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David Gibbins: Atlantis (2005)

Archaeo-Fantasy um die Sintflut im Schwarzen Meer und Platons Atlantis

Der Roman „Atlantis“ von David Gibbins (2005) – deutsch: „Mission Atlantis“ – ist leider misslungen. Er funktioniert weder literarisch noch historisch noch archäologisch, wie im folgenden Punkt für Punkt gezeigt wird.

Story und Erzählweise

Als Thriller ist der Roman „Atlantis“ von David Gibbins eine Enttäuschung. Das klassische „treasure hunting“, das historischen Romanen oft ihren Thrill gibt, ist bereits nach dem ersten Drittel des Romans beendet, und auch die beiden Hauptpersonen haben zu diesem Zeitpunkt bereits intim zueinander gefunden. Es geht im darauf folgenden Hauptteil des Romans nur noch darum, den Ort von Atlantis aufzusuchen und dabei künstlich in die Story eingebrachte Schwierigkeiten zu überwinden. Eine weitere Entwicklung der Charaktere bleibt aus.

Zu diesen künstlichen Schwierigkeiten gehört vor allem ein eindimensional böse gezeichneter Raubgräber mit der finanziellen Macht und der militärischen Ausrüstung eines ganzen Staates, der zufällig immer an der passenden Stelle auf den Plan tritt. Zudem ist ebenfalls rein zufällig direkt vor dem Eingang von Atlantis ein sowjetisches Atom-U-Boot mit Nuklearsprengköpfen gesunken, um das sich seitdem niemand mehr kümmert. Die Protagonisten leiden im Verlauf der Handlung unter Blutverlust, immer knapper werdender Atemluft, Kerosinmangel oder schwächer werdenden Batterien, und doch erreichen sie immer wieder kurz vor dem Exitus das erwünschte Ziel.

Weitere unglaubwürdige Zufälligkeiten sind drei gleichzeitige archäologische Funde an drei verschiedenen Orten, die sich natürlich alle drei auf dieselbe Sache beziehen. Unglaubwürdig auch, dass es auf einer kleinen, einsamen Vulkaninsel im Schwarzen Meer einen offenen Zugang in die Unterwelt von Atlantis geben soll, der über viele tausend Jahre unentdeckt blieb. Der Vulkan wird dann natürlich punktgenau zum Ende des Buches ausbrechen, nachdem er viele tausend Jahre lang ruhig blieb.

Den ganzen Roman über quält der Autor seine Leser mit technischen Begriffen aus der Welt der Schiffahrt, des Tauchens und der Waffentechnik. Zahlreiche technische Abkürzungen verwirren. Vielleicht könnte man als Taucher und Waffennarr dem Roman etwas abgewinnen? Mehr als die Hälfte der Zeit befinden sich die Protagonisten unter Wasser und kämpfen mit der Technik, den Elementen und menschlichen Feinden.

Völlig unnötig sind die vielen archäologischen Sensationsfunde und Entdeckungen, die die Protagonisten im Vorfeld der Romanhandlung gemacht haben wollen, mit denen die unglaubliche Story zusätzlich gestützt werden soll:

  • Ein Fund von verbrannten Schiffen der Griechen vor Troja.
  • Die Entzifferung des minoischen Linear A.
  • Der Fund eines zweiten Diskus von Phaistos.
  • Die Entdeckung eines Archivs in der Athener Akropolis.
  • u.v.a.m.

Zur Schwarzmeer-These im Allgemeinen

Ja, es ist zunächst richtig, dass das Schwarzmeerbecken einst besiedelt war. Ja, es ist richtig, dass das Wasser am Bosporus irgendwann durchbrach und das Schwarzmeerbecken flutete. Ja, es ist plausibel, dass die indogermanische Sprachfamilie von dort ihren Ursprung hat. Ja, es ist immerhin nicht unmöglich, dass in den Flutsagen des Gilgamesch und der darauf aufbauenden Bibel eine dunkle Erinnerung an dieses Ereignis enthalten ist. Ja, auf dem Grund des Schwarzen Meeres wird man noch manche steinzeitliche Siedlung finden, die das Bild der Steinzeit revolutionieren wird. Soweit so gut.

Es ist aber falsch, von diesem Ereignis eine direkte Verbindung zu späteren Hochkulturen wie z.B. Mesopotamien oder Ägypten zu ziehen; die Gründe dafür sind folgende:

  1. Die zeitliche Lücke zwischen dem Untergang der Schwarzmeerkultur und dem Aufstieg der späteren Hochkulturen umfasst mehrere tausend Jahre. Solange lässt sich keine detaillierte Überlieferung mündlich weitergeben und schon gar nicht geheimhalten. Mehr als dunkle und grobe Erinnerungen an ein Ereignis sind ohne Schrift nicht überlieferbar. Selbst mit Schrift wäre es schon schwierig genug.
  2. Die Schrift entwickelte sich in Ägypten und Mesopotamien eigenständig und unabhängig voneinander und bei Völkern, die nicht der indogermanischen Sprachgruppe angehörten. Wenn die Schwarzmeer-Kultur über eine Schrift verfügte, so war sie schon Jahrtausende zuvor verloren gegangen. Indogermanische Völker wie z.B. die Hethiter oder Griechen übernahmen die Schrift vielmehr aus dem Orient.
  3. Es ist offensichtlich, dass sich die späteren Hochkulturen eigenständig und angemessen langsam entwickelt haben, ohne einen Vorläufer, der ihnen einen Entwicklungsschub gegeben hätte.
  4. Die späteren Hochkulturen weisen keine Gemeinsamkeiten auf, die auf einen gemeinsamen Ursprung hindeuten würden; nur die indogermanischen Völker weisen natürlich gewisse Gemeinsamkeiten auf; Ägypten und Mesopotamien gehören aber z.B. nicht dazu.

