
Tapferer Einzelkämpfer scheiterte an linksliberalen Eliten und „Parteifreunden“
Dieses Buch wurde anlässlich Ronald B. Schills Aufenthalt in einem Fernsehcontainer über zehn Jahre nach seinem politischen Engagement geschrieben. Obwohl dieses Buch – offenbar im Hinblick auch auf ein wenig anspruchsvolles Publikum – in einfacher Sprache geschrieben wurde und teilweise auf Provokation getrimmt ist, ist es doch sehr lesenswert.
Ronald B. Schill beschreibt, wie er als Richter die linksliberalen Missstände in Politik, Justiz und Medien hautnah erlebte. Wie er dagegen vorging. Wie die Medien ihn zu Unrecht verleumdeten. Dass Schill damals tatsächlich kein Kokain nahm. Wie er Reden vor CDU-Ortsverbänden hielt und schrittweise in die Rolle des Politikers rutschte, und schließlich die Gelegenheit ergriff, etwas zu verändern.
Wir lesen von den typischen Problemen beim Aufbau einer Partei: In der AfD ist es heute genau dasselbe. Wir erfahren von der Verfilzung von SPD-Parteimitgliedern in Ministerien und Behörden, und wie sich die Bundesländer gegenseitig in Reformen blockieren: Hätte Schill die Farbe Blau für die Polizei nicht im Alleingang durchgesetzt, gäbe es sie bis heute nicht.
Wir erfahren die Gründe für Ronald B. Schills Scheitern: Schill war als Person ganz auf Hamburg eingestellt, dies war seine Welt. Die Ausdehnung auf die Bundestagswahl wurde ihm von der eigenen Parteibasis aufgezwungen und war eine Überdehnung. Schill fand auch keine Überläufer aus der Elite, die ihn unterstützt hätten, und allein war er auf Dauer chancenlos. Einzig das SPD-Mitglied Walter Wellinghausen sprang ihm als Anwalt und rechte Hand bei. Eigene „Parteifreunde“ verschworen sich schließlich mit Beust gegen ihn. Nachdem die Medien ihn auch nach überstandener Kokain-Verleumdung nicht in Ruhe ließen, habe Schill begriffen, dass er nur scheitern kann, und habe von da an seinen politischen Tod gesucht – schreibt er.
Wir erfahren, dass Schill das Narkosegas aus Russland wollte, um darauf aufbauend etwas besseres zu entwickeln, und wie die Medien die russische Führung wegen des Einsatzes dieses Gases verurteilten, aber bald darauf nicht in vergleichbarer Weise kritisierten, als bei einer weiteren Massengeiselnahme von Schulkindern kein Narkosegas einsetzt wurde und eine viel größere Zahl von Geiseln, wohlgemerkt: Schulkinder, ums Leben kam. Wir denken noch einmal an Schills großartige Weigerung, einen Staatskirchenvertrag mit der evangelischen Kirche zu schließen, der den häufig nichtchristlichen Steuerzahler weitere Unsummen gekostet hätte.
Wir erleben noch einmal mit, wie Schill im Bundestag am 29. August 2002 von den herrschenden Eliten auf verfassungswidrige Weise das Wort abgeschnitten wurde, und wie Beust ihn daran hinderte, eine legitime Verfassungsklage dagegen einzureichen. Schill nennt seine Rede im Bundestag selbst Skandalrede, aber nicht wegen dem abgeschnittenen Wort, sondern weil er sie bewusst provokativ angelegt haben will. Aber eigentlich war die Rede nur wahr – wo Missstände sind, ist die schlichte Wahrheit provokativ. Schließlich hat Ronald B. Schill ungewollt die Kanzlerschaft von Edmund Stoiber verhindert. Die 0,8% überzeugten Schillwähler bei der Bundestagswahl haben das bewirkt. Schill mag es damals nicht gewollt haben, im Rückblick war es aber dennoch ein Erfolg, ein Schlag gegen das eingefahrene Establishment, zu dem Stoiber fest dazu gehörte, wie man spätestens heute weiß.
Schill stellt manches anders dar, als es war
Die Springerpresse, die in Hamburg auch lokal vertreten ist, hatte Schill nämlich zunächst gestützt! Immer wenn andere Medien Vorwürfe brachten, brachte die Springerpresse eine Verteidigung. Ungefähr zwei Wochen vor Schills Sturz jedoch schaltete sie um und griff Schill an, so sagt es jedenfalls die Erinnerung des Rezensenten. Schill selbst hingegen schreibt, Beust hätte schon seit der Bundestagsrede nach einer Gelegenheit für seinen Sturz gesucht. Von einer guten Kooperation mit der Springerpresse schreibt Schill nur ganz kurz im Zusammenhang mit seiner Zeit als Richter.
