Schlagwort: Rationalität (Seite 1 von 5)

Hans Ulrich Gumbrecht: Die Macht der Philologie (2003)

Völlig am Ziel vorbei geredet

Wenn man von der „Macht der Philologie“ hört, dann denkt man an die große Bedeutung, die die richtige Interpretation alter (und neuer) Texte für die Gegenwart hat, insbesondere für Humanismus und Aufklärung. Man denkt an die historisch-kritische Methode, an Historisierung, korrekte Einordnung vergangener Zeiten, Korrekturen von bedeutsamen Schreibfehlern, oder die Wiedergewinnung bedeutender Texte. Und man denkt auch an die große Aufgabe, dies nun alles auch für den Koran und andere islamische Grundlagentexte durchzuführen, ohne Rücksicht auf die allzu Rücksichtsvollen.

Enttäuschte Erwartungshaltung

Aber in diesem Buch wird unter „Macht“ etwas anderes verstanden. Der Autor versteht unter „Macht“ die Ergriffenheit des Philologen während seiner philologischen Tätigkeit, bzw. den fast schon körperlichen (An-)Trieb, sich philologisch zu betätigen. Sozusagen den Eros der Philologie. Letztlich ist „Macht“ hier natürlich eine unpassende Wortbildung, weil das Wort „Macht“ üblicherweise so nicht gebraucht wird.

Und leider wird die Ausführung dieses Ansatzes den Erwartungen nicht gerecht. Man hätte sich gewünscht, von Platon und der intrinsischen Motivation des Philosophen zu hören, sich für die Gemeinschaft einzusetzen, statt sich zurückzuziehen, oder von der Motivation der Stoiker versus der Demotivation der Epikureer, oder von Platons Mythen, die auch das Ziel verfolgen, die Rationalität emotional zu unterstützen. Oder ganz modisch: Von Schamanen und ihren Beschwörungen, von der Verschmelzung von Subjekt und Objekt, von Sigmund Freud und seinen zwei Antrieben Eros und Tod. Zum Beispiel.

Statt dessen: Langweilige Betrachtungen von Walter Benjamin über Wolken, die über das Heidelberger Schloss ziehen. Und vieles andere „gelehrige Geschwätz“. Durchaus nicht falsch. Aber immer am Punkt vorbei. Eine lange Kette von mühsamen Assoziationen, an deren Ende man sich fragt, was man jetzt eigentlich gelernt hat. Nutzlos in diesem Sinne wie die „Dialektik der Aufklärung“. Die einzelne Denkfigur kann nützen, wenn der Leser sie aus ihrem morastigen Zusammenhang befreit und selbst durch Klarheit zu neuem, besserem Leben erweckt.

Kein überzeugendes Buch. Habe es nach zwei Fünfteln abbrechen wollen –
– Habe es dann aber doch zu Ende gelesen. Man lernt so dies und das. Und bekommt diesen oder jenen Einblick. Aber eher im Sinne von Wissenschaftsgeschichte. Nicht im Sinne von Wissenschaft selbst.

Nach dem ersten Kapitel hört man dann nicht mehr viel von der „Macht“ der Philologie, und die Überlegungen geraten in das Fahrwasser von üblichen philologischen Überlegungen. Vieles ist „g’schwoll’nes G’schwätz“, das dem Leser gegenüber offenbar bewusst einen klaren und unzweideutigen Zugang zum Verständnis des Textes verstellt. Man kann streckenweise nur raten, was das Buch wohl meint. Am Ende zeigt sich oft, dass man dasselbe auch wesentlich klarer und einfacher hätte formulieren können. An so einem ärgerlichen Text möchte man nicht „scheitern“. So weit kommt’s noch …

Gegen Ende kommt das Buch wieder auf die Ergriffenheit, auf die „Macht“ der Philologie zurück, von der bisher nur im ersten Kapitel die Rede war. Das Erlebnis der Konfrontation mit einer komplexen zu lösenden Aufgabe, für deren Lösung man nicht unter Zeitdruck steht, wird als das Erlebnis bezeichnet, was die Faszination der Philologie ausmache. Das ist aber in mehrfacher Hinsicht fragwürdig. Diese Faszination kann man auch beim Schachspiel erleben, in einem schwierigen Stellungsspiel, ohne Schachuhr. Ja, das ist auch eine Faszination. Aber es ist nicht die Faszination der Philologie.

Die wahre Macht der Philologie

Aus irgendwelchen Gründen redet das Buch völlig am Kern der Sache vorbei. Die Faszination der Philologie besteht natürlich darin, dass die alten Texte elementare Einsichten über das Menschsein enthalten, die jeden betreffen und berühren. Deshalb u.a. haben sich diese alten Texte schließlich auch erhalten, und andere Texte nicht. Die Apologie des Sokrates hatte offenbar mehr Menschen zu allen Zeiten etwas zu sagen, als religiöse Hymnen oder technische Anleitungen, die verloren gegangen sind. Eine zweite Betroffenheit als Mensch ergibt sich aus der Erkenntnis, dass alte Texte über geistesgeschichtliche Entwicklungen Auskunft geben, die unser Denken bis heute prägen, ohne dass wir uns dessen bewusst sind – und dass wir uns dessen nur bewusst werden und dadurch freier und verständiger werden können, wenn wir die alten Texte kennen. Hüter und Pfleger dieses wertvollen Erbes der Menschheit zu sein, das ist die faszinierende Aufgabe der Philologie. Dies ist die Faszination der Philologie, dies ist der Zauber, der von ihr ausgeht, dies ist die Ergriffenheit dessen, der mit alten Texten arbeitet.

Das gilt auch für zunächst unwichtig erscheinende Texte, denn man weiß nie, zu welchen Schlussfolgerungen sie führen können. Es ist ein komplexes, nie endendes Puzzlespiel, das ist richtig. Der Philologe ist Gralshüter und Schatzsucher zugleich. Auf dem Weg zum Schatz sind natürlich – Dan Brown lässt grüßen – einige faszinierende Rätsel zu lösen, aber das eigentlich faszinierende ist der Schatz. Der Weg ist nicht das Ziel.

Wilamowitz-Moellendorff ist da mit seiner Erkenntis der Pflichtethik aus dem humanistischen Menschenbild heraus erheblich näher am Thema dran als das Buch. Ein authentisches Verständnis von Pflicht, nicht als blinder Gehorsam, sondern als innerer Antrieb, das zu tun, was einem als Mensch zu tun zukommt, ein solches authentisches Verständnis von Pflicht kann z.B. aus alten Texten gewonnen werden, und den, der es begreift, ergreift es. Pflicht eben. Von dieser Ergriffenheit ist in diesem Buch aber nicht die Rede.

Demotivierender Defätismus

Statt dessen finden wir die völlig unverständliche Auffassung, dass niemand mehr an den Nutzen der Geisteswissenschaften glaube, und dass alle Versuche, einen Nutzen zu begründen, gewissermaßen unästhetisch seien. Unästhetisch? Wo doch das Schöne selbst der höchste Nutzen ist. Unverständlich.