Kurz und gut: Die These von der Überbrückung dieser zeitlichen Lücke hat keine Chance.

    Die Schwarzmeer-These bei David Gibbins

    Gibbins behauptet nicht nur eine Überbrückung der großen zeitlichen Lücke, sondern dehnt das Erbe der Schwarzmeerkultur auch auf spätere Hochkulturen aus, die a) definitiv nichts mit einem indogermanischen Ursprung zu tun haben, b) zeitlich in ihrem Auftreten sehr variieren, c) in ihrer kulturellen Entwicklung sehr stark auseinanderliegen. Gibbins nennt u.a. Ägypten, Mesopotamien, die Kelten, die Indus-Valley-Kultur, die Israeliten und auf den letzen Seiten sogar die amerikanischen Indianerkulturen. Die Minoer, die bei Gibbins im Zentrum stehen, treten in Wahrheit erst vergleichsweise spät in Erscheinung. Auch ist die Idee, dass die Priesterkaste der Schwarzmeerkultur sich über Jahrtausende die Weltherrschaft gesichert hätte und die kulturelle Entwicklung steuerte, nichts als eine Verschwörungstheorie, die für damals noch unhaltbarer ist als für die Gegenwart.

    Das untergegangene Atlantis wird von Gibbins als eine ziemlich befremdliche Kombination von steinzeitlicher, minoischer und ägyptischer Kultur geschildert: Gebäudekomplexe wie in Catal Hüyük, eine Sphinx in Stiergestalt, gewaltige Stufenpyramiden usw. Es ist ein archäologisches Walt-Disney-Land in Form eines völlig anachronistischen Potpourris der bekannten Hochkulturen.

    Atlantisforschung

    Der Roman „Atlantis“ von David Gibbins bewegt sich leider auf dem Niveau der üblichen pseudo-wissenschaftlichen Thesen rund um das Atlantis des Platon: Am Ende sei Atlantis die uralte Wiege der Zivilisation, was es im Original bei Platon eben nicht ist. Der Leser bekommt keinen realistischen Einblick in die Fragestellungen und die wirklichen Möglichkeiten der wissenschaftlich fundierten Atlantisforschung. Wer Platons Atlantiserzählung gelesen hat, findet seine Vorstellungen von Platons Atlantis in dem „Atlantis“ des Romans von Gibbins nicht wieder.

    Die Begegnung von griechischer und ägyptischer Kultur, die eine der Kernfragen der Atlantisforschung ist, wird ganz falsch dargestellt: In Ägypten wurde kein nennenswertes Wissen ausschließlich der mündlichen Überlieferung vorbehalten, die Priester hüteten auch keine Geheimnisse und erst Recht keine Kenntnisse, die weit vor 3000 v.Chr. hinausgereicht hätten. Es ist auch nicht wahr, dass die höheren Priester höhere Weisheiten gewusst hätten; eher im Gegenteil wussten Priester von niederen Graden oft mehr, weil sie spezialisiert waren. Auch logen die ägyptischen Priester griechische Besucher nicht einfach an; die Gründe für Falschinformationen greifen häufig viel tiefer und sind eher als ein Missverstehen zu deuten, wie man bei Herodot sehr gut studieren kann. Gerade von Herodot zeichnet Gibbins ein ziemlich simplifizierendes Bild, u.a. auch im wissenschaftlich gemeinten Nachwort.

    Solons Aufenthalt in Ägypten wird leider völlig anders dargestellt als bei Platon. Wie Gibbins im Nachwort einräumt, geschah dies mit der Absicht, den Besuch des Solon in Sais mit dem Atlantis-Konzept des Romans in Einklang zu bringen. Es ist auch nicht wahr, wie Gibbins im Nachwort meint, dass der Name des Priesters, mit dem Solon sprach, mutmaßlich bekannt ist. Überliefert ist nur der Name Sonchis in der Solon-Biographie des Plutarch. Diese Angabe ist allerdings wenig glaubwürdig, gerade auch deshalb, weil der Priester, der von Atlantis weiß, bei Platon nicht als besonderer, „hoher“ Priester dargestellt wird. Platon wird von Gibbins freies Erfinden und grobes Anpassen historischer Stoffe unterstellt; kein vernünftiger Platonforscher würde das so unterschreiben. Die Frage, wie Platon seine Atlantiserzählung konstruierte, ist in der Tat eine der Kernfragen der Atlantisforschung, und kann nicht so beiläufig und einfach abgetan werden.

