Schlagwort: Komödie

Johanna Alba & Jan Chorin: Halleluja! und: Gloria! (2010/2012)

Band 1: Halleluja! – Ein Papst-Krimi (2010)

Krimi-Sommerkomödie mit viel Ironie, Katastrophen-Katholizismus und italienischem Flair

Diese Krimi-Sommerkomödie fällt durch ihren Plot aus dem Rahmen des Üblichen: Chefermittler ist hier Papst Petrus II. persönlich. Der Papst, das ist in diesem Fall ein freundlicher und lebensnaher Gemeindepfarrer aus dem Viertel Trastevere, wo Rom am römischsten ist, den das Schicksal irgendwie auf den Papstthron bugsiert hat, ohne dass er seinen Charakter als freundlicher Gemeindepfarrer und Genußmensch verloren hätte. Im ewigen Zweikampf mit seiner stockkatholischen Haushälterin schafft er es irgendwie, die Gazetta dello Sport und Cornetti in seine Dienstwohnung zu schmuggeln, wenn er nicht incognito mit der Vespa in Rom unterwegs ist. Unterstützt wird er dabei von seiner vollbusigen Pressesprecherin Giulia und seinem tapferen Sekretär Francesco.

Merkwürdige Dinge geschehen in Rom: Madonnen weinen, Engel stürzen herab, Anschläge auf Kardinäle werden verübt, Madonnenbilder verschwinden, Intrigen werden gesponnen und Geschäfte gemacht. Orte der Handlung sind u.a. diverse römische Bars, Kirchen und Eisdielen, ein Krankenhaus, die Piazza Navona, das Forum Romanum, das Pantheon, die Tiberinsel, ein Heim für Priesterkinder, die Katakomben, ein Geißler-Orden, ein Verein schwuler Katholiken, Palazzi und Edel-Hotels. Es treten auf: Der Kunsthistoriker des Vatikans, ein Ölscheich, der Chef der Vatikanbank, Gott, diverse Baristi, Tifosi, die Squadra Azurra u.v.a.

Die katholische Kirche und ihre spezifischen Probleme werden in diesem Krimi wunderbar ironisch und treffsicher aber niemals gehässig auf die Schippe genommen, am Rande übrigens auch der Islam. Die Story nimmt überraschende Wendungen und Pointe reiht sich an Pointe. Es macht einfach Spaß sich von den Einfällen der Autoren überraschen zu lassen. Da der Papst ein echter Römer ist, bekommt der Leser auch tiefe Einblicke in die Seele römischer Lebensart, von der Fußballbegeisterung über die Bar- und Eisdielen-Kultur bis hin zu typisch römischen Leckerbissen.

Einziger Malus, den man angesichts der Spritzigkeit der Story gerne verzeiht, ist die unkritische Verherrlichung des (nennen wir es mal so) freundlichen Gemeindepfarrer-Katholizismus mit leichtem Hang zum menschenfreundlichen Selbstbetrug, sympathischen Aberglauben und nostalgischen Traditionalismus. Aber vielleicht ist auch das einfach nur typisch italienisch … – Eine echte Empfehlung als leichte Lektüre für den nicht notwendigerweise katholischen Italien- und Rom-Liebhaber!

Bewertung: 4 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 04. August 2012)

Band 2: Gloria! – Ein Papst-Krimi (2012)

Play it again, Frank: Der nette Dorfpriester-Papst als Kriminalist

Der zweite Band der Reihe mit dem gemütlichen Papst Petrus II., seiner hübschen Pressesprecherin Giulia und seinem jugendlichen Privatsekretär-Mönch Franceso, die gemeinsam den Vatikan wie eine Dorfpfarrei leiten (genauso derb und leichtfüßig, genauso kitschig und naiv), erweckt noch einmal alle lustigen Klischees des ersten Bandes zum Leben. Der Plot ist ebenfalls ordentlich gelungen. Ganz witzig die Verballhornung von Berlusconi. Die Haushälterin Immaculata läuft diesesmal zur Hochform auf. Und die Verwicklungen des Bösen sind verzwickt.

Trotzdem reicht es nicht an den ersten Band heran. Der Coup mit der Schwulenszene im Vatikan aus dem ersten Band dürfte nicht mehr zu toppen sein. Einmal wegen des gelungenen Überraschungseffekts, dann aber auch, weil der jetzige Papst Franziskus ebenfalls von einer realen Schwulenszene im Vatikan spricht – und auch er ist ein dorfpriesterlicher Typ. Insofern hatte der erste Band fast etwas Prophetisches. Die Story zwischen Giulia und Francesco kam leider nicht wirklich voran.

Alles in allem ist es dann aber auch mal genug mit dem allzu unwirklichen und naiven Setting dieser Reihe. Es gibt skurrile Plots, die funktionieren wegen des Überraschungseffekts einmal, aber nicht zweimal.

Bewertung: 4 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 13. September 2013)

Jonas Jonasson: Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand (2009)

Gelungener Schelmenroman zum 20. und 21. Jahrhundert

Der Roman „Der Hundertjährige der aus dem Fenster stieg und verschwand“ von Jonas Jonasson ist ein moderner Schelmenroman, eine gelungene Mischung aus „Forrest Gump“, dem „Taugenichts“ und „Ladykillers“. Unbekümmert schreitet der hundertjährige Alan Karlsson aus dem Altersheim in die Welt hinein und verwickelt sich in eine höchst amüsante Gaunerkomödie.

In Rückblenden erfährt man, dass Alan Karlsson ebenso unbekümmert duch das verrückte 20. Jahrhundert schritt und dabei an welthistorischen Weichenstellungen beteiligt war. Das Buch ist durch und durch ironisch und gnadenlos unpolitisch. Bierernste Moral oder Politische Korrektheit darf man nicht erwarten, doch das verleiht dem Buch einen gut Teil seines Reizes. Es wird sogar das Thema angeschnitten, dass die 1968er-Bewegung über Agenten aus dem Osten befeuert und gesteuert wurde. Allzu linke Leser dürften keinen Gefallen an diesem Buch finden.

An manchen Stellen hätte man erwartet, dass der Autor sich kürzer fasst, der Schluss zieht sich doch sehr. Vielleicht sollte man den Schluss aber auch als Parodie der geistigen Zustände am Anfang des 21. Jahrhunderts verstehen?

Zum Hörbuch: Der Vorleser Peter Weis ist großartig, viel besser als der Leser der gekürzten Fassung Otto Sander. Weis bringt die Ironie mit seiner gezielt nachlässig-nuscheligen Stimme immer wieder perfekt auf den Punkt.

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 7. Juni 2013)