Völlig unverständlich auch der folgende Satz: „Nie wieder möchte ich Behauptungen hören müssen wie den Satz, die Geisteswissenschaften seien ‚aufklärend‘, weil sie angeblich den Auftrag haben, ‚als Barriere gegen die Remythisierungstendenzen unserer Zeit‘ zu fungieren.“ – Gewiss, solche Anforderungen sind manchmal etwas oberflächlich. Die persönliche Ergriffenheit durch die Botschaft alter Texte ist immer zunächst intim und privat, und ihre Anwendung für die Öffentlichkeit erscheint manchmal als Schamverletzung und Profanierung. Aber solche Anforderungen sind eben auch nicht falsch, denn die Philologie kann das tatsächlich leisten. Fühlt sich der Autor dieses Buches denn nicht ergriffen von der Macht der Philologie, Einsichten bewirken zu können, zuerst bei sich selbst, und dann auch bei anderen?

Aber die Gedanken verlaufen seltsam krumm in diesem Buch. So heißt es z.B., dass Historisierung etwas „erschaffen“ würde, was sonst nicht da wäre. Das ist aber ganz falsch. Historisierung ist nichts anderes als eine richtige Erkenntnis von real existierenden Sachverhalten. Wer nicht erkennt, dass Dinge vergangen sind, einer anderen Zeit angehören, und unter der Perspektive dieser Zeit gesehen werden müssen, und nicht unter der Perspektive der Gegenwart, und dass die Perspektive der Vergangenheit einem Urteil unter der Perspektive der Gegenwart unterliegt, der schaut die Dinge nicht so an, wie sie sind, sondern der ist es, der den Dingen etwas zufügt, was sie nicht an sich haben. Ebenso ist es mit dem Klassischen. Klassisch ist, wo vergangene Perspektive und heutige Perspektive zusammenfallen. Etwas buchstäblich zeitloses. Auch da wird nichts „erschaffen“, sondern erkannt. Die Theorie dieses Buches, dass Historisierung sich nicht dem Streben nach richtiger Erkenntnis verdankt, sondern dem Streben nach der Überwindung des Todes, ist sehr schräg.

Es ist auch befremdlich, wie leicht sich der Autor dieses Buches der Auffassung hingibt, dass nach dem Tode nichts mehr komme. Woher will er das wissen? Das ist doch plumper Materialismus. Ein Geisteswissenschaftler weiß es doch besser. Es ist nicht so einfach. Es stört auch, wenn der Autor von seinen „sozialdemokratischen“ Instinkten spricht. Da fragt sich der Leser doch, ob das hier noch eine Abhandlung mit argumentativem Anspruch sein soll, oder eher ein persönliches Tagebuch? Seltsam auch, wenn die preußische Moral von Wilamowitz-Moellendorff mit „Eisen“ assoziiert wird und das für schlecht gehalten wird. Wäre eine Moral aus Gummi denn besser? Eisen ist doch für eine Moral eine sehr schöne Assoziation. Eisen lässt sich nämlich schmieden, verliert aber danach nicht so leicht seine Form, bricht aber andererseits auch nicht, sondern biegt sich, aber nur, wenn es gar nicht mehr anders geht. Man vergleiche auch mit Granit.

Und ach ja: Werner Jaeger … und dass man so heute nicht mehr denken könne. Nicht wirklich eine neue Einsicht. Aber was dann? Wie sollen wir denn Identität sinnvoll konstruieren? Denn ohne Identität lebt es sich nicht gut. Werner Jaeger hat uns eine Aufgabe gestellt, die wir noch nicht gelöst haben. Immer diese abwehrenden Reden gegen Jaeger, deren bloße Existenz das Eingeständnis ist, dass an Jaeger doch was dran war. Wenn an Jaeger nichts dran gewesen wäre, würde man von ihm nämlich schweigen. Es ist also ein komplexes Problem, das schon Jahrzehnte ungelöst vor uns liegt. Man könnte das faszinierend finden. Und sich zur Tat animiert fühlen.

Wir leben in einer Zeit, in der das Wort „Humanismus“ eine äußerst bedenkenswerte Bedeutungsverschiebung in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit erfährt: Unter „Humanismus“ verstehen heute viele eine auf Atheismus gegründete Weltanschauung. Es ist so töricht. Und so elend. Man könnte sich dagegen empören. Aus innerster Seele. Dieses ganze gegenwärtige Unverständnis für das Erbe der Vergangenheit, für Tradition, für die Tiefe der Geschichte, für die conditio humana, und wie darüber die Errungenschaften des Westens aufgegeben werden zugunsten eines kulturvergessenen Kulturrelativismus: Man könnte sich darüber empören und kreativ werden. Daran geht dieses Buch aber vorbei.

Fazit

Ein Buch, das vor manche Tür geführt hat. Hineingehen musste man aber immer selber. Das Buch blieb draußen.

Bewertung: 2 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 08. Oktober 2017)

Elif Shafak: Der Architekt des Sultans (2013)

Erzählter Traum von einer besseren Türkei

Der Roman „Der Architekt des Sultans“ von Elif Shafak ist weniger ein realistischer Historienroman, der die wahre Historie trickreich mit einer spannenden Geschichte hinterlegen würde. Vielmehr ist es ein fast schon märchenhaftes Geschehen, das sich vor dem nur blass gezeichneten Hintergrund der Geschichte Istanbuls im 16. Jahrhundert entfaltet. Im Zentrum steht die Geschichte des Jungen Jahan, der als Elefantenführer nach Istanbul kommt und dort Schüler des berühmten Hofarchitekten Sinan wird.

Zentrale Themen des Buches sind Liebe, Vertrauen und Wohlwollen, dann auch Wissen und Bildung, und als Gegensatz dazu Hass, Verbitterung und religiöse Engstirnigkeit. Da ist zunächst die Liebe des Jungen zu seinem klugen Elefanten. Dann die mordende Geldgier des Kapitäns, der ihn nach Istanbul brachte. Dann der Hofarchitekt, der seine Schüler seltsamerweise danach aussucht, ob sie seelisch heilungsbedürftig sind. Die Sultane, die ihre Konkurrenten um den Thron ermorden lassen. Der schwelende Hass diverser Romanfiguren auf das Osmanische Reich, weil es ihr Land erobert und ihre Familien ermordet hat. Der Forscherdrang des Hofastronomen. Die Engstirnigkeit der Religionsgelehrten. Die Buchhändler voller Weisheit. Die Zusammenarbeit von Menschen verschiedener Religion und Herkunft. Eine islamische Gläubigkeit getragen von Liebe und Barmherzigkeit. Idyllische Zigeuner mit dem Herz am rechten Fleck. Usw. usf.

Shafaks Roman ist im Grunde ein Märchen, das auf die heutige Türkei abzielt, in der dieselben Kräfte wie im Roman immer noch schwer miteinander ringen.

Erzählerisch ist der Roman stark, die Sprache angenehm und gefällig. Man ist durch jede einzelne Episode aufs neue gefesselt. Eine Schwäche ist jedoch, dass der Roman nur einen dünnen roten Faden hat, in den viele kleine Nebenerzählungen eingewoben sind, die nicht dazu beitragen, die Geschichte voranzutreiben, und die teilweise so dramatisch sind, dass man jeweils einen eigenen Roman daraus hätte machen können. Auch die Auflösung diverser Verwicklungen am Schluss des Romans kommt etwas überraschend und hat sich eher nicht im Verlauf des Romans abgezeichnet. Auch die dramatische Eingangsszene wird im Roman dann eher beiläufig abgearbeitet, und auch der Prolog mit dem „Mittelpunkt des Universums“ ist am Ende nicht so zentral für diesen Roman, wie man erwarten könnte. Der Roman krankt ein wenig daran, dass er zu viele „zentrale“ Themen aufmacht, so dass am Ende keines davon mehr wirklich „zentral“ ist.