    Fazit

    Der Roman „Atlantis“ von David Gibbins ist literarisch und historisch eine Enttäuschung. Wenn der Roman auch literarisch nicht gelungen ist, so hätte man sich von einem Unterwasserarchäologen doch wenigstens in historischer Hinsicht mehr versprochen. Aber der Autor zerstört konsequent den Thrill, der sich aus der Möglichkeit entfalten würde, dass eine Geschichte wahr sein könnte, indem sie sich möglichst eng an die reale Welt und die reale Historie anlehnt. Die Versprechungen des Covers: „only this time, it really could be true“, oder die Behauptung im Nachwort: „the archaeological backdrop is as plausible as the story allows“ werden schlicht nicht eingehalten. Beim Roman „Atlantis“ von David Gibbins handelt es sich wohl eher um Archaeo-Fantasy mit Taucher-Thrill als um einen Historien-Thriller.

    Alternative Buchempfehlungen

    Wer sich auf wissenschaftliche Weise mit dem Atlantis des Platon beschäftigen möchte, dem seien folgende Bücher empfohlen (teilweise nur antiquarisch zu haben):

    Contra Existenz:

    • Heinz-Günther Nesselrath: Platon und die Erfindung von Atlantis.
    • Pierre Vidal-Naquet: Atlantis – Geschichte eines Traumes.

    Pro Existenz:

    • John V. Luce in: E.S. Ramage: Atlantis – Mythos, Rätsel, Wirklichkeit?
    • Thorwald C. Franke: Mit Herodot auf den Spuren von Atlantis – Könnte Atlantis doch ein realer Ort gewesen sein?

    Bewertung: 1 von 5 Sternen.

    (Erstveröffentlichung auf Amazon am 28. Juli 2012)

    Veronica di Grigoli: Evil Eye (2013)

    Great read to get a deep insight into life in Istanbul

    Celeste came to Istanbul to teach English just for one year but makes experiences which will change her whole life: Only step by step she realizes that she has become victim of an evil plot against her life, involving magic and the furor of a woman fighting for a man. With good friends and a good sense of humour she overcomes all perils and is able not only to save her own life but also the life of a mysterious boy living in an orphanage.

    By living in a household of a rich Turkish family, Celeste is compassionately involved in culture and society of the country. Be it richness and poorness, the Turkish ideas of the relationship of the sexes, magic and superstition as well as freemasonic enlightenment, the morbid beauty of Istanbul, or stories from Istanbul’s rich history as well as from Turkish tradition (such as Nasreddin Hoca or the sultan’s harem): Celeste experiences this all with critical openess and brings joy and love into the life of others, finding love herself, in the end.

    Definitely a book which deserves a good publisher and many readers!

    Bewertung: 5 von 5 Sternen.

    (Erstveröffentlichung auf Amazon am 29. März 2014)

    Juli Zeh: Adler und Engel (2001)

    Wer erklärt mir dieses Buch?! Gossenliteratur?

    Dieses Buch handelt von einem hippen jungen Rechtsanwalt, der es mit Karriere und Kokserei geschafft hat, Mitte 30 zu werden, ohne jemals über das Leben und dessen Sinn nachzudenken. Dann erschießt sich seine Freundin, und er versteht die Welt nicht mehr und will sterben. Eine Journalistin findet die Story interessant, und obwohl er sie wiederholt spontan zusammenschlägt, kommt die dumme Kuh immer wieder zu ihm in die Wohnung zurück, tja, was soll man da sagen. Das Buch beschreibt u.a. die unmittelbare ästhetische Wahrnehmung von Telefonhörern und von verspritztem Gehirn und andere appetittliche Dinge in sehr anschaulicher Weise.

    Und auf S. 40 (ca.) habe ich dann aufgehört zu lesen, und habe nur noch vorgeblättert, und nichts gefunden, was das Weiterlesen gerechtfertigt hätte. Ich glaube jedenfalls nicht, dass sich ganz tief zwischen den Zeilen noch irgendeine Botschaft versteckt hielte, die ich übersehen hätte.

    Was soll dieses Buch?
    Kann mir das jemand erklären?

    Na klar, es gibt solche Menschen, die geistig in der Gosse hocken, und sich ohne Religion und / oder Philosophie in ihrer kümmerlichen Welt einrichten. Aber das interessiert doch niemanden! So etwas nimmt man zur Kenntnis, aber nur einmal, um zu wissen, dass es sowas auch gibt, aber man macht da keinen Roman daraus! Dieses Buch hat es thematisch nicht verdient, geschrieben zu werden. Das Buch erinnert mich fatal an gewisse „Problembücher“ und „Problemfilme“, mit denen mich gewisse Lehrer in meiner Jugend traktieren wollten. Da ging es um Drogen, Sex, Gewalt, Abtreibung usw. Wie wenn das interessant wäre. Ich habe kein Mitleid mit Menschen, die sich ihre Probleme selbst erschaffen. Ich habe kein Mitleid mit Menschen, die statt Vernunft und Liebe (wie es sich gehört!), lieber in den Kategorien von Karriere, Koks, Gewalt und Sex denken. Das ist Gosse. Weg damit!

    Das einzig Positive, was ich sagen möchte: Die Autorin kann schreiben. Aber sie sollte ihre Gabe um Himmels willen nicht dazu verschwenden, geistlose Gosse in Romanform zu produzieren.

    Bewertung: 1 von 5 Sternen.

    (Erstveröffentlichung auf Amazon am 11. Dezember 2017)

    Aischylos: Die Perser (472 v.Chr.)

