt es ganz gelassen ….. und prostituiert sich bei einem DDR-Anwalt, damit ihr Sohn seinen Studienplatz wieder bekommt. Es erinnert an Voltaires „L’ingénu“: Erst macht man die Leute zu Affen, dann lässt man sie tanzen.

Die Kommunisten

Die überzeugten Kommunisten und Funktionäre werden bei Uwe Tellkamp differenziert dargestellt. Vor allem wird ihre Motivation für ihre Überzeugung vom Sozialismus herausgearbeitet: Da ist der hochgebildete Jochen Londoner, dessen ganze Familie von den Nazis ermordet wurde, während er im Exil in London überlebte. Oder der „Alte vom Berge“, der sich ständig traumatisch an seine Erlebnisse an der Ostfront erinnert. Der Oberfunktionär Barsano zeigt sich am Ende überraschend offen gegenüber den Reformen von Gorbatschow.

Die Funktionäre und Privilegierten wohnen übrigens in einem eigenen Stadtviertel direkt neben dem „Turm“, das man nur über eine Brücke und Wachtposten erreichen kann. Die Chiffre des Romans für dieses Viertel lautet „Ostrom“. Man denkt als Leser sofort an Byzanz und byzantinische Verhältnisse.

Als die Wende naht, entlarven sich die Kommunisten als ratlos resignierende Zyniker: Der sonst hochgebildete Jochen Londoner meint allen Ernstes, die Flüchtlinge über Prag und Ungarn wären wie eine Abszessentlastung. Eschloraque und Barsano meinen, ihr Irrtum hätte darin bestanden, zu glauben, dass die Menschen von Natur aus gut seien. Damit ist implizit gemeint, dass sich in dem Freiheitswillen der Menschen ihre Schlechtigkeit zeige, denn „gut“ ist nur der, der willig am Sozialismus mit aufbaut, auch wenn es schwierig wird. Eschloraque meint zudem, dass die Zeit des Teufels sei, weil sie Veränderung bringe. Der völlige Stillstand der Gesellschaft ist also sein sozialistisches Ideal, also die Erstarrung. Von Erich Mielke wird der berühmte Satz zitiert, den er am Abend der Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR über den Umgang mit Demonstranten gesagt haben soll, nachdem Gorbatschow die Feierlichkeiten verlassen hatte: „Jetzt ist Schluss mit dem Humanismus!“ Damit wird einmal mehr klar, dass es den Funktionären nicht wirklich um Humanismus ging.

Schließlich meint einer, dass die Deutschen ein Volk von Faschisten sind. Das deutsche Volk also als intrinsisch schlecht, ein böser Lümmel, der ständig erzogen werden muss und niemals in die Freiheit entlassen werden darf. Hier schließt sich der Kreis zum Ungeist der westdeutschen Shitbürger, die nach der Analyse von Ulf Poschardt alle Deutschen als Nazis ansahen, obwohl – oder gerade weil – sie doch selbst beim Nationalsozialismus munter mitgemacht hatten.

Die Wende

Naturgemäß kann ein Roman, der sich hauptsächlich auf die Zeit vor der Wende bezieht, die Wende nur knapp bearbeiten. Man liest, wie die Vorgänge in Moskau von den „Türmern“ zur Kenntnis genommen werden, aber noch ohne Anteilnahme oder Begreifen, dass dies Konsequenzen haben wird. Die „Türmer“ verschließen sich sogar noch mehr als zuvor.

Doch dann schlagen die Uhren, und die „Türmer“ treten aus ihren Rollen heraus: Sie sagen offen ihre Meinung, weichen nicht mehr in vorauseilendem Gehorsam vor der Staatsmacht zurück. Man organisiert sich, verteilt Druckschriften, der Pfarrer macht einen Aushang, den er auch auf Druck hin nicht mehr abhängen will, und die Dinge nehmen ihren Lauf. – Von einigen heißt es jedoch, dass sie bei all dem hinter ihren Gardinen blieben.