Eine weitere Schwäche ist eine teilweise zu sehr zur Schau gestellte Freundlichkeit und Rücksichtnahme. Im wirklichen Leben geht es manchmal doch robuster zu, ohne dass es weniger herzlich wäre. Hier ist man versucht, das Wort vom „Frauenroman“ zu bemühen. Schließlich wurde das ganz am Anfang des Romans angeschlagene Gegensatzpaar „Liebe“ vs. „Liebe zum Lernen“ bzw. zur Wahrheit nicht wirklich bearbeitet. Richtig ist, dass Jahan kein Glück in der Liebe hat. Aber der Grund dafür scheint mir keineswegs seine Liebe zum Lernen und zur Wahrheit zu sein, die übrigens nur recht selten im Roman aufscheint. Beide Dimensionen bleiben unverbunden nebeneinander stehen, und stoßen sich nicht gegenseitig. Aus diesem Thema hätte man mehr machen können.

Eine kleine Liste weiterer Themen, die der Roman bearbeitet:

  • Das Verhältnis von Meister und Schüler.
  • Ein Leben voll begeisternder Arbeit, über der das Leben selbst zu kurz kommt.
  • Unerfüllte Liebe. Einsamkeit.
  • Abschied, Tod, Verlust, Verrat.
  • Frauen in einer patriarchalen Gesellschaft, Verkleidung als Mann.
  • Studienreisen von osmanischen Architekten nach Rom.

Bewertung: 4 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 23. Juli 2017)

Theodor Gomperz: Griechische Denker – Eine Geschichte der Antiken Philosophie (1896-1909)

Aufklärung über die Aufklärung anhand der griechischen Aufklärung

Das Werk

Obwohl Gomperz‘ dreibändiges Werk über die „Griechischen Denker“ in den Jahren 1896-1909 veröffentlich wurde, ist es dennoch erstaunlich modern: Der Grund dafür ist, dass der Verfasser politisch-weltanschaulich ein klassischer Liberaler war, der auch mit den neuesten wissenschaftlichen Entwicklungen seiner Zeit bestens vertraut war, die bis heute die Grundlage unseres naturwissenschaftlichen Weltbildes bilden: Evolutionstheorie, Psychologie, Religionskritik, Ethnologie, Ökonomie, Atomphysik und Astrophysik, bis hin zu den Gedanken, dass hinter den Atomen noch kleinere Teilchen stehen könnten oder dass es im Weltraum noch andere Planeten mit Leben geben müsste. Teilweise stand der Autor mit den Vordenkern der Moderne in persönlichem Kontakt, etwa mit Sigmund Freud oder dem Physiker Ernst Mach. Aber auch unter historisch-kritischen Gesichtspunkten ist Gomperz immer noch modern genug: Eine gläubige Verklärung der Antike findet sich bei ihm nicht, auch wenn er noch nicht jede Hinterfragung kennt, von der wir heute, 100 Jahre später, wissen.

Das Werk nimmt mit seiner Eindringtiefe in den behandelten Stoff eine Mittelstellung zwischen kurzer Einführung und tiefgehender Einzelabhandlung ein. Dadurch kann Gomperz etwas bieten, was es heute so nicht mehr gibt: Neben der Behandlung der großen und bekannten Denker wie Demokrit, Platon oder Aristoteles, geht Gomperz einerseits auch auf viele „kleinere“ Denker ein, von denen man sonst eher selten liest, so z.B. die Megariker, die Kyrenaiker und die Kyniker, oder Theophrast und Straton. Andererseits kann Gomperz so viel besser die Entwicklungszusammenhänge zwischen den Denkern aufzeigen, so z.B. die Einteilung der Vorsokratiker in die Ionischen Naturphilosophen, die Eleaten und spätere komplexere Denker, oder die Entstehung der Stoiker und Epikureer aus den Kynikern und Kyrenaikern, über die man nur selten liest. Gomperz breitet den ganzen Horizont vor seinen Lesern aus: Nicht nur Philosophen im engeren Sinne, sondern das ganze geistige Umfeld wird erfasst: Er beginnt mit Religion und Mythos, und vergisst nicht den wesentlichen Einfluss von Dichtern und Geschichtsschreibern. Gleichzeitig verliert sich Gomperz aber auch nicht in Teilproblemen, wie dies Spezialabhandlungen tun. Gomperz geht teilweise recht tief, bleibt dabei aber doch immer klar.

Gomperz bringt die Dinge auf den Punkt, und zwar ihren eigenen Punkt. Wo andere eher beschreiben als erklären, oder ihre moderne Ideologie in der antiken Philosophie wieder entdecken wollen, dort ist Gomperz ein Meister in der Kunst, den entscheidenden Punkt, die innere Motivation, die tiefere Triebkraft herauszuarbeiten, die hinter den antiken Entwicklungen steht. So erst werden Inhalte und Entwicklungen der antiken Philosophie wirklich verständlich.

Wer Gomperz lesen will, muss vor allem Geduld und Konzentration mitbringen. Pausen empfehlen sich. Notizen ebenfalls. Man wird später auch immer wieder noch einmal nachlesen, was Gomperz sagte, und dabei immer noch neues entdecken. Man hätte sich eine bessere Gliederung des Stoffes in einer Hierarchie von Unterkapiteln wünschen können, um dadurch einenn besseren Überblick und eine mnemotechnisch nützliche Wissensordnung zu haben. Besonders ungünstig ist die Kapiteleinteilung im dritten Band, aber auch im ersten Band ist z.B. das Kapitel über Demokrit und die Atomlehre ungünstig gehalten. Die Sätze sind manchmal etwas verwickelt und altertümlich, hier hilft lautes Lesen.

Der Inhalt

Das Hauptthema der Antike ist natürlich der Prozess der Aufklärung und die Gewordenheit unserer heutigen geistigen Welt. Gomperz weiß noch ganz genau, warum die Beschäftigung mit der Antike so wichtig ist, während der Zeitgeist uns weismachen will, die Antike sei von gestern.

Gomperz legt aber nicht nur die Entwicklung der Aufklärung in der Antike dar, sondern zeigt ständig die Zusammenhänge und Parallelen zur modernen Aufklärung und Wissenschaft auf. Er erklärt anhand der Antike die aufklärerischen Prinzipien von philosophischem und wissenschaftlichem Denken im allgemeinen, so dass der der Leser nicht nur die Schritte der Aufklärung der griechischen Denker kennenlernt, sondern auch selbst Schritt für Schritt aufgeklärt wird.

Man kann mit Fug und Recht sagen: Bei Gomperz lernt man das Denken selbst. Dazu gehört nicht nur exakte Berechnung und konsequente Logik, sondern vor allem auch die Fähigkeit der richtigen Einschätzung. Die Kunst des Abwägens. Das Maß der Erkenntnis. Das richtige Interpretieren anhand von Indizien. Man lernt auch, wie Dinge sich entwickeln, und dass vieles nur schrittweise voran geht, dass auch Irrwege nützlich sein können, usw.

