Schlagwort: Promiskuität

Ronald B. Schill: Der Provokateur – Autobiographie (2014)

Tapferer Einzelkämpfer scheiterte an linksliberalen Eliten und „Parteifreunden“

Dieses Buch wurde anlässlich Ronald B. Schills Aufenthalt in einem Fernsehcontainer über zehn Jahre nach seinem politischen Engagement geschrieben. Obwohl dieses Buch – offenbar im Hinblick auch auf ein wenig anspruchsvolles Publikum – in einfacher Sprache geschrieben wurde und teilweise auf Provokation getrimmt ist, ist es doch sehr lesenswert.

Ronald B. Schill beschreibt, wie er als Richter die linksliberalen Missstände in Politik, Justiz und Medien hautnah erlebte. Wie er dagegen vorging. Wie die Medien ihn zu Unrecht verleumdeten. Dass Schill damals tatsächlich kein Kokain nahm. Wie er Reden vor CDU-Ortsverbänden hielt und schrittweise in die Rolle des Politikers rutschte, und schließlich die Gelegenheit ergriff, etwas zu verändern.

Wir lesen von den typischen Problemen beim Aufbau einer Partei: In der AfD ist es heute genau dasselbe. Wir erfahren von der Verfilzung von SPD-Parteimitgliedern in Ministerien und Behörden, und wie sich die Bundesländer gegenseitig in Reformen blockieren: Hätte Schill die Farbe Blau für die Polizei nicht im Alleingang durchgesetzt, gäbe es sie bis heute nicht.

Wir erfahren die Gründe für Ronald B. Schills Scheitern: Schill war als Person ganz auf Hamburg eingestellt, dies war seine Welt. Die Ausdehnung auf die Bundestagswahl wurde ihm von der eigenen Parteibasis aufgezwungen und war eine Überdehnung. Schill fand auch keine Überläufer aus der Elite, die ihn unterstützt hätten, und allein war er auf Dauer chancenlos. Einzig das SPD-Mitglied Walter Wellinghausen sprang ihm als Anwalt und rechte Hand bei. Eigene „Parteifreunde“ verschworen sich schließlich mit Beust gegen ihn. Nachdem die Medien ihn auch nach überstandener Kokain-Verleumdung nicht in Ruhe ließen, habe Schill begriffen, dass er nur scheitern kann, und habe von da an seinen politischen Tod gesucht – schreibt er.

Wir erfahren, dass Schill das Narkosegas aus Russland wollte, um darauf aufbauend etwas besseres zu entwickeln, und wie die Medien die russische Führung wegen des Einsatzes dieses Gases verurteilten, aber bald darauf nicht in vergleichbarer Weise kritisierten, als bei einer weiteren Massengeiselnahme von Schulkindern kein Narkosegas einsetzt wurde und eine viel größere Zahl von Geiseln, wohlgemerkt: Schulkinder, ums Leben kam. Wir denken noch einmal an Schills großartige Weigerung, einen Staatskirchenvertrag mit der evangelischen Kirche zu schließen, der den häufig nichtchristlichen Steuerzahler weitere Unsummen gekostet hätte.

Wir erleben noch einmal mit, wie Schill im Bundestag am 29. August 2002 von den herrschenden Eliten auf verfassungswidrige Weise das Wort abgeschnitten wurde, und wie Beust ihn daran hinderte, eine legitime Verfassungsklage dagegen einzureichen. Schill nennt seine Rede im Bundestag selbst Skandalrede, aber nicht wegen dem abgeschnittenen Wort, sondern weil er sie bewusst provokativ angelegt haben will. Aber eigentlich war die Rede nur wahr – wo Missstände sind, ist die schlichte Wahrheit provokativ. Schließlich hat Ronald B. Schill ungewollt die Kanzlerschaft von Edmund Stoiber verhindert. Die 0,8% überzeugten Schillwähler bei der Bundestagswahl haben das bewirkt. Schill mag es damals nicht gewollt haben, im Rückblick war es aber dennoch ein Erfolg, ein Schlag gegen das eingefahrene Establishment, zu dem Stoiber fest dazu gehörte, wie man spätestens heute weiß.