Fazit

Der Roman „Der Turm“ von Uwe Tellkamp ist ein wichtiges Werk der neueren deutschen Literatur, das ein bleibendes Denkmal für die Zeit der späten DDR und für das Milieu der Bildungsbürger in der DDR und deren Bildungsverständnis geschaffen hat. Die Schilderung der Verhältnisse ist eine bleibende Warnung: Die Diktatur zeigt sich nicht erst in Verhaftungen, sondern viel früher, mit der Schere im Kopf. Zugleich wurde ein bleibendes Beispiel dafür gesetzt, was echte Bildung ist und wie sie den Geist des Widerstandes erweckt. Denn echte Bildung ist universal und zeitlos und lässt sich keine Schranken auferlegen. Sie ist auch nicht zynisch und verbohrt, sondern wird von der Liebe zu den Menschen getragen. Nur so ist echter Humanismus denkbar. In diesem Sinne kann dieser Roman als ein wahrer Klassiker Hoffnung auf eine neue Zeit machen, die sich diese Lehren zu Herzen nimmt.

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

Durs Grünbein: Die Bars von Atlantis – Eine Erkundung in vierzehn Tauchgängen (2009)

In den Bars von Atlantis endet der Abend nie

In seinem kurzen Essay „Die Bars von Atlantis“ versucht Durs Grünbein, Lyriker und Kenner der Geisteswelt der Antike, zu erläutern, welche Gedanken hinter einer einzigen Zeile seines Gedichtes „Kosmopolit“ standen und stehen. Dazu entfaltet er in 14 kurzen Betrachtungen ein Feuerwerk der Assoziationen. Sie kreisen um die folgenden Themen und Topoi: Die Leere des Transitraumes am Flughafen, Reisen als Vorgeschmack der Hölle, Seefahrt als Inbegriff der Reise, die Ursehnsucht des Menschen nach dem Eintauchen in das unendliche Meer, das im Meer versunkene Atlantis als Chiffre für das Endziel aller Reisen, und schließlich die Bars von Atlantis als der Treffpunkt für alle, die die Reise hinter sich gebracht haben. Nebenbei erfahren wir auch etwas zur Poseidonstadt Paestum und der Tomba del Tuffatore, zum ganz privaten Tauchvergnügen des Dichters, zur Weltflucht des Kapitän Nemo in seiner Nautilus, zu den Tränen des Odysseus, und dass es Dante war, der die Intention von Durs Grünbein in kaum beachteten Versen vorwegnahm, ja, ihm fast schon die Show stahl.

Es ist ein wahres Vergnügen, den von Gedanke zu Gedanke spielerisch fortschreitenden Ausführungen Grünbeins zu folgen, die sich auf höchstem Niveau von Sprache und Bildung bewegen. Wer ihm folgen kann, wird seine ungetrübte Freude daran haben; wer es nicht kann, hat einen Text vor sich, an dem man sich hervorragend abarbeiten kann, um höher zu kommen. Sprache im Sinne Durs Grünbeins ist eben nicht nur ein Sichversenken, sondern auch ein Emportauchen, ein Lesen zwischen den Zeilen, das sich über das Geschriebene erhebt, ein Erwachen aus fremden Lebensräumen, wo das Leben Traum nur heißt.

Aus der Sicht der Atlantisforschung greift Durs Grünbein ein Thema auf, das schon mehrfach bearbeitet wurde, nüchterner und expliziter – und dennoch unreflektierter – etwa bei Ulrich Sonnemann und dessen Frage nach der tiefenpsychologischen Dimension von Atlantis (Atlantis zum Beispiel, 1986).

Es bleibt die trockene Pflicht, auf einige typische Irrtümer im Zusammenhang mit Atlantis hinzuweisen, denen auch Durs Grünbein erlegen ist, damit die Welten von Dichtung und Wahrheit sich nicht auf unglückliche Weise miteinander vermischen: Die Forschung neigt zu der Auffassung, dass König Atlas von Atlantis, ein Sohn des Poseidon, nicht identisch ist mit dem Titan Atlas aus der griechischen Mythologie. Dieser Titan ist es, nach dem das Meer westlich der Säulen des Herakles das Atlantische Meer genannt wurde; als Platon seine Atlantis-Dialoge schrieb, war der Name schon vergeben. Platon hängt sich also keineswegs an den mythologischen Atlas an, sondern ersetzt ihn überraschend und kühn und weit über eine Entmythologisierung hinausgehend durch eine völlig andere Person gleichen Namens! – Etwas ins Auge geht die Verwendung des Begriffs Okeanos im Zusammenhang mit Atlantis. Platon verwendet das Wort Okeanos an keiner Stelle seiner Atlantis-Dialoge, und bei Herodot kann man nachlesen, warum der Mythos vom Okeanos damals in keinem guten Ruf stand; zumal es ja bei Atlantis um Logos und nicht um Mythos geht.