Aus heutiger Sicht ist Gomperz erfrischend vernünftig und unideologisch. Die Lektüre dieser 100 Jahre alten Abhandlung ist eine wahre Labsal für die vom Zeitgeist geplagte Vernunft. Gomperz hat in vielen Punkten den richtigen, differenzierten Ansatz, er trifft an den entscheidenden Weggabelungen der Erkenntnis die richtigen Entscheidungen, während ein irriger Zeitgeist die falschen Abzweigungen nimmt und eine schiefe Ideologie entwickelt.

Die Sophisten werden von Gomperz korrekt als eine Stufe des Fortschreitens der Aufklärung gesehen; man darf dabei nur nicht vergessen, dass Sokrates die nächste, höhere Stufe ist: Nach der De-konstruktion kommt die Re-konstruktion. – Bei Platon ist Gomperz ungewöhnlich kritisch: Fast schon respektlos kritisiert er Platon als einen Denker des Absoluten, der in seiner absoluten Präzision oft genug absolut falsch lag. Auch wenn Gomperz hier nicht immer Platons Genialität voll erfasst hat, so ist sein respektlos kritischer Ansatz berechtigt und anregend. – Platon wird bei Gomperz einseitig Demokratie-kritisch und Tyrannen-freundlich gesehen. Hier und in anderen Punkten erliegt Gomperz dem Geist seiner Zeit. – Aristoteles erscheint bei Gomperz als ein Ausbund an Inkonsequenz und kompromisslerischem Pragmatismus. Was für die Philosophie im engeren Sinne eher fragwürdig ist, hat sich für Politik und Wissenschaft jedoch als Segen erwiesen: Hier hat Aristoteles mehr Erfolge bewirkt als Platon. Im letzten dürften sich beide Ansätze jedoch in der Mitte treffen, zumal Platon in den Nomoi bereits den Weg hin zu mehr Pragmatismus zu gehen begonnen hatte, und Aristoteles nicht zufällig ein Schüler Platons war. Diese Erkenntnis deutet sich bei Gomperz an, wird jedoch nicht in dieser Klarheit formuliert.

Der Autor

Erschreckend ist es zu lesen, wie Gomperz kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges die Auffassung vertritt, die Staaten Europas seien auf einem guten Wege des Friedens, der Freiheit und des Wohlstandes, und würden immer enger zusammenrücken; Krieg sei undenkbar geworden. Im Sinne des „Zauberberges“ von Thomas Mann ist Gomperz ein wahrer „Settembrini“, ein durchaus sympathischer aber vielleicht doch allzu optimistischer klassischer Liberaler mit etwas zu wenig Einfühlungsvermögen in das „absolute“ Denken Platons. Da es aber besser so als andersherum ist, verzeiht man ihm diese Schwäche gern.

Wer ein vernünftiges, rundes, schönes, klares, erhellendes, bildungsbürgerliches, vollständiges, gutes, menschenfreundliches Buch über die antiken Denker lesen möchte, das nicht angekränkelt ist von den Irrtümern unserer Zeit, sondern wesentliche und richtige zeitlose Einsichten als Basis für eigenes Weiterdenken vermittelt, der ist mit den „Griechischen Denkern“ von Gomperz bestens bedient. Sicher eines der Bücher, die man gelesen haben sollte.

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 23. Juni 2013)

Andreas W. Müller: Der Westen – Ein Nachruf (2012)

Philosophische Denkanstöße für Umdenker und Querdenker

Dieses Buch ist ein thematisch gruppiertes Sammelsurium von kürzeren Texten über Dinge wie Kunst, Politik, Geschichte, Krieg, Moral, Menschenrechte, Tierrechte, Hirnforschung, und die Kernthemen der Philosophie. Was auf den ersten Blick etwas willkürlich und oberflächlich erscheint, hat es aber faustdick in sich! Der Autor ist nämlich Objektivist, d.h. ein Anhänger der Philosophie des Objektivismus, die von der russisch-amerikanischen Schriftstellerin Ayn Rand begründet wurde. Und das bedeutet, dass die gebotenen Texte sich durch ein hohes Maß an Rationalität und Realismus auszeichen. Das macht sie interessant und lesenswert, auch wenn man gewiss nicht allem zustimmen kann. Eine dogmatische Überwältigung des Lesers durch den Objektivismus findet in diesem Buch definitiv nicht statt, es geht durchweg rational zu.

Die gebotenen Texte sind hervorragende Denkanstöße, denn wegen ihrer Rationalität kann der Leser sie nicht einfach pauschal ablehnen. Vielmehr ist der Leser gezwungen, mit einem „ja aber“ sein eigenes differenzierendes Nachdenken darüber zu beginnen, wie es denn nun wirklich ist – und schon ist man mitten drin im eigenen Denken. Wer sein Denken öffnen will, wer sich prüfen will, wer entschlossen ist, sich hinterfragen zu lassen, für den ist dieses Büchlein eine große Hilfe. Wer hingegen mit Vorurteilen an die Lektüre geht, und Denkfehler weder verzeiht noch als Einladung zum Selberdenken versteht, dem ist von diesem Buch abzuraten.

Als Objektivist kann der Autor manchen Kontrapunkt gegen den herrschenden Zeitgeist setzen: Warum echter Egoismus gar kein solcher ist. Warum soziale Wohltaten und Tierrechte nett aber falsch sind. Warum Sexualität weder unterdrückt noch wild ausgelebt werden sollte. Warum wir zusätzlich zu den Naturwissenschaften trotzdem noch Philosophie brauchen. Usw. Der absolute Hit dürfte aber das philosophische Konzept einer Metaphysik sein, die an die Materie gebunden ist. Also die Ablehnung von Materialismus und Religion gleichermaßen. Die allermeisten Menschen wissen vermutlich gar nicht, dass es diese Denkmöglichkeit überhaupt gibt. Deshalb verharren sie in den Extremen Materialismus und Religion, aus denen so viele Übel hervorgehen.

Neben einigen Gastbeiträgen anderer Autoren enthält das Buch auch eine Untersuchung der Philosophie der Harry-Potter-Welt. Zahlreiche Weblinks und Literaturangaben geben nützliche Hinweise für das eigene Weiterlesen. Einzig ärgerlich ist vielleicht der Titel des Buches: Denn statt einem defätistischen Abgesang auf den Westen liefert das Buch zahlreiche Anstöße für die Renaissance des Westens.