Schill stellt manches anders dar, als es war

Die Springerpresse, die in Hamburg auch lokal vertreten ist, hatte Schill nämlich zunächst gestützt! Immer wenn andere Medien Vorwürfe brachten, brachte die Springerpresse eine Verteidigung. Ungefähr zwei Wochen vor Schills Sturz jedoch schaltete sie um und griff Schill an, so sagt es jedenfalls die Erinnerung des Rezensenten. Schill selbst hingegen schreibt, Beust hätte schon seit der Bundestagsrede nach einer Gelegenheit für seinen Sturz gesucht. Von einer guten Kooperation mit der Springerpresse schreibt Schill nur ganz kurz im Zusammenhang mit seiner Zeit als Richter.

Gestürzt ist Ronald B. Schill, als Beust ihm seine „rechte Hand“ Wellinghausen wegen einer Lappalie wegnehmen wollte. Der Tipp dazu kam angeblich von der CSU, die wegen der verpassten Kanzlerschaft Rache üben wollte. Schill reagierte damit, Beust vorzuhalten, dass auch er eine „Spezlwirtschaft“ am Laufen hatte (nämlich mit Roger Kusch). Doch Schill betont seltsamerweise nicht den großen Unterschied zwischen einem politischen Unterdrucksetzen wegen einer Spezlwirtschaft (die zufälligerweise eine schwule Spezlwirtschaft ist), und einem politischen Unterdrucksetzen gezielt wegen Homosexualität. Ersteres ist völlig legitim und gehört zum politischen Geschäft. Schill lässt aber den Eindruck bestehen, als habe er Beust damit erpresst, ihn als schwul zu outen. Das war aber nicht der Fall. Beust hat sich schließlich ohne Not selbst geoutet. Um Homosexualität ging es in Wahrheit gar nicht, auch wenn heute alle Medien dies so darstellen, und auch wenn sich ein katholischer Bischof aus Hamburg heuchlerisch gegen Schill stellte, um seine Kirche auf Kosten von Schill als „moderne“ Kirche zu profilieren. Warum Schill das hier nicht klarstellt, bleibt unklar.

Unklar ist auch, warum Schill seine Reaktion auf das Abschneiden seines Wortes im Bundestag selbst als „cholerisch“ bezeichnet. Er hatte dort recht besonnen reagiert, wenn man bedenkt, dass gerade die Verfassung gebrochen wurde. – Schließlich meint Schill, „sein Schwanz“ hätte ihn politisch am Ende zu Fall gebracht. Das ist grober Unfug. Was ihn politisch zu Fall brachte, sind ganz andere Dinge, siehe oben. Schill zeichnet in Teilen ein Zerrbild dessen, was war, und dieses Zerrbild ist nicht immer zu seinen eigenen Gunsten. Warum Schill das tut, bleibt unklar.

Schills unmoralischer Lebenswandel

Tatsächlich schildert Ronald B. Schill ein recht ungehemmtes Sexualleben mit ständig wechselnden Partnern, Ehebruch und Partnertausch. Zudem habe er schon immer die Droge Tavor genommen, um in kritischen Situationen konzentriert zu sein. Das alles ist natürlich unmoralisch. Aber es ist auch seine Privatsache.

Vor allem zeigt es auch, dass Schill eben kein „Ewiggestriger“ war, sondern ein sehr moderner Mensch, im Grunde fast ein „linker“ Mensch, der allerdings begriffen hatte, dass einige Dinge so nicht weiterlaufen können in diesem Staat. Bereits beim Kokainverdacht war klar, dass dieser gut erfunden ist, wenn es auch nicht wahr war.

Nebenbei bekommt man über Schills Eskapaden auch mit, wie es in „höheren“ Kreisen der Gesellschaft bisweilen so zugeht. Man möchte nicht dazugehören. Auch Beust soll es nicht minder wild getrieben haben, doch über dessen Privatleben berichteten die Medien nie.

Schluss

Ronald B. Schill steht für das erste Aufbäumen gegen die immer größer werdenden Missstände und Verfilzungen in Deutschland. Ronald B. Schill trieb die verfilzte Elite vor sich her, so dass diese sogar offenen Verfassungsbruch beging, um ihn und seine Wähler zu stoppen und von der legitimen demokratischen Teilhabe auszuschließen. Ronald B. Schills Name ist auf ewig mit der Ehre verbunden, für Demokratie, Rechtsstaat und das Gemeinwohl Schande, Verleumdung und soziale Ächtung nicht gescheut zu haben.