Wohltuend verschont Durs Grünbein seine Leser mit den ewig falschen Vulkanausbrüchen als Ursache für den Untergang von Atlantis, sondern bleibt bei den von Platon genannten Erdbeben. Und ja, auch hierin ist Durs Grünbein beizupflichten: Wer in ein U-Boot steigt, wird Atlantis wohl tatsächlich niemals zu Gesicht bekommen. Doch das zu erläutern würde das Atlantis des Dichters in unzulässiger Weise mit der Frage nach Atlantis als einem realen Ort verknüpfen. Denn in den Bars von Atlantis wird auch dann noch ein Kommen und Gehen herrschen, wenn Platons Atlantis sich als ein realer Ort entpuppt haben wird. Es wäre ja auch schade, wenn Atlantis das gleiche Schicksal wie Troja widerfahren würde: Ein langweiliger Trümmerhaufen am Ende der Zeit, entdeckt bis zur Unkenntlichkeit. Nein, bei Atlantis muss und wird und kann das alles nur ganz anders sein und bleiben!

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 09. Juli 2010)

Arnold Bennet: Hotel Grand Babylon (1902)

Vergnügliches Krimi-Abenteuer und der Charme nationaler Klischees

Der Roman „Hotel Grand Babylon“ von Arnold Bennett ist eine vergnügliche Kriminalgeschichte um einen amerikanischen Milliardär, der spontan ein Hotel in London kauft, um seiner Tochter einen Gefallen zu tun. Bald muss er feststellen, dass sein Hotel der Schauplatz einer schlimmen Intrige ist, und ein turbulentes und liebenswert erzähltes Abenteuer beginnt.

Der Roman bezieht seinen Charme aus einer sympathischen Verwertung altbekannter nationaler Klischees: Die Engländer sind Prinzipienreiter und Traditionalisten. Die Schweizer sind arbeitsam und ordentlich. Die Deutschen sind gläubige Monarchisten von einer so großen Einfalt, dass es schon wieder respektabel ist. Die Bosnier greifen hitzköpfig zu Entführung und Mord als Methoden. Die Amerikaner sind reich, pragmatisch und haben immer ihre Revolver dabei (benutzen sie aber dann nicht: sehr human!). Die Tochter des US-Milliardärs ist zudem uneuropäisch modern und frei von jeder damenhaften Attitüde und statt dessen von einem ungeniert zupackenden Wesen. Daher wohl auch der Name des Hotels: Babylon als das Symbol für das verwirrende Aufeinandertreffen der verschiedenen Nationen. Außerdem sind die Bösewichter wahre Schurken, die am Ende zur Strecke gebracht werden, wie es sich gehört.

Normalerweise stoßen Klischees eher ab. Hier jedoch werden sie mit viel Sympathie entfaltet und zum Guten und nicht etwa zum Schlechten ausgelegt (die Bosnier mal ausgenommen, aber die waren damals weit weg, und wenn man an den Beginn des Ersten Weltkriegs denkt, war Bennett regelrecht hellsichtig). Nationale Eigenheiten haben auch etwas Liebenswertes, und genau auf dieser Klaviatur wird hier gespielt. Es erinnert an die Romane von Jules Verne, in denen immer wieder die Vertreter verschiedener Nationen unverhofft zur Teambildung gezwungen werden, und vereint durch einen ungetrübten Aufklärungsoptimismus und den Glauben an den Fortschritt der Wissenschaft gemeinsam Abenteuer bestehen, indem jeder seine Stärken einbringt.

Diese wohlwollende Einstellung zu nationalen Identitäten und ihren Vorzügen und Schrullen ist derzeit bei vielen Menschen in der westlichen Welt, aber speziell in Deutschland gründlich verloren gegangen, und durch eine Hermeneutik des Verdachts gegen alles Nationale ersetzt worden. Man überlässt die nationale Identität derzeit den Rechtsradikalen und glaubt, man könne ein Europa gegen die Nationen statt mit den Nationen bauen. Inmitten dieses Wahns, der zwangsläufig den entsprechenden rechtsradikalen Gegenwahn hervorruft, tut es deshalb gut, durch Autoren wie Arnold Bennett oder Jules Verne daran erinnert zu werden, wieviel Liebenswürdigkeit, Humanität, Charme und unverlierbare Wahrheit in nationalen Eigenheiten liegen kann.

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 08. Juli 2019)

Hans-Olaf Henkel: Die Abwracker – Wie Zocker und Politiker unsere Zukunft verspielen (2009)

Hinter der Finanzkrise steckt der Neosozialismus!

