Schlagwort: Zauberei

Daniel Kehlmann: Beerholms Vorstellung (1997)

Gesellenstück eines Schriftstellers

In „Beerholms Vorstellung“ übte sich der 22jährige Daniel Kehlmann daran, seinen Stil und seine Themen zu finden, mit denen er als Schriftsteller Erfolg haben würde. Vieles wird man in seinen späteren Werken in verwandelter Form wiedererkennen. Die einzelnen Miniaturen sind bereits sehr gelungen, doch es fehlt noch der große Zusammenhang. Der rote Faden der Geschichte erscheint nicht zwingend und entwickelt sich jeweils überraschend, eben experimentell, und dabei noch ohne den richtigen Ernst, den ein 22jähriger wohl auch noch nicht hat.

Kehlmann gelingt es, typische Erfahrungen ironisch einzufangen und zum Thema zu machen, die den Leser sagen lassen: Ja, genau so, genau so habe ich es auch schon erlebt und empfunden, und genau so sollte man auch darüber lachen. Auch das Verschwimmen von Realität und Traum ist hier schon perfekt gelungen.

Auch die für Kehlmann typische Skurrilität der Geschichte und ihrer Personen ist schon angelegt: Es geht um einen jungen Mann, der sich von der Metaphysik der Mathematik dazu verleiten lässt, Theologie zu studieren, bis sich sein Talent zur Zauberei Bahn bricht. Schließlich zerfließen die Grenzen zwischen Wahn und Wirklichkeit, und das Ende ist tragisch.

Ein Thema ist die Unfähigkeit des Protagonisten, zu sich selbst zu finden, und nie bei dem bleiben zu können, was er ist und hat. Wohl eher ein Thema für junge Leute wie den Autor, die sich erst noch finden müssen, ebenso wie das Thema Suizid; langfristig ist aber jeder angefragt.

Alles in allem lesenswert, aber kein Muss.

Bewertung: 4 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 03. März 2015)

Apuleius: Der goldene Esel (2. Jhdt. n.Chr.)

In die Vollen des antiken Alltagslebens gegriffen

Der Goldene Esel des Apuleius (auch bekannt als: Metamorphosen) ist ein Stück antike Unterhaltungsliteratur, die uns auch heute noch bestens amüsieren kann. Mit Witz und Ironie wird eine Abenteuergeschichte erzählt, die weitere Erzählungen und Anekdoten in sich einschließt, darunter auch so bekannte Erzählungen wie die von Amor und Psyche.

Der Leser erhält Einblick in das Denken und Leben antiker Menschen im 2. Jahrhundert n.Chr. Ob Handel, Handwerk, Reisen und Erotik, ob Geizhälse, Räuber, Frauen und Mägde, ob Zauberei und Isis-Kult – man kommt voll auf seine Kosten.

Wegen der Erzählkunst des Autors, und wegen der tiefen Einblicke in die antike Welt wird dieses Kleinod mit gutem Grund zur Weltliteratur gezählt.

Die kostenlose Kindle-Ausgabe der Übersetzung von August Rode 1920 ist erfreulich fehlerfrei und akzeptabel lesbar.

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 28. September 2013)