Gegen alle Verleumdungen, die bis heute darauf abzielen, ihn und seine Politik lächerlich zu machen, steht sein Werk unvergessen wie ein Fels in der Brandung, ein Mahnmal für Kommende. Denn auch das ist wahr: Mit seiner Parteigründung hat Schill den ersten Schritt dazu getan, die Opposition in Deutschland zu organisieren. Mitglieder der Schillpartei gingen später auch zur (kläglich an sich selbst scheiternden) „Freiheit“ und zur AfD. (PS 25.05.2018: die inzwischen auch kläglich an sich selbst gescheitert und zur rechtsradikalen Partei geworden ist.)

Bewertung: 4 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 26. September 2014)

Stephen Vizinczey: Wie ich lernte, die Frauen zu lieben (1966)

Ungewollte Satire: Egomanischer Womanizer verwechselt Erotik mit Liebe

In seinem halbautobiographischen Roman „Wie ich lernte, die Frauen zu lieben“ (Originaltitel: „In Praise of Older Women“) beschreibt Stephen Vizinczey, wie ein Jugendlicher die „Geheimnisse“ der „Liebe“ lernt und dann als Erwachsener reihenweise Frauen von verschiedenstem Charakter „liebt“. Dabei wird in Tat und Theorie der „Liebe“ so dick aufgetragen, dass man manchmal meint, es handele sich um eine Satire. Doch es ist keine Satire, der satirische Effekt schwingt ungewollt mit und wird nirgends vom Autor aufgegriffen und zu echter Satire gemacht. Das Buch wird auch nicht als Satire verstanden. Es gilt als „Meisterwerk“ und „moderner Klassiker“, gewann Preise und wurde verfilmt, und ist bis heute ein internationaler Bestseller. Ein gewisser Arno Widmann nannte es laut Cover sogar „eines der weisesten Bücher der Weltliteratur“. Nun ja. Damit ist es eine ungewollte Satire auf einen egomanischen Womanizer, der sich für aufgeklärt, frauenfreundlich und erfahren in der „Liebe“ hält, ohne zu erkennen, wie er an der Liebe und den Menschen vorbei lebt.

Nur Erotik statt Liebe

Der Autor (oder sein Protagonist Andras Vajda) verwechselt systematisch Liebe mit Erotik. Nichts gegen erotische Anziehung! Und nichts gegen die Gabe, „mit Frauen umgehen“ zu können. Und auch keine grundsätzlichen Bedenken gegen Sex ohne formale eheliche Bande. – Aber eine erotische Zuneigung ist nun einmal noch keine Liebe, auch wenn das Wort „Liebe“ ständig dafür benutzt wird. Eine erotische Beziehung ist, wie das Buch korrekt wiedergibt, eine oft recht kurze und erstaunlich umstandslos wieder beendete Beziehung. Die Beziehungen in diesem Buch werden denn auch auf einer rein emotionalen Ebene geschlossen, eben der erotischen Ebene. Wie das Buch korrekt wiedergibt, ist die Entscheidung für oder wider eine solche Beziehung oft schon gefallen, bevor das erste Wort zwischen den Partnern gesprochen ist. Mehrfach heißt es, der Protagonist habe spontan „beschlossen“, mit einer Frau, die er gerade erst kennengelernt hat, zu schlafen. Sieht so Liebe aus? Es ist fast schon zum Lachen, wenn es heißt, der Protagonist habe die „Liebe“ im Bett gelernt (S. 236), und zum selben Ereignis: „Mit ihr war die Liebe eine Vereinigung, keine Selbstbefriedigung zweier Fremder im selben Bett“ (S. 97). Die Frau, in deren Bett der Protagonist die „Liebe“ als „Vereinigung“ lernte, war eine verheiratete Nachbarin, deutlich älter als er, sie machte sich nichts daraus, dass der Protagonist zwischendurch auch ihre Cousine flachlegte, und irgendwann später beendete sie die Beziehung abrupt und geschäftsmäßig, als sie einen anderen Liebhaber gefunden hatte. Später dann trifft der Protagonist auf eine frigide Frau, die sich über die Sexbesessenheit der Männer beklagt – und prompt ist der Protagonist ernsthaft gekränkt, als ihm bescheinigt wird, er sei nicht sexbesessen (S. 240 f.).