Hans-Olaf Henkel hat als gut vernetzter Industrieller den Beginn der Finanzkrise 2008 hautnah miterlebt. Hier berichtet er, wie sich die Dinge aus seiner Sicht entwickelten, und wie er die Lage einschätzt. Der Leser lernt hier ganz andere Einblicke und Sichtweisen kennen, als sie gemeinhin verbreitet werden. Da Henkel auch in den USA lebte, kann er auch von dort aus unmittelbar eigenem Erleben berichten.

Einsicht Nr. 1 ist, dass der Hauptschuldige an der Finanzkrise von 2008 nicht etwa der „Kapitalismus“ oder „Gier“ waren, sondern im Gegenteil der von Henkel so genannte „Neosozialismus“ der Politiker. Die Politiker hatten die Blasen, die 2008 platzten, selbst durch unrealistische Gesetze verursacht, mit denen sie sich beim Wahlvolk beliebt machen wollten. Hinzu kommt, dass ausgerechnet die deutschen Staatsbanken am tiefsten in den faulen US-Papieren investiert waren – auf Anraten von Finanzminister Steinbrück (SPD) unter Einsatz staatlich garantierter Kredite.

Auch wenn Henkel übersehen hat, dass die Fördergesetze in den USA nur einen Teil der Immobilienblase direkt verursachten, so ist doch richtig, dass sie der Trigger zum allgemeinen Kredit-Run waren, weil alle mitziehen mussten, um am Markt zu bleiben. Vom Schattenbankensystem sagt Henkel leider nichts. Generell liegt Henkel aber richtig damit, dass die Risikobewertungssysteme der Banken systematisch falsch waren, und damit maßgeblich zum Crash beitrugen, ob nun Schattenbank oder nicht. Der Fehler war, dass sie die Abhängigkeiten von Risiken außer Acht ließen. Die Risiken verschiedener Kreditobjekte wurden gegeneinander verrechnet, doch mit der Möglichkeit, dass ganze Märkte einbrechen, rechnete keiner.

Henkel prägt für das naiv-soziale Verhalten der Politiker den Wählern gegenüber einen neuen Begriff, nämlich „Neosozialismus“. Paradoxerweise jammern jedoch alle, dass wir in „schlimmen“ „neoliberalen“ bzw. „kapitalistischen“ Zeiten leben würden … das ist kaum der Fall. Dass z.B. das Ziel von 25% Rendite von Deutsche-Bank-Chef Ackermann auf das Eigenkapital und nicht auf die Gesamtbilanz bezogen war, hört man in allgemeinen Medien nicht.

Aber auch die Wirtschaft bleibt von Kritik nicht verschont. Henkel nennt u.a. Namen für eine Hall of Shame von Unternehmensvorständen, die sich als Abwracker betätigt hatten.

Am Ende des Buches unterbreitet Henkel einige konkrete Vorschläge, wie man der Probleme Herr werden könnte. Der wichtigste davon wird wohl der Wunsch nach einer besseren ökonomischen Bildung der Menschen sein. Denn nur auf dieser Grundlage kann man die Probleme und die notwendigen Lösungen überhaupt verstehen und entsprechende politische Mehrheiten finden. Daran mangelt es heute erheblich. Zur Behebung dieses Mangels trägt das Buch einiges bei.

Bewertung: 5 von 5 Sterne.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 11. Februar 2015)

Veronica di Grigoli: Evil Eye (2013)

Great read to get a deep insight into life in Istanbul

Celeste came to Istanbul to teach English just for one year but makes experiences which will change her whole life: Only step by step she realizes that she has become victim of an evil plot against her life, involving magic and the furor of a woman fighting for a man. With good friends and a good sense of humour she overcomes all perils and is able not only to save her own life but also the life of a mysterious boy living in an orphanage.

By living in a household of a rich Turkish family, Celeste is compassionately involved in culture and society of the country. Be it richness and poorness, the Turkish ideas of the relationship of the sexes, magic and superstition as well as freemasonic enlightenment, the morbid beauty of Istanbul, or stories from Istanbul’s rich history as well as from Turkish tradition (such as Nasreddin Hoca or the sultan’s harem): Celeste experiences this all with critical openess and brings joy and love into the life of others, finding love herself, in the end.

Definitely a book which deserves a good publisher and many readers!