    Ein Grundstein der Weltliteratur und des Griechentums

    Durs Grünbein hat mit den „Persern“ von Aischylos eine Übersetzung vorgelegt, deren Worte die Kraft haben, die Vergangenheit für die Gegenwart erinnerlich zu machen, bei der, anders als bei modernistischen Übersetzungen, jede Zeile sitzt und bewusst macht, dass dem Leser hier aus alter Zeit das unverändert Menschliche entgegenweht.

    Diese älteste aller griechischen Tragödien, eine einzige handlungsarme Wehklage der Perser über den Verlust des Krieges mit den Griechen bei Salamis und Plataiai, wartet mit einer großen Überraschung auf und versetzt dadurch in Staunen: Die Sieger bringen die Besiegten in ihrem menschlichen Jammer auf die Bühne, ohne Spott, ohne Häme und mit großem Ernst. Es ist den griechischen Zuschauern klar: So hätten um ein Haar auch wir wehklagen müssen, wären wir nicht Sieger geblieben. Damit sprengt diese Tragödie durch das Mitleiden der Zuschauer jede nationale Engstirnigkeit und lenkt den Blick auf die Menschlichkeit aller Menschen, und sei es der Feind – gleichzeitig demonstriert der Plot aber auch die Überlegenheit des griechischen Weges: Wo sonst wäre solches zu zeigen möglich als in Athen?

    Sehr anregend auch die kenntnisreichen Nachworte von Durs Grünbein. Widersprochen werden muss seiner zuletzt geäußerten Auffassung, dass die Verbindung zu den Gefallenen vergangener Kriege abreiße, sobald sich die Ideologie ändere oder die Nation auflöse. Dies ist nicht der Fall. Denn die Nachfahren werden immer das Bewusstsein in sich tragen, dass es Menschen waren wie sie selbst, die in ihrer Zeit mit sich und dem Schicksal gerungen haben, wie dies jeder Mensch tun muss. Und es fragt sich jeder: Hätte ich es anders getan als die Vorfahren? Die Vorfahren stecken in uns, ohne dass ein Abreißen der Tradition möglich wäre.

    Das Erscheinen des Dareios im Stück signalisiert auch nicht das Abreißen einer Tradition, sondern im Gegenteil die Wiederaufnahme und Rückbesinnung auf eine Tradition, nämlich die Beschwörung des Besten, was Persien bislang hervorgebracht hatte, nämlich die Weisheit des Dareios gegen Hybris und Unvernunft.

    Bewertung: 5 von 5 Sternen.

    (Erstveröffentlichung auf Amazon am 21. Oktober 2010)

    Andreas Wilhelm: Die Projekt-Trilogie (2006/2007/2009)

    Projekt Babylon (2006): Spannend – Interessant – Geistreich

    Ein wirklich gelungener Roman. Andreas Wilhelm ist viel mehr als der „deutsche Dan Brown“. Sein Forschertrio ist viel besser geeignet, eine gemeinsame Suche nach der Wahrheit im Dickicht der Mythen und Überlieferungen darzustellen, weil Skepsis, Pragmatik und Herz viel besser repräsentiert werden. Hier wird nicht einfach an Übersinnliches geglaubt – es wird aber auch nicht zu trocken – und die weibliche Komponente wird nicht so seltsam ignoriert, wie bei Dan Brown. Auch erfindet Andreas Wilhelm nicht ganz so wilde Zusammenhänge, wie Dan Brown. Das Spannungsniveau ist in etwa dasselbe, man bekommt wirklich etwas geboten. Dieser erste Band einer Trilogie, der eine in sich abgeschlossene Handlung hat, enthält auch bereits deutliche Hinweise, wo alles enden wird im dritten Band – für den, der sich auskennt : – )
    Alles in allem: Große Leseempfehlung!

    Bewertung: 5 von 5 Sternen.

    Projekt Sakkara (2007): Der Autor weiß wovon er schreibt und präsentiert es meisterlich

    Dieser zweite Teil der Projekt-Trilogie ist erneut eine gelungene Überraschung: Denn anders als bei anderen Autoren flacht Andreas Wilhelm in seinem zweiten Band keineswegs ab. Im Gegenteil: Er dreht so richtig auf und liefert eine Komplettverarbeitung der ägyptischen Kultur und all ihrer Geheimnisse, sowie ihrer Entdeckungsgeschichte, die das Herz jeden Kenners höher schlagen lassen muss. Erneut beweist Andreas Wilhelm auch, dass er die Gratwanderung zwischen Wissenschaft, Pseudowissenschaft und Esoterik meisterlich beherrscht. Plumpe Geschmacklosigkeiten unterbleiben konsequent, statt dessen souveräne Raffinesse und Ironie ohne Ende – da kommt man auch als Skeptiker voll auf seine Kosten. Überhaupt bemerkt man, dass der Autor ein Themengebiet nicht nur „verarbeitet“, sondern sich selbst bestens darin auskennt.

    Bewertung: 5 von 5 Sternen.

    Projekt Atlantis (2009): Phantastisches Ende einer spannenden Suche – pro und contra

    Das Forscherduo Peter und Patrick, wie immer ergänzt um eine Frau, macht sich in diesem dritten und letzten Band der Projekt-Trilogie dazu auf, das letzte und größte Geheimnis zu ergründen: Atlantis.