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon 20. September 2013)

PS 16. Mai 2025

Der Autor Andreas W. Müller hat sich inzwischen von der Philosophie des Objektivismus entfernt und deshalb den Vertrieb dieses Kindle-Buches eingestellt. Zum Blog des Autors hier: https://feuerbringer.wordpress.com/autorundwerk/

Jack London: König Alkohol (1913)

Lesenswert: Gesellschaftskritik und Weltschmerz eines Alkoholikers

Das autobiographische Buch „König Alkohol“ (original: „John Barleycorn – Alcoholic Memoirs“) von Jack London beschreibt, wie der Lebensweg des Autors aus verschiedenen Gründen immer von Alkohol begleitet war, bis in die Sucht hinein, die den Autor bald nach der Veröffentlichung des Buches im Alter von 40 Jahren in den Tod führen sollte. Überraschenderweise steht dabei weniger die Alkoholsucht als solche im Zentrum des Buches, sondern vielmehr die „verschiedenen Gründe“ für das Trinken. Diese Gründe lassen sich im wesentlichen in drei Themenbereichen zusammenfassen:

Thema (1): Soziale Akzeptanzrituale, die für sich allein betrachtet sinnlos, albern oder sogar schädlich sind (Gessler-Hut-Rituale): In diesem Buch ist es das gemeinsame Trinken von Alkohol, durch das man als „Mann“ anerkannt wird. Aber es sind andere Beispiele von Ritualen aus unserer heutigen Lebenswelt denkbar, die zur Akzeptanz in gewissen Milieus führen: Vom Reden und Prahlen über Fußball und Autos, über die Verfemung von Microsoft, Wehrdienst und George W. Bush, bis hin zum gemeinsamen Bordell-Besuch. Das Problem ist: Entweder man macht mit, oder man bleibt einsam und erfolglos. Und wer mitmacht, gewöhnt sich daran.

Thema (2): Die Entfremdung des lesenden Menschen von den „normalen“ Menschen durch seine Bildung. Das Problem ist: Der Abgrund zu den weniger gebildeten Menschen ist auch durch ein gewolltes Herablassen auf deren Niveau nicht wirklich überbrückbar. Man bleibt innerlich einsam, und wird nur noch von wenigen, einzelnen Mitmenschen wirklich verstanden, die leider schwer zu finden sind.

Thema (3): Desillusionierungen über Gesellschaft, Mitmenschen, Religion und Weltanschauung, die zu einer verschärften Form der Sinnfrage führen (Weltschmerz, Weltekel). Das Problem ist: Entweder man findet neue, eigene Antworten auf die Sinnfrage, oder man endet in Verzweiflung und Zynismus.

Jack London hatte sich als junger Mann dem Ritual des gemeinsamen Alkoholtrinkens hemmungslos hingegeben, um Abenteuer und Kameradschaft zu erleben, was ihn für die Sucht vorbereite. Später wurde ihm die Herablassung auf das Niveau der weniger gebildeten Menschen durch den Alkohol erleichtert. Er hatte aber auch jene wenigen, einzelnen Menschen gefunden, mit denen er sich ganz ohne Alkohol auf Augenhöhe unterhalten konnte, darunter seine Ehefrau. Bis zu diesem Punkt kann noch nicht von einer Sucht gesprochen werden.

In die Sucht geriet Jack London durch die Sinnfrage. Jack London war Sozialist und vor allem Materialist. Anders als die meisten Materialisten hatte er die Folgerungen dieser Weltanschauung jedoch konsequent zu Ende gedacht, sowie mögliche Alternativen rigoros abgelehnt, so dass er dem Leben keinen Sinn mehr abgewinnen konnte. Alles wurde schal und sinnlos für ihn, und seine Perspektive auf die Welt und die Menschen wurde zynisch. Es gab offenbar nichts mehr, was seinen Geist durch Sinnhaftigkeit in Stimmung bringen konnte: Kein Streben nach Wissen, kein Suchen nach etwas Unbekanntem, keine Anschauung des Schönen, und zuletzt vielleicht auch kein echter Glaube mehr an die Möglichkeit gesellschaftlicher Verbesserungen.

Um sich gegen Pessimismus und Zynismus immer wieder in Stimmung zu bringen, musste Jack London zur Flasche greifen, und verfiel auf diese Weise schrittweise der schleichenden Sucht.

Man könnte es auch andersherum deuten: Möglicherweise führte der langjährige, „soziale“ Alkoholkonsum zu einer Depression, und diese Depression war es, die eine rationale, positive Antwort auf die Sinnfrage verhinderte („Weiße Logik“ des Alkohols), und das wiederum ließ Jack London am Ende freiwillig zur Flasche greifen. Ob nun eher eine kranke Psychologie (Depression wegen Alkoholkonsum), oder eher eine falsche Philosophie (Materialismus mit allen Konsequenzen) die Ursache für das finale Scheitern waren, wird sich wohl nie mehr ganz klären lassen. Das eine schließt das andere ja keineswegs aus.

Am Ende des Buches behauptet Jack London überraschend, dass er die „Weiße Logik“ überwinden konnte, indem er gelernt habe, der Sinnfrage auszuweichen. Trinken würde er allerdings dennoch hin und wieder, weil er sich daran gewöhnt hatte, Alkohol mit der guten Erinnerung an Geselligkeit und Kameradschaft in Verbindung zu bringen. Das ist alles andere als ein überzeugender Schluss! Denn erstens kann man der Sinnfrage nicht auf Dauer ausweichen. Und zweitens befindet sich Jack London damit immer noch in dem Zustand, Alkohol gerne zu trinken, um eine angenehme Stimmung hervorzurufen.

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 22. Mai 2018)

Niccolò Machiavelli: Der Fürst (1513)

Der erwartete Klassiker mit Einsichten am Rande

Das bekannte Buch von Machiavelli liest sich recht schnell und bietet im Original tatsächlich ungefähr das, was man überall darüber lesen kann: Es ist eine Anleitung für Fürsten, wie sie die Macht erlangen und erhalten, wobei die Wahl der Mittel ohne Rücksicht auf moralische Bedenken geschieht. Auch der immer wieder zitierte Rat kommt vor, dass man den Untertanen nicht an den Geldbeutel oder die Frau gehen soll, was fast schon tröstlich ist, da dadurch eine gewisse Grenze und ein gewisser Schutz für die Untertanen vor ihren Fürsten definiert wird, auch wenn es ein rein egoistischer Rat ist.

Der Gipfel der Skrupellosigkeit ist der Mord von Cesare Borgia an diversen Verschwörern in Senigallia 1502, wohin er sie eingeladen hatte. Machiavelli stellt diese Beseitigung von Rivalen als herrschaftssichernde Maßnahme dar, die sehr erfolgreich und deshalb legitim war.

Interessant ist das „Schachspiel“ der Mächte untereinander: Wer mit wem gegen wen, und wie man jemanden in Schach hält, oder ihn unfreiwillig zur Eroberung einlädt usw. Hier können naive Menschen gut lernen, dass gutgemeinte Taten oft das Gegenteil dessen zur Folge haben, was beabsichtigt war. Man bekommt zudem Einblicke in die politischen Verhältnisse im Italien der damaligen Zeit: Franzosen, Venezianer, der Papst … alle ringen um Einfluss und Herrschaft.

Interessant sind auch die Ratschläge, wie man verschiedene Länder zu einem Land zusammenschließt. Der Fürst sollte entweder Teile der Bevölkerung umsiedeln, oder seine Residenz im neu eroberten Gebiet nehmen. Republiken könne man nur durch Zerstreuung der Bevölkerung dauerhaft in den Griff bekommen, weil die Erinnerung an die einstige Freiheit zu stark ist. Für die Konstrukteure des EU-Überstaates sind hier wertvolle Einsichten zu finden, die zeitlos gültig sind.