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 29. März 2014)

Israel Finkelstein / Neil A. Silberman: Keine Posaunen vor Jericho – Die archäologische Wahrheit über die Bibel (2001)

Sehr, sehr grundlegendes Allgemeinwissen für jedermann

Ich zähle „Keine Posaunen vor Jericho“ (Englisch: „The Bible Unearthed“) von Finkelstein und Silberman zu den 20 wichtigsten Sachbüchern, die man gelesen haben sollte. Warum? Weil darin sehr grundlegendes Wissen über unsere Weltwirklichkeit mithilfe der historisch-kritischen Methode vermittelt wird.

Das Buch legt verständlich aber fundiert den derzeitigen Stand der Wissenschaft dar, was der reale Hintergrund für die Entstehung des grundlegenden Teiles der Bibel war: Es handelt sich weniger um Berichte von realen Ereignissen, als vielmehr um Texte, die in theopolitischer Absicht komponiert wurden, zusammengesetzt aus Historie, Mythen, Legenden, Wunschdenken und Zielvorstellungen, geschrieben zur Erreichung eines bestimmten Zwecks in einer konkreten Situation in der damaligen Gegenwart.

Was profitiert man davon?

Zunächst wird man von der Illusion befreit, die biblischen Geschichten seien wörtlich wahr. Dies ist für das persönliche Weltbild wichtig, da diese Geschichten immer noch in Kindergarten, Schule und Literatur erzählt werden, wie wenn sie historisch wahr seien.

Auch wenn man nie selbst an diese Geschichten glaubte, kann man mithilfe dieses Wissens die christlich-jüdisch-islamisch geprägten Kulturen besser verstehen. Und diese Kulturen prägen die gesamte Welt.

Man erwirbt sich die grundlegende Kompetenz, auch bei anderen Texten historisch-kritisch zu hinterfragen, ob sie denn wahr sein könnten und was die wahre Absicht ihrer Verfasser war. Das einmal kennengelernte Prinzip kann auf jeden anderen Text übertragen werden: Auf das Neue Testament, auf den Koran, auf antike Philosophen und Historiker, bis hin zu modernen Texten und Filmen und ihren Hintergründen.

Man bekommt auch ein Verständnis dafür, dass eine Entmythologisierung nicht unbedingt die Entwertung eines Mythos nach sich ziehen muss. Was nicht wörtlich wahr ist kann dennoch im übertragenen Sinn von Bedeutung sein. Und manchmal entpuppt sich ein Mythos auch als historische Wahrheit. Eine blindwütige Bilderstürmerei ist nicht angesagt.

Einladung an gläubige Leser

Gläubige Leser sollten dieses Buch nicht zuerst als Angriff auf ihren Glauben lesen. Die Erkenntnis, dass ein heiliger Text nicht wörtlich wahr ist, entwertet diesen noch lange nicht als Grundlage für eine Religion. Natürlich bringt dieses Buch Erschütterungen für den Glauben mit sich, aber Erschütterungen können auch heilsam sein! Jedenfalls lehren alle Religionen das Vertrauen in die Vernunft, und dieses Vertrauen sollte man aufbringen. Gläubige Leser sollten sich insbesondere auch nicht gezwungen fühlen, gleich für alles eine Erklärung zu haben, sei es pro oder contra. Vernunft braucht Zeit. Man kann die Erkenntnisse dieses Buches auch erst einmal distanziert zur Kenntnis nehmen und mit ihnen gedanklich spielen. Nach einer Weile wird sich dann ganz zwanglos herauskristallisieren, was sich bewährt, und wo umgedacht werden muss, und wie dieses Umdenken zu einem neuen Ganzen führt. Ganz falsch wäre es sicher, die Ideen dieses Buches bewusst nicht zur Kenntnis zu nehmen. Dann hätte man gegen die Religion gehandelt, weil man nicht auf die Vernunft vertraute.

Vierteilige TV Doku

Zum Buch gibt es eine sehr gut gemachte vierteilige TV-Doku von 4 x 50 Minuten, die die Inhalte des Buches gut und umfassend präsentiert und mit Bildern von Ausgrabungen, Papyri, Keilschrifttexten usw. unterlegt, sowie Interviews mit an der Forschung beteiligten Wissenschaftlern zeigt. Sie wird unter verschiedenen Titeln auf DVD vertrieben, z.B. „Die Enthüllung der Bibel“ oder „Was die Bibel verschweigt“. Empfehlung!

Auf Englisch aktuell auf Youtube z.B. unter „The Bible Unearthed (Full Version)“ zu finden.

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 29. März 2011)

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