    Da das Thema Atlantis im Gegensatz zu Templern oder Ägyptern z.Z. noch wenig real vorzuzeigende Substanz aufzuweisen hat, weitet sich die Story dieses Mal zu einer phantastischen Geschichte aus, die eines Jules Verne würdig gewesen wäre (man denkt unwillkürlich an „20000 Meilen unter dem Meer“ oder die „Reise zum Mittelpunkt der Erde“). Leider geht dabei ein wenig der Zauber verloren, der in den beiden ersten Bänden davon ausging, dass das Mystische sich sehr eng in das Bekannte und Erforschte einbettete. Die Gratwanderung zwischen Wissenschaft, Pseudo-Wissenschaft und Esoterik wurde in diesem dritten Band leider deutlich verfehlt.

    Es ist aber dennoch eine grandiose Abenteuergeschichte. Gut gefallen hat auch die realistische Darstellung eines Meeresforschungsprojektes: Das Schiff, die Technik, die Mannschaft, die Organisation. Auch das Verhalten der Medien wurde gut getroffen. Ganz amüsant war die Darstellung typischer Phänomene, wie es sie in der real existierenden Atlantisforschung tatsächlich gibt: Die Skeptiker, die Spinner, die Hochstapler, die verkannten Seriösen, die Selbstzweifel, die Euphorie, und noch einmal: die Medien und ihr ganz spezieller Blinkwinkel.

    In einem Punkt stiftet der Autor unnötig Verwirrung (Nachwort): Das Atlantis des Romans entspricht zwar durchaus einem Teil des Mythengeflechts, das sich im Laufe der Jahrhunderte um das Thema Atlantis gesponnen hat – aber es wäre erwähnenswert gewesen, dass dieses Atlantis natürlich nicht dem originalen, von Platon beschriebenen Atlantis entspricht. Im Roman wurde vielmehr auf Vorstellungen von Atlantis zurückgegriffen, wie sie Ignatius Donnelly, mehr noch, wie sie Esoteriker und Theosophen im Laufe der Zeit sich frei zusammengedichtet haben. Wer sich hingegen auf eine realistische Weise mit dem originalen Atlantis des Platon beschäftigen möchte, dem sei z.B. folgendes Buch empfohlen: Thorwald C. Franke: Mit Herodot auf den Spuren von Atlantis – Könnte Atlantis doch ein realer Ort gewesen sein?

    Weitere Schwächen sind

    Das Verhalten des Kommandanten des Marine-Stützpunktes ist unrealistisch: Es ist kaum anzunehmen, dass ein professioneller Soldat nicht misstrauisch wird, wenn ein Außenstehender plötzlich über militärische Interna Bescheid weiß – und als Familienvater praktisch seine ganze Karriere aufs Spiel setzt, vielleicht sogar Gefängnis riskiert. – Etwas unlogisch war, dass die dunkle Trennschicht diesmal für die Elektronik durchlässig war. Diese für den Fortgang der Handlung wichtige Frage hätte man anders umschiffen müssen. – Ebenfalls etwas schwach motiviert war die Auffindung nicht von einer, sondern gleich von zwei Textquellen zu Atlantis. Wie es aussieht, hätte die aus Alexandria vollkommen genügt. Wozu dann die andere? – In Projekt Atlantis führen plötzlich vier Brücken zum Zentrum von Atlantis, während in den ersten beiden Bänden der Grundriss der Anlage nur einen solchen Zugang zum Zentrum aufweist, wie es ja auch der Beschreibung Platons entspräche. – Etwas enttäuschend war, dass keine näheren Inhalte aus dem vollständigen Manuskript des Platon-Dialoges Kritias präsentiert wurden. Man kann nicht die Auffindung einer so heißen Textquelle postulieren, aber dann kaum daraus zitieren.

    Schließlich kann man noch den philosophischen Gehalt der Trilogie beleuchten: Alles in allem gut gemeint, aber doch etwas seicht. Liebe, Mitmenschlichkeit und Verantwortung als Werte sind ja nicht ganz neu. Problematisch wird es mit dem Motto „Wage zu wissen“: Denn Wissen erschließt sich dem Menschen in der realen Welt nicht aus telepathischen Archiven, sondern aus langwierigen Lern- und Denkanstrengungen, die teils harte Desillusionierungen und Enttäuschungen erfordern. Von einer solchen realistischen Erkenntnisphilosophie war aber kaum etwas zu sehen. Am beeindruckendsten war vielleicht die Verwandlung von Patrick im zweiten Band, die im dritten Band dann leider etwas unterging.

    Alles in allem

    Die Projekt-Trilogie von Andreas Wilhelm ist ungeachtet gewisser Schwächen längst dabei, ein Kult zu werden wie die Bücher von Dan Brown. Es ist die Spannung der bildungsschwangeren Schnitzeljagd in mysteriösen Gefilden, die es wohl ausmacht. Formal ist da außerdem nicht nur die Prägung von wiederkehrenden Motiven in den drei Romanen, sondern es ist auch die Homepage mit Trailer und eigens komponierter Musik: Man kann es kaum erwarten, bis man im Kinosessel sitzt, die Werbung vorbei ist, der Saal noch ein wenig dunkler wird, der Vorhang noch ein Stück weiter zur Seite rückt, und dann in völliger Dunkelheit diese Musik zu erklingen beginnt … – was ein Feeling!