Der viel beschworene Begriff der „virtù“ fiel mir bei der Lektüre der Übersetzung nicht auf. Vermutlich fällt er bei Machiavelli in einem eher unscheinbaren Nebensatz, und man muss schon einen Blick dafür haben, dies zu erkennen und die Neuerung im Denken darin zu sehen. Das Denken Machiavells ist sicher eine Befreiung gegenüber einem scholastischen Denken, aber es ist andererseits doch wieder zu zügellos.

Bewertung: 5 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 12. Dezember 2017)

Heinrich Heine: Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland (1834)

Anregende und wirkmächtige Geistesgeschichte Deutschlands

Heinrich Heines „Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland“ von 1834/5 ist aus mehreren Gründen absolut lesenswert: Zum einen, weil es eine sehr persönliche Sicht auf den Verlauf der Geistesgeschichte in Deutschland bietet, die durch Ehrlichkeit, Individualität und Offenheit überzeugt. Hier geht es nicht darum, Objektivität vorzutäuschen, sondern hier sagt jemand seine Meinung, und der Leser ist zum Selberdenken aufgefordert. Auch dort, wo man die Darstellung für zu oberflächlich und einseitig hält, hat Heine doch immer einen guten Punkt getroffen. Heine hat hier einige Einsichten mit Worten geprägt, die fast zu Sprichworten geworden sind.

Zum anderen sollte man dieses Buch deshalb lesen, weil es von vielen gelesen wurde, und ein Bild der deutschen Geistesgeschichte erzeugt hat, das von vielen geteilt wird. Auch und gerade, weil es auch Fehler hat, sollte man um die Wirkmächtigkeit dieser Irrtümer wissen. Schließlich ist Heines Werk aber auch ein Zeitdokument, das einem die Augen öffnet, wie die Dinge in den damaligen Zeiten gelaufen sind – und wie sie wohl zu allen Zeiten laufen bzw. laufen könnten.

Für Heinrich Heine mündet die Reihe Kant, Fichte, Schelling, Hegel in Pantheismus, in „Naturphilosophie“. Im Pantheismus, in der Romantik, lebt auch das alte Germanentum wieder auf, während die Juden als „Schweizergarde des Deismus“ nicht in das pantheistische Bild passen. Heine weiß, dass in der Naturphilosophie auch Gefahren liegen: Das Wiederaufleben der „Berserkerwut“ des Germanentums aus „tausendjährigem Schlummer“. Man meint, eine Prophezeiung auf Marx und Hitler zu lesen.

Hier gibt es eigentlich keinen Grund für Optimismus und Fortschrittsglaube. Es ist unverständlich, wie Heine den Gang der Geistesgeschichte einschließlich ihrer Gefahren so beschreiben kann, aber dann relativ optimistisch dabei ist. Heine hätte hier die Frage nach einer besseren Alternative stellen müssen. Aber das tut er nicht. Heine scheint vielmehr im Ganzen recht einverstanden zu sein mit der „Naturphilosophie“. Die Gefahren scheint er nicht ernst zu nehmen.

In diesen Zusammenhang muss wohl auch die Aussage Heines eingeordnet werden, dass er das Christentum selbst dann noch erhalten wollte, wenn der Glaube geschwunden ist. Das ist eine sehr unphilosophische Aussage. Hier wird deutlich, dass Heine selbst kein ganz klarer Kopf ist. An anderer Stelle äußert er, wie ihm unwohl ist, wenn Kant Gott seziert; damit zeigt er eine unphilosophische Religiosität. Von diesem Punkt aus lassen sich Heines Irrtümer und Fehlurteile verstehen.

Hierher gehört wohl auch, dass Heine seinen eigenen Fortschrittsoptimismus ein wenig relativiert, ohne ihn im Kern zu hinterfragen. Man kann sicher sein, dass Heine vor ideologischem Handeln und Fanatismus zurückgeschreckt wäre. Aber Heine mäßigt seinen Optimismus nur, statt dass er ihn grundsätzlich hinterfragt. Auch hier wird die Gefahr von Heine gesehen, aber kleingeredet. Eine bessere Alternative zum naiven Fortschrittsoptimismus wird nicht gegeben. Heine ist ganz offenkundig fasziniert von dem Neuen und will daran nur das vermeintlich Gute sehen. Heinrich Heine ist einer der ersten, die die Greuel von Kommunismus und Nationalsozialismus vor lauter Faszination nicht sehen wollten – wenn auch nur auf einer theoretischen Ebene.

Die Aufgabe des modernen Lesers ist es, sich dieser Faszination Heinrich Heines zu entziehen, und bessere Alternativen zu suchen.

Interessant die Aussagen über das deutsche Wesen: Methodisch, gründlich, langsam, auch im Hass, und mit einer Wirkung aufgrund der Gedankentiefe, die die Welt erschüttern wird. Die Deutschen sind generell langsam, wenn sie aber einmal eine Bahn eingeschlagen haben, verfolgen sie diese bis zum Ende.

Ein Irrtum ist u.a. die Auffassung, dass es eines Luthers bedarf, um etwas zu bewegen, und dass ein Erasmus und Melanchthon es allein nicht geschafft hätten. Denn Heine selbst spricht später davon, dass Kant und seine Nachfolger eine Wirkung entfalten würden, gegen die die französische Revolution nichts sei.

Bewertung: 3 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 29. August 2014)

E.T.A. Hoffmann: Der goldene Topf (1814)

Skurriler und phantastischer Klassiker der Romantik – Großartiger Kunstmythos

Die Geschichte beginnt grau in grau im Dresden der Gegenwart (1814), doch nach und nach schleichen sich skurrile und phantastische Elemente in die Geschichte ein, die fast schon psychedelischen Charakter haben. Die Übergänge sind fließend und der Text ist voller Symbole, Anspielungen und Rückbezüge, so dass die Lektüre den Leser in eine reichlich seltsame Welt versetzt, in der er sich erst zurechtfinden muss. Auch das Aufeinandertreffen von skurrilen und läppischen Aspekten mit phantastischen und erhabenen Momenten trägt zur einzigartigen Atmosphäre dieser Geschichte bei. Ebenso die Sprache, die zunächst umständlich altertümlich erscheint, dann aber als stilistisch durchgearbeitet erkennbar wird, bis man sich zum Ende hin daran gewöhnt hat und sich gar nicht mehr vorstellen kann, dass diese großartig-phantastische Erzählung in einer anderen Sprache hätte geschrieben werden können.

Die Handlung: Der Student Anselmus wird durch den Archivarius Lindhorst und durch die Liebe zu dessen Tochter Serpentina in die Wunderwelt der Poesie eingeführt, das hier als eigenständige Parallelwelt zur wirklichen Welt gestaltet ist. Ihnen gegenüber stehen die spießigen Philister, der Konrektor Paulmann mit seiner Tochter Viktoria, die unbedingt einen Hofrat heiraten möchte, sowie der Registrator Heerbrand. Es zeigt sich, dass der Archivarius Lindhorst einst aus dem Wunderreich der Poesie verbannt wurde, weil er den Funken des Gedankens in die Welt brachte, womit er die geliebte Lilie im Garten des Zauberreiches der Poesie verdarb, und erst zurückkehren kann, wenn er seine drei Töchter an poetisch gesinnte Jünglinge verheiratet haben wird. Jede Tochter bringt als Mitgift eine goldenen Topf mit in die Ehe, aus dem dann wieder eine Lilie erwächst. Derweilen trägt Lindhorst in dieser Welt einen Kampf mit dem sogenannten Äpfelweib aus, einer Hexe, die junge Leute vom Zugang ins Reich der Poesie abhalten möchte. Anselmus gerät zwischen die Fronten und muss sich entscheiden. Am Ende steht der Eingang und die endgültige Rückkehr ins Wunderreich der Poesie, wo alle Wesen im Einklang mit der Natur leben.