Moralisch verwirrt

Es ist leider nicht mehr zum lachen, wenn es ausgerechnet in bezug auf die Verkuppelung von US-Soldaten mit Flüchtlingsfrauen, die sich aus purer Not selbst prostituieren mussten, heißt: „Meine erste Erkenntis dank dieser abenteuerlichen Beschäftigung war, dass die meisten moralischen Ansichten über Sex keinerlei Bezug zur Wirklichkeit hatten.“ (S. 34) Ausgerechnet eine Notsituation dafür zu benutzen, die Maßstäbe der Moral zu bestimmen, ist höchst irrig – und geschmacklos. Warum eine dieser Flüchtlingsfrauen es strikt ablehnte, dass sich ihre 18jährige Tochter ebenfalls prostituierte, kann der Protagonist mit seiner beschränkten Weltsicht jedenfalls nicht erklären. Auch bietet er keine Erklärung dafür an, warum eine seiner Liebhaberinnen meinte: „wenn … meine Töchter von uns erfahren, bringe ich Dich um!“ (S. 296). Warum sollten denn die Töchter nichts von ihnen erfahren, wenn es doch moralisch unbedenklich ist? Auch bleibt völlig unverständlich, warum der Protagonist es für „sexistisch“ hält, wenn Medizinstudenten ihren Kommilitoninnen anbieten, sie von der „Krankheit der Jungfräulichkeit“ zu kurieren; völlig isoliert vom Rest des Buches wird plötzlich von – sic! – „Rücksicht“ auf Gefühle und – sic! – „moralische Prinzipien“ gesprochen. (S. 165 f.). Für eine solche Aussage bietet das Buch keine Grundlage, der Protagonist kommt hier in erhebliche Selbstwidersprüche. Auch liest man nichts darüber, warum die verschiedenen Freundinnen, die der Protagonist gleichzeitig hat, besser nichts voneinander erfahren dürfen (S. 288 ff.). Der Protagonist des Buches verschwendet keinen Gedanken daran, ob es klug und gut ist, in eine intakte Ehe einzubrechen; oder die verheiratete Mutter von Kindern zu „vögeln“; oder zwischendurch eben schnell die Cousine der derzeitigen Liebhaberin. Dass die Beziehungen zwischen Liebenden, zwischen Eltern und Kindern, auch zwischen Cousinen einen höheren Wert darstellen könnten, den für das kurze Vergnügen einer erotischen Beziehung zu opfern unklug und maßlos sein könnte, ist ein Gedanke, der in diesem Buch nicht vorkommt. Dass leichthin verletzte Gefühle auf dem Gebiet von Liebe und Sexualität zu ungeahnten Gefühlsdramen bis hin zu Mord und Totschlag führen könnten, ist dem Protagonisten fremd. Kurz, der Protagonist des Buches ist moralisch verwirrt.

Extremurteil über konservatives Denken

Dennoch ist der Protagonist unerschüttert in seinem Vorurteil über Konservative, und findet Bestätigung in der einzig konservativen Person, die ihm begegnet: Der tatsächlich dummen Cousine einer Liebhaberin, die sich ihm emotional überwunden hingibt, obwohl sie ihn auf rationaler Ebene für unmoralisch hält. Aber man hat nicht deshalb Recht, weil ein Vertreter der Gegenmeinung dümmer ist als man selbst. Schließlich begeht der Protagonist Ehebruch mit einer Frau, die emotional stark hin und her schwankt, ob sie dies zum ersten Mal in ihrem Leben tun sollte, und erklärt hinterher eiskalt zu ihren Bedenken: „Verstehe. Du glaubst zwar nicht mehr an Sünde, aber der Gedanke daran macht dir trotzdem zu schaffen, sozusagen aus Gewohnheit.“ (S. 284) – Wie wenn Moral und Gewissen restlos verschwinden würden und keine Begründung mehr hätten, wenn der christliche Glaube geschwunden ist! Um so zu denken muss man schon sehr dumm sein. Eine innere, wahrhaft liebende Beziehung zwischen Partnern, aufgrund von geteilten Lebenserfahrungen, Interessen, Weltanschauungen, gemeinsamen Kindern, politischen Zielen oder was immer sonst einen Menschen tief im Inneren antreibt, gibt es nach Meinung des Protagonisten offenbar nicht, sondern ist seiner Meinung nach wohl eine Illusion von Stockkonservativen, die er einfach für dumm und unaufgeklärt hält, wie die besagte Cousine. Einzig zugute halten möchte man dem Protagonisten, dass Konservative damals noch „strenger“ und eine Ehe damals noch „fesselnder“ war als heute, aber viel Verständnis und Nachsicht lässt sich aus diesen Umständen für die grundlegenden Irrtümer nicht ableiten.