    Bewertung: 4 von 5 Sternen.

    (Erstveröffentlichung auf Amazon am 13. Februar und 25./26. März 2009)

    Orhan Pamuk: Die weiße Festung (1985)

    Nanu? Ein Werk der Gegenaufklärung vom Nobelpreisträger?

    Der Plot dieses Büchleins ist denkbar einfach: Ein Italiener gerät im 17. Jahrhundert in die Gefangenschaft eines ihm verblüffend ähnlich sehenden Türken. Sie arbeiten sich aneinander ab und vertauschen am Ende ihre Rollen: Der Türke geht als Italiener nach Italien zurück, der Italiener führt das Leben des Türken in der Türkei fort. Was hätte man aus diesem Plot nicht alles machen können! Aber Orhan Pamuk verschenkt fast jede Chance und verdreht jeden aufklärerischen Ansatz in sein Gegenteil.

    Vielleicht war es die Absicht Pamuks, durch den Beweis der Austauschbarkeit von Kulturen und Personen deren Gleichwertigkeit zu beweisen und so einen Grund für ein friedliches Zusammenleben zu geben? Dann hat er gründlich falsch gedacht, denn kulturelle Unterschiede und Defizite kann man nicht zerreden, man kann sie nur aufklären und aufarbeiten. Ohne Aufklärung kann es kein friedliches Miteinander geben.

    Es ist erschütternd mit anzusehen, wie Pamuk die Einzigartigkeit und Individualität der beiden Protagonisten demontiert und die Erkenntnis ihrer Austauschbarkeit preist. Solcher Geist eignet einer Tyrannei, nicht einer freien Gesinnung. Völlig unakzeptabel auch, dass Pamuk die beiden Charaktere losgelöst von ihrem jeweiligen kulturellen Kontext diskutiert. Dass bestimmte Weltanschauungen bestimmte Charaktere hervorbringen, geht bei ihm völlig unter. Überhaupt kommen die Themen Kultur und Religion nur ganz am Rande vor. Islam und Christentum sind bei Pamuk zu zwei anonymen Kulturen X und Y reduziert. Das ist bedauerlich, weil Pamuk sich so vor Antworten auf die spezifischen Probleme von Christentum und Islam drückt. Schlimmer noch: Er suggeriert, als gäbe es solche Probleme überhaupt nicht, als seien Christentum und Islam letztlich unterschiedslos und austauschbar wie seine beiden Protagonisten.

    Wenn das Stück eine lehrreiche Parabel auf die Gegenwart hätte sein sollen, dann hätte der Westen zudem nicht auf das Christentum reduziert werden dürfen. Dem allgemein verbreiteten Irrtum, dem Islam stünde mit dem Westen letztlich das Christentum gegenüber, hätte entschieden entgegengewirkt werden müssen. Der Westen definiert sich vor allem über Aufklärung, Demokratie und Philosophie, nicht über Religion. Doch die griechische Philosophie, die Urquelle des westlichen Geistes, findet in Pamuks Werk nur als ein unnützes Gedankenspiel für „neunmalkluge Narren“ (sic!) seinen Platz (S. 197 f.).

    Bezeichnend auch, dass als einzige Errungenschaften der westlichen Welt technische und naturwissenschaftliche Erkenntnisse angesprochen werden. Politische, gesellschaftliche und soziale Errungenschaften bleiben mit einer erschreckenden Systematik unerwähnt, um nicht zu sagen: verschwiegen.

    Pamuk pflegt einen sehr langsamen Schreibstil. Selten plätschert eine Geschichte so zäh und mühsam vor den Augen des Lesers dahin. Es treten einem beim Lesen förmlich die Schweißperlen der schwülen Mittagshitze eines Serails aufs Gesicht. Man mag es kaum glauben, dass dies nur ein dünnes Taschenbuch sein soll, es zieht sich endlos. Auch atmosphärisch hat sich Pamuk also in der schwülen Enge eines kleinen Geistes verfangen.

    Fazit

    Welcher Teufel Orhan Pamuk auch immer geritten haben mag: Für dieses Machwerk hat er seinen Nobelpreis jedenfalls nicht verdient. Wenn alle seine Werke diesem Schema folgen sollten, dann überhaupt nicht, dann hätte das Nobel-Komitee wieder einmal einen seiner bekannten Fehlgriffe getan.

    Bewertung: 1 von 5 Sternen.

    (Erstveröffentlichung auf Amazon am 13. Mai 2008; dort offenbar verschwunden)

    Edith Wharton: The House of Mirth (1905)

    Drama eines erwachenden Menschen in einer kalten, langweiligen Gesellschaft

    Oberflächlich betrachtet ist dieser Roman ein feministisches Buch, in dem eine Frau daran zugrunde geht, dass Frauen in der Welt von 1900 nur durch Männer an Geld kommen. Doch diese Betrachtungsweise greift entschieden zu kurz. In diesem Roman sind auch Frauen Täter und Männer Opfer, wie explizit gesagt wird. Und die besondere Konstellation der Protagonistin ist ein zeitloses Problem: Ein Mensch wird durch seine Eltern auf ein bestimmtes Gleis gesetzt, doch nach und nach bemerkt dieser Mensch, dass der für ihn vorgesehene Weg falsch und für ihn nicht gangbar ist.