Ziel des Werkes ist es, die Wunderwelt der Poesie als einer Welt von eigenem Recht neben der schnöden Wirklichkeit darzustellen, die Abkehr von der einen und die Rückkehr zur anderen Welt zu propagieren, und die Spießer in ihrer Blindheit für das Schöne und Wahre kenntlich zu machen.

Der Text wird vom Autor selbst ein Märchen genannt, und die moderne Literaturwissenschaft spricht von einem Kunstmärchen. Doch ist diese Bezeichnung unzutreffend. Schließlich will der Text den Leser davon überzeugen, dass es tatsächlich eine dichterische Parallelwelt gibt, die ebenso Wirklichkeit für sich beanspruchen kann wie die Wirklichkeit der Philister. Dieser Anspruch bezieht sich natürlich selbstreflexiv auch auf den Text selbst, der das behauptet. Beweisbar ist das natürlich nicht, und die Wunderwelt wird reichlich mit dichterischer Phantasie ausgeschmückt. Aber das ist in diesem Fall kein Gegenargument, denn gerade das ist es ja, was die behauptete Parallelwelt ausmacht. Kurz: Hier liegt das Prinzip eines erdichteten „Platonischen Mythos“ vor, der mehr als eine bildhafte Allegorie ein tatsächlich Wahres darstellen will, aber nicht mit Argumenten und Belegen aufwartet, und die Wahrheit des Behaupteten letztlich offen lässt. Es ist also in Wahrheit kein Märchen, sondern ein Platonischer Kunstmythos.

Kritik

Zentrales Problem ist die scharfe Abgrenzung des Reiches der Poesie von dieser Welt. Die hohe Kunst wäre es gewesen, Wirklichkeit und Poesie zu einer Synthese zu bringen. Doch das Gegenteil geschieht. Damit verfehlt E.T.A. Hoffmann beides, die Poesie und die Wirklichkeit. Denn hier wird das Reich der Poesie zu einer weltfremden Zufluchtsstätte, in die sich der Poet flüchtet, statt sich der Realität zu stellen. Und zugleich wird der Realität jede Fähigkeit zur Poesie abgesprochen.

Das wird auch in der Darstellung der spießigen Philister deutlich. Ein Kennzeichen des Philistertums bei E.T.A. Hoffmann sind ihre Lateinkenntnisse, und dass sie Ciceros „De Officiis“ lesen. Damit wird aber die humanistische Bildung und die Philosophie verspottet. Doch ist es nicht gerade die humanistische Bildung und die Philosophie, auf deren Grundlage die Synthese von schnöder Realität und Poesie am ehesten gelingen kann? Die Verherrlichung des „kindlich poetischen“, „kindlich frommen“ Gemütes, verstanden als Gegensatz zur „sogenannten Weltbildung“ des „entarteten Menschengeschlechtes“ ist jedenfalls eine grob verfehlte Vorstellung von gelungener Menschenbildung. Beides zu synthethisieren, ohne dass das eine oder das andere zu kurz kommt, wäre die Kunst.

Ebenfalls kritikwürdig ist die Vorstellung von der höchsten Erkenntnis als dem „Innersten der Natur“, dem „tiefsten Geheimnis der Natur“, nämlich des „heiligen Einklangs aller Wesen“. Denn wieso gerade die Natur? Wenn es um den Einklang mit sich selbst gegangen wäre, was bereits ein hoher Anspruch ist, oder um den Einklang der Menschen untereinander, wäre das Anspruch genug, ohne gleich die ganze Natur einzubeziehen. Aber die Menschen werden zur Natur offenbar nicht dazugezählt. Ein Einklang mit der ganzen Natur ist also recht hoch gezielt. Zugleich ist Natur aber wieder zu wenig. Denn dieser pantheistische Einklang aller Wesen schreit geradezu nach einer Antwort auf die Frage nach einem gemeinsamen geistigen Bande, letztlich nach Gott. Aber zu solchen Fragestellungen dringt der Text nicht vor. Die Erkenntnis vom Einklang mit der Natur ist gewissermaßen eine seltsam blinde Erkenntnis, die sich mit diesem gefühlten Einklang begnügt, und dann nicht weiterdenkt und weiterfragt.

Hier wie bereits oben wird deutlich, dass die Rationalität dem spießigen Philistertum zugeordnet wird, während der Dichter sich in die reine Gefühligkeit flüchtet. Philosophie wird verspottet (Cicero) und das Wesen der Natur verabsolutiert und nicht hinterfragt. Der Funke des Gedankens gilt als verderblich, Vernunft und Gefühl sind hier Gegensätze. Schließlich wird vor allem auch die Welt der Menschen als Gegensatz zur Natur begriffen, obwohl die Menschen zweifelsohne Teil derselben sind. Damit haben wir so ziemlich alle Irrtümer beisammen, an denen die Romantik krankt.

Der humanistisch gebildete Klassiker Goethe kritisierte E.T.A. Hoffmann scharf, der gefährlich romantische Traumtänzer Karl Marx hingegen liebte ihn.

Fazit

Es ist trotzdem ein großartiges Werk, das mit seiner Phantastik und seiner Skurrilität einen ganz eigenen Charme entfaltet, und das insofern seine Berechtigung teilweise behält, als die Menschen leider tatsächlich überwiegend allein der „sogenannten Weltbildung“ zuneigen und tatsächlich ein „entartetes Menschengeschlecht“ sind, vor dem man sich nur allzu oft und allzu gerne in das Refugium des Geistes flüchtet. Auch wenn die Zuordnung von Vernunft und Gefühl zu diesen beiden Welten anders ist bzw. sein sollte, als dargestellt, und Flucht letztlich keine Lösung ist. Und was die poetischen, schwärmerischen, gefühligen Aspekte eines erhabenen geistigen Lebens anbelangt, so erinnert einen dieses Werk wohltuend an diese vernachlässigte Seite unseres Daseins. Man sollte allerdings nicht bei diesen Einseitigkeiten stehen bleiben.

Atlantis

Die phantastische Wunderwelt der Poesie wird von E.T.A. Hoffmann kurzerhand Atlantis genannt. Das verwundert, denn mit Platons Atlantis hat Hoffmanns phantastische Wunderwelt der Poesie rein gar nichts zu tun. Platons Atlantis spielt eine radikal andere Rolle als E.T.A. Hoffmanns Atlantis. Hier gibt es keinen tragfähigen Vergleichspunkt. Zudem dürfte Platon über die allzu freie Phantasie in Hoffmanns Zauberreich wenig erbaut gewesen sein, denn Platon wollte eine an die Rationalität gebundene Dichtung. Aber das nur am Rande.

