Tradition vs. Fortschritt: Ernst Jüngers Lamoryanz ohne Synthese

Das Büchlein „Am Sarazenenturm“ von Ernst Jünger gibt ähnlich wie die „Italienische Reise“ von Goethe einen unmittelbaren Einblick in das Denken des Autors, denn es ist ein Tagebuch. Darin werden viele kleine Beobachtungen aus dem Urlaub in einem verschlafenen Nest auf Sardinien festgehalten. Immer wieder verdichten sich die Gedanken zu einer bemerkenswerten These. Und die Lebenserfahrung von Ernst Jünger fließt ein. Es ist sehr lesenswert. Geistige Entspannung im Urlaub auf hohem Niveau.

Im Zentrum von Jüngers Denken steht hier die Beobachtung einer von der Moderne noch weitgehend unverfälschten Lebensweise von Hirten und Fischern, und die ständig dräuende Vorahnung, dass die Moderne dieses idyllische Leben schon bald zerstören wird. Wer vom Wert der Tradition und der Vormoderne erfahren möchte, wird hier reichlich mit Gedankensplittern bedient.

Aber leider fehlt das Entscheidende: Der Versuch einer Lösung des Problems. Denn wie auch Ernst Jünger an wenigen Stellen einsieht, ist der Fortschritt nicht aufzuhalten. Es geht also darum, ihn so zu gestalten, dass eine vernünftige Synthese von Tradition und Fortschritt entsteht. Dazu hat Jünger aber praktisch nichts zu sagen. Und das ist ein Problem.

Bewertung: 3 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 09. März 2017)