    Der Roman spielt im New York um 1900, und es geht um die Gesellschaft des Geldadels von New York. Die High Society trifft sich mal auf diesem, mal auf jenem Landsitz, oder fährt mit der eigenen Jacht nach Monte Carlo. Wer eingeladen ist, ist dabei, und die schöne und intelligente Lily Bart ist ständig eingeladen. Ohne eigenes Vermögen wurde sie von ihrer Mutter auf das Lebensziel hin erzogen, einen Millionär zu heiraten. Doch Lily schreckt immer im letzten Moment zurück. Sie kann es nicht. Sie liebt diese Männer nicht. In Lawrence Selden hat sie einen Komplizen, der die Gesellschaft durchschaut hat. Sie hat Gefühle für ihn. Doch er ist kein Millionär. Und er respektiert ihre Ziele.

    Weil sie dauerhaft keinen Mann findet, beginnt Lily Bart „Fehler“ zu machen und sich in dem Haifischbecken dieser „feinen“ Gesellschaft aus Intrigen, Ansprüchen, Neid, Begehrlichkeiten und übler Nachrede zu verlieren. Männer, die ihr finanziell aushelfen, erwarten Gegenleistungen, die sie nicht erbringen will, was sie in Schulden stürzt. Frauen, die sie zur Ablenkung ihrer Männer benutzen, machen sie hinterher zum Sündenbock, was zu ihrer Ausladung aus der Gesellschaft führt. Lily beginnt, die soziale Leiter herabzusteigen, bis zu Armut und Elend. Dabei erkennt sie immer mehr, welchen gedankenlosen Irrtümern sie als Mitglied der High Society unterlegen war.

    Lily erhält zwar Hilfe von Freunden, doch es fällt ihr schwer zu erkennen, dass das für sie vorgesehene Lebensziel falsch war. Die Liebe zwischen Lily und Selden kommt bis zuletzt nicht zum Durchbruch, bis es zu spät ist.

    Das Buch ist in einer sehr schönen Sprache geschrieben und enthält zahlreiche Dialoge und Situationen, die grundlegende Einsichten mit Esprit gestalten, und zum Merken und Wiederlesen einladen. Es gibt zwar einige Zufälle in diesem Buch, die allzu zufällig sind, aber um der Parabel willen, die das Buch ja sein soll, kann man sich das gefallen lassen. Teilweise werden die Ursachen dafür, dass jemand gesellschaftlich in Ungnade fällt, nur angedeutet, was das Verständnis manchmal etwas erschwert; es ist wirklich eine „hochfeine“ Gesellschaft. Aber allein um einen Einblick in diese Gesellschaft zu erhalten, ist der Roman absolut lesenswert, der sie in allen Details und allen ihren Funktionen und Fehlern beschreibt. Überhaupt handelt es sich um ein wohlkonstruiertes Stück Literatur, ein Drama von antiker Qualität, ein Meisterwerk eigener Art.

    Bewertung: 5 von 5 Sternen.

    (Erstveröffentlichung auf Amazon am 18. September 2019)

    Arthur Conan Doyle: Die Maracot-Tiefe (1927-1929)

    Genre-prägende Verarbeitung des Atlantis-Themas

    Wir kennen Sir Arthur Conan Doyle als den Schöpfer des berühmten Meisterdetektivs Sherlock Holmes. Hier jedoch könnte man meinen, einen der klassischen Science-Fiction-Romane von Jules Verne in Händen zu halten: Ein international besetztes Team von Wissenschaftlern taucht in die tiefsten Tiefen des Meeres hinab, und erlebt dort Abenteuer, deren Grundlage ein intelligentes Ausphantasieren des damaligen Standes der Wissenschaft ist. Der Grundton ist optimistisch, sowohl was die internationale Zusammenarbeit der Wissenschaftler anbelangt, als auch was den Fortschritt der Wissenschaft und der Aufklärung anbelangt. Es ist eine Lust, das zu lesen.

    Die Genialität und Kreativität, mit der hier das Atlantis-Thema verarbeitet wurde, war offenbar so eindrucksvoll, dass sich eine ganz neue Perspektive auf das Atlantis-Thema ausgeprägt hat, die seitdem in immer neuen Variationen wiederkehrt. Die Merkmale dieser Perspektive auf das Atlantis-Thema sind:

    • Atlantis existierte vor 12000 Jahren. Damals hatte Atlantis einen „bösen“ Herrscher, durch den es unterging.
    • Es gab aber auch dessen „guten“ Gegenspieler, der ein Fortleben der Atlanter unter Wasser durch seine Genialität ermöglichte.
    • Das wurde ermöglicht durch eine Technik, die fortschrittlicher ist als die Technik der Gegenwart (Atomspaltung, Gedankenkino), bzw. durch übernatürliche Kräfte, Kristalle usw.
    • Wiedergeburt und Erinnerung an ein früheres Leben spielen eine Rolle. Ebenso Unsterblichkeit oder Weiterleben als Geistwesen, das inspiriert.
    • Irgendwann (nach langen geologischen Zeiträumen) wird Atlantis wieder auftauchen.
    • Wissenschaftler werden nach Atlantis verschlagen und begegnen auf dem Weg dorthin einem Ungeheuer der Tiefsee.
    • In Atlantis werden sie mit archaischen Sitten konfrontiert (Sklaverei, Tötung von Mischlingen).
    • Erneut muss der Kampf Gut gegen Böse bestanden werden.
    • Der Kampf wird mit übernatürlichen Kräften geführt, die u.a. durch List besiegt werden müssen.
    • Je nach Ausgang bleibt Atlantis bestehen oder geht unter.
    • Am Ende gelingt den Wissenschaftlern die Rückkehr in unsere Welt.