Oberflächlicher Charakter

Der ganze Lebenssinn wird in diesem Buch auf einen guten Fick mit wem auch immer reduziert. Sogar die Selbstbefriedigung wird präzise deshalb gegeißelt, weil man statt dessen doch lieber mit irgend einer Frau geschlafen hätte, welche ist dabei nicht so wichtig. Der Protagonist kommt nicht auf die Idee, eine Liebesbeziehung anzustreben, in der er sich selbst als diejenige Person angenommen fühlen kann, die er ganz allein ist. Der tiefere Grund dafür könnte sein, dass der Protagonist ein 08/15-Mensch ist, ein austauschbarer, oberflächlicher Charakter, der sich natürlich leicht damit tut, sich mit anderen austauschbaren Charakteren auszutauschen (oder mit tieferen Charakteren, falls diese vorübergehend keine Tiefe wünschen). Ein austauschbarer Charakter also, der gar keine tiefere Beziehung zu einem anderen Menschen aufbauen kann, weil er keine eigene Tiefe hat, und der auch kein Bedürfnis nach einem „inneren Kreis“ von Vertrautheit hat, weil er in seiner Austauschbarkeit und Oberflächlichkeit kein Bedürfnis nach Schutz von etwas Eigenem vor dem öffentlichen Schwachsinn hat. Der öffentliche Schwachsinn gilt einem solchen Menschen vielmehr als das Richtige, Normale und Gute; das ist seine Ebene, auf der er sich mit anderen trifft. Und hier hat auch das Leitthema des Buches seinen Platz: Die Erfahrung des Protagonisten, dass er mit gleichaltrigen jungen Mädchen nichts anfangen konnte, weil diese zickig sind, weshalb er auf ältere Frauen auswich. Kann man nicht wenigstens das nachempfinden? Nein. Denn auch unter den Gleichaltrigen gibt es immer Einzelne, die schon als junge Menschen vernünftig sind – aber das sind eben die mit Charakter. Dass die oberflächlichen Zicken erst im mittleren Alter genießbar werden, das will man gerne glauben, aber damit verrät sich der Protagonist in seiner Oberflächlichkeit einmal mehr selbst. Die Maxime der Philosophie, sich selbst zu erkennen, verwirft er denn auch, weil er darüber nur gemeiner und dümmer werden würde, wie er selbst sagt (S. 236). Vielleicht wird er dadurch aber gar nicht gemeiner und dümmer, sondern erkennt nur, dass er eben dieses ist?

Ungarn

Nebenbei wird auch noch ein wenig über die Geschichte Ungarns und das Schicksal der Flüchtlinge von 1956 erzählt. Das ist fast noch das wertvollste an diesem Buch, aber es ist nicht eben viel.

Fazit

Für viele Menschen, die sich für gebildet und aufgeklärt halten, ohne dass sie es sind, scheint dieses Buch ein Ideal von sexueller Freizügigkeit zu repräsentieren; in Wahrheit ist es jedoch eine ungewollte Satire auf maßlose sexuelle Enthemmung. Leider sind die meisten Menschen entweder maßlos enthemmt oder maßlos verklemmt, und feiern damit in ihren jeweiligen Milieus Erfolge – nur wenige sind klug und maßvoll, und müssen damit auf der Hut sein, um nicht unter die Räder der kleinen und großen Meinungsführer zu geraten, die es überall gibt. Kurz: Ein schlechtes Buch.

Bewertung: 1 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon mit einigen sprachlichen Glättungen am 18. März 2013)