Gestürzt ist Ronald B. Schill, als Beust ihm seine „rechte Hand“ Wellinghausen wegen einer Lappalie wegnehmen wollte. Der Tipp dazu kam angeblich von der CSU, die wegen der verpassten Kanzlerschaft Rache üben wollte. Schill reagierte damit, Beust vorzuhalten, dass auch er eine „Spezlwirtschaft“ am Laufen hatte (nämlich mit Roger Kusch). Doch Schill betont seltsamerweise nicht den großen Unterschied zwischen einem politischen Unterdrucksetzen wegen einer Spezlwirtschaft (die zufälligerweise eine schwule Spezlwirtschaft ist), und einem politischen Unterdrucksetzen gezielt wegen Homosexualität. Ersteres ist völlig legitim und gehört zum politischen Geschäft. Schill lässt aber den Eindruck bestehen, als habe er Beust damit erpresst, ihn als schwul zu outen. Das war aber nicht der Fall. Beust hat sich schließlich ohne Not selbst geoutet. Um Homosexualität ging es in Wahrheit gar nicht, auch wenn heute alle Medien dies so darstellen, und auch wenn sich ein katholischer Bischof aus Hamburg heuchlerisch gegen Schill stellte, um seine Kirche auf Kosten von Schill als „moderne“ Kirche zu profilieren. Warum Schill das hier nicht klarstellt, bleibt unklar.
Unklar ist auch, warum Schill seine Reaktion auf das Abschneiden seines Wortes im Bundestag selbst als „cholerisch“ bezeichnet. Er hatte dort recht besonnen reagiert, wenn man bedenkt, dass gerade die Verfassung gebrochen wurde. – Schließlich meint Schill, „sein Schwanz“ hätte ihn politisch am Ende zu Fall gebracht. Das ist grober Unfug. Was ihn politisch zu Fall brachte, sind ganz andere Dinge, siehe oben. Schill zeichnet in Teilen ein Zerrbild dessen, was war, und dieses Zerrbild ist nicht immer zu seinen eigenen Gunsten. Warum Schill das tut, bleibt unklar.
Schills unmoralischer Lebenswandel
Tatsächlich schildert Ronald B. Schill ein recht ungehemmtes Sexualleben mit ständig wechselnden Partnern, Ehebruch und Partnertausch. Zudem habe er schon immer die Droge Tavor genommen, um in kritischen Situationen konzentriert zu sein. Das alles ist natürlich unmoralisch. Aber es ist auch seine Privatsache.
Vor allem zeigt es auch, dass Schill eben kein „Ewiggestriger“ war, sondern ein sehr moderner Mensch, im Grunde fast ein „linker“ Mensch, der allerdings begriffen hatte, dass einige Dinge so nicht weiterlaufen können in diesem Staat. Bereits beim Kokainverdacht war klar, dass dieser gut erfunden ist, wenn es auch nicht wahr war.
Nebenbei bekommt man über Schills Eskapaden auch mit, wie es in „höheren“ Kreisen der Gesellschaft bisweilen so zugeht. Man möchte nicht dazugehören. Auch Beust soll es nicht minder wild getrieben haben, doch über dessen Privatleben berichteten die Medien nie.
Schluss
Ronald B. Schill steht für das erste Aufbäumen gegen die immer größer werdenden Missstände und Verfilzungen in Deutschland. Ronald B. Schill trieb die verfilzte Elite vor sich her, so dass diese sogar offenen Verfassungsbruch beging, um ihn und seine Wähler zu stoppen und von der legitimen demokratischen Teilhabe auszuschließen. Ronald B. Schills Name ist auf ewig mit der Ehre verbunden, für Demokratie, Rechtsstaat und das Gemeinwohl Schande, Verleumdung und soziale Ächtung nicht gescheut zu haben.
Gegen alle Verleumdungen, die bis heute darauf abzielen, ihn und seine Politik lächerlich zu machen, steht sein Werk unvergessen wie ein Fels in der Brandung, ein Mahnmal für Kommende. Denn auch das ist wahr: Mit seiner Parteigründung hat Schill den ersten Schritt dazu getan, die Opposition in Deutschland zu organisieren. Mitglieder der Schillpartei gingen später auch zur (kläglich an sich selbst scheiternden) „Freiheit“ und zur AfD. (PS 25.05.2018: die inzwischen auch kläglich an sich selbst gescheitert und zur rechtsradikalen Partei geworden ist.)
Bewertung: 4 von 5 Sternen.
(Erstveröffentlichung auf Amazon am 26. September 2014)