    Die Motive wurden z.B. aufgegriffen in Walt Disney Comics, in denen die Atlanter im Laufe der Zeit zudem Fischschwänze entwickelt haben, oder der Walt Disney Zeichentrick-Film „Atlantis: The Lost Empire“ von 2001. Ein Atlantis, das unter Wasser fortbesteht, über hohe Technologie verfügt und eines Tages wieder auftauchen wird, ist auch zu einer typischen Vorstellung eines pseudowissenschaftlichen Atlantis geworden. Die fortentwickelte Technik taucht allerdings schon in Francis Bacons „New Atlantis“ auf und wurde hier von Sir Arthur Conan Doyle offenbar erneut literarisch verarbeitet.

    Alles in allem ist die „Maracot Deep“ ein geniales Stück Literatur, das jeder Atlantis-Interessierte und Jules-Verne-Fan gelesen haben sollte, dessen Science-Fiction-Charakter aber immer klar sein sollte.

    PS: Zum genauen Ort der Maracot Deep: Auf der einen Seite spricht der Roman wiederholt von einem Ort 27N28W, auf der anderen Seite spricht er wiederholt von einem Ort 200 Meilen südwestlich der Kanaren. Das passt nicht zusammen, denn 27N28W liegt ca. 650 Meilen westlich der Kanaren. Beide Orte zeigen keinerlei bemerkenswerte Vertiefung im Meeresboden. Es ist also alles Fiktion.

    Bewertung: 5 von 5 Sternen.

    (Erstveröffentlichung auf Amazon am 15. Januar 2017)

    Marc-Antoine Mathieu: Gott höchstselbst (2009)

    Gelungene Groteske über Gottes Besuch auf Erden

    In „Gott höchstselbst“ spielt Marc-Antoine Mathieu den Gedanken durch, was wohl wäre, wenn Gott sich (nach höchst traditioneller Vorstellung) als alter Mann mit langem Bart auf Erden blicken lassen würde. Der Cartoon spießt nicht nur die theologischen bzw. philosophischen Probleme dieser Absurdität gekonnt auf, sondern entlarvt anhand der Reaktionen der Menschen auf das Ereignis deren allzu menschliche Menschlichkeit. Eingebaut ist auch eine subtile Reminiszenz an die Episode mit dem Computer Deep Thought und der Antwort „42“ auf die Frage nach dem Universum, dem Leben und überhaupt allem in „The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy“ von Douglas Adams.

    Die Zeichnungen sind ästhetisch ansprechend und nicht überladen, wechseln häufig in origineller Weise die Perspektive des Betrachters, und beleben die Story durch überraschende Übergänge.

    Leider kann dieser Cartoon keine Lösung für die aufgeworfenen Fragen anbieten. Die großen (bekannten) Fragen werden zwar alle angerissen, aber nirgendwo wirklich weitergeführt. Damit bleibt am Ende nur die Groteske in der Erinnerung des Lesers zurück. Das ist ein wenig schade. Die Groteske ist aber gelungen. Wer sich noch nicht allzu sehr mit den Fragen rund um Gott befasst hat, könnte es auch als Anregung und Einstieg in weiteres Nachdenken begreifen.

    Bewertung: 4 von 5 Sternen.

    (Erstveröffentlichung auf Amazon am 15. April 2019)

    Peter Prange: Der letzte Harem (2007)

    Übergang der Türkei vom Sultanat zur Republik mit Mord an den Armeniern

    Historischer Hintergrund für diesen Roman ist das Ende des Sultanats in der Türkei, die Machtübernahme europäisch orientierter Kräfte, der Erste Weltkrieg und der Massenmord an den Armeniern, unter Anwesenheit von deutschen Verbündeten.

    Das alles wird geschildert aus der Perspektive von zwei Frauen, die in den Harem des Sultans verschleppt werden, dort Karriere machen, und dann am Ende der Monarchie ihren eigenen Weg ins Leben finden müssen. Verstrickt darin ist ein fortschrittlicher türkischer Offizier und ein deutscher Mediziner. Das Ende des Romans ist teils melancholisch, teils sehr erfreulich.

    Die literarische Qualität ist – wie so oft bei Peter Prange – gehobenes Mittelmaß und schöner Schmalz, der mehr sein könnte, aber leider nicht mehr ist. Worauf es aber wirklich ankommt bei diesem Historienroman ist in der Tat der historische Hintergrund, der durch die Handlung auch tatsächlich gut verlebendigt wird. Gerade deshalb ein lesenswertes Buch!

    Bewertung: 4 von 5 Sternen.

    (Erstveröffentlichung auf Amazon am 21. Januar 2015)

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