Der Name Atlantis wird hier als bloße Chiffre für ein dichterisches Sehnsuchtsland benutzt, und das, obwohl zu Beginn des 19. Jahrhunderts Atlantis noch keineswegs gemeinhin als eine Erfindung galt. Es gab damals immer noch zahlreiche Wissenschaftler, die verschiedene Existenzhypothesen vertraten. Erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts kippte die Meinung unter dem Eindruck neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse gegen die Existenz von Platons Atlantis.

Es wäre interessant nachzuvollziehen, wie E.T.A. Hoffmann dazu kam, den Namen Atlantis als eine Chiffre für ein Wunderland der Poesie zu benutzen, das als Parallelwelt gedacht ist. Wären andere Namen nicht näher gelegen, insbesondere z.B. Arkadien oder das Goldene Zeitalter? – Bekannt ist, dass E.T.A. Hoffmann durch die „Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft“ des romantischen Naturforschers Gotthilf Heinrich Schubert von 1808 beeinflusst war. Dort ist Atlantis im Sinne neuerer französischer Theorien ein Ort im hohen Norden, wo die Menschheit noch im Einklang mit der Natur gelebt haben soll. Allerdings ist das immer noch ein realer Ort. Schubert entnahm seine Thesen offenbar der 1781 von Michael Hißmann übersetzten „Neuen Welt- und Menschengeschichte“ von Delisle de Sales, wie sich an der Wortwahl zeigen lässt. – Eine weitere Möglichkeit wäre, dass E.T.A. Hoffmann Atlantis mit dem Adjektiv „verloren“ in Verbindung brachte, das auch damals vielfach durch die Literatur über Atlantis geisterte. Und bei Hoffmanns Reich der Poesie handelt es sich in der Tat um ein „verlorenes“ Reich, das es wiederzufinden gilt. – Eine sehr interessante Möglichkeit wäre eine direkte Reaktion auf den Göttinger Materialisten und Empiristen Michael Hißmann. Michael Hißmann hatte 1781 in seiner Übersetzung der „Neuen Welt- und Menschengeschichte“ eine sehr gehässige Darstellung von Platons Atlantis als einer bloßen Erfindung eingefügt, in der auffällig viele Worte Verwendung finden, die wir im „Goldenen Topf“ von E.T.A. Hoffmann so oder so ähnlich wieder antreffen, z.B. Atlantis als „Wunderwelt“ oder „Feenwelt“. Indem er orientalisch inspirierte Träumereien und Erdichtungen als „lächerlich und abgeschmackt“ verurteilte, handelte Hißmann gerade so wie die spießigen Philister in E.T.A. Hoffmanns „Goldenem Topf“, für die Poesie als „orientalischer Schwulst“ gilt. Und „die Träumereien über Platons Traum“ seien „weit erbärmlicher und unterträglicher“ als die Fabel selbst, meinte Hißmann. Hißmann entwarf zudem eine Theorie der schönen Künste und der Poesie, die sich ganz auf materialistische Antriebe stützte, und jede Schwärmerei verurteilte. Es scheint, als habe E.T.A. Hoffmann den „Goldenen Topf“ auch als eine Antwort auf diese Anschläge Hißmanns auf die dichterische Phantasie verfasst, denn er gestaltete sein poetisches Reich Atlantis präzise so, dass es jede Verurteilung und jeden Vorwurf von Hißmann aufgriff. Damit hätte das spießige Extremurteil des geistlosen Materialisten Hißmann die Überreaktion des dichterischen Phantasten Hoffmann provoziert. – Diese Thesen wären allerdings noch im Einzelnen nachzuweisen.

Jedenfalls hat E.T.A. Hoffmann durch die Wahl des Namens Atlantis für sein Wunderland der Poesie mit dazu beigetragen, Platons Atlantis in der allgemeinen Wahrnehmung den Ruf einer phantastischen und rein dichterisch zu verstehenden Welt zuzuschreiben. Das ist bedauerlich. So verwendete noch 1939 Hermann Rauschning in seinem Werk „Gespräche mit Hitler“ den Namen Atlantis in unmissverständlicher Anspielung an E.T.A. Hoffmann als Chiffre für alle möglichen Phantastereien. Manche haben Rauschnings Worte als Beleg dafür verstanden, dass die Nationalsozialisten an die Existenz von Atlantis glaubten – eine Deutung, die falscher nicht sein könnte.

Der goldene Topf

Der Titel des Werkes ist ein Missgriff. Der goldene Topf ist in diesem Kunstmythos nur eine phantastische Requisite neben anderen, seine Symbolik überflüssig oder mindestens nebensächlich. Die Geschichte hätte auch ganz ohne goldenen Topf funktioniert. Es ist nicht recht verständlich, warum der goldene Topf also den Titel der Erzählung ausmacht. „Das Wunderland Atlantis“ wäre ein sehr viel zutreffenderer Titel gewesen, oder auch „Wiederfindung des verlorenen Wunderlandes Atlantis“.

Bewertung: 4 von 5 Sternen.

(Erstveröffentlichung auf Amazon am 01. August 2020)

Ulf Poschardt: Shitbürgertum (2025)

Die Geburt des Shitbürgers aus dem Ungeist des NS-Wendehalses

Mit „Shitbürgertum“ hat Ulf Poschardt einen neuen Begriff geprägt für etwas, was wir schon kennen: Das „linksliberale“ Bürgertum der BRD. In seiner anekdotischen Beschreibung des „linksliberalen“ Elends hat dieses Buch viele Überschneidungen mit anderen Werken zum Thema, etwa „Unter Linken“ von Jan Fleischhauer.

Das Besondere dieses Buches

Ulf Poschardt liefert allerdings keine heiter-gelassene Beschreibung des Shitbürgertums. Bei Poschardt kommt ein aggressiver Ton hinzu: Das Shitbürgertum muss weg. Weil es uns inzwischen kaputtzumachen droht. Die letzten Reste liberalkonservativer Bürgerlichkeit sind aufgezehrt, der Marsch durch die Institutionen ist vollendet. Niemand hindert das Shitbürgertum mehr an seinem selbstzerstörerischen Wirken. Die Antwort auf den Marsch durch die Institutionen muss die Schleifung der Institutionen sein.

Vor allem aber überrascht das Buch mit seiner Kritik an der Aufarbeitung des Nationalsozialismus: Etwas ist gründlich schief gegangen bei der Vergangenheitsbewältigung, und zwar von Anfang an, und es zieht sich bis heute durch. Den Ursprung des Shitbürgertums sieht Ulf Poschardt in der inneren Abspaltung der bösen Vergangenheit durch NS-Wendehälse wie Günter Grass oder Walter Jens. Diese NS-Wendehälse belehrten uns ihr ganzes Leben lang, wie böse und faschistisch die BRD-Gesellschaft doch sei, aber dann stellte sich heraus, dass diese Gestalten selbst überzeugte Nazis gewesen waren!

Diese innere Abspaltung des eigenen Bösen hat eine manichäische Haltung von absolut rein und gut vs. absolut schmutzig und böse hervorgebracht, die bis heute beim „linksliberalen“ Bürgertum anhält. Das Shitbürgertum ist in diesem Sinne infantil und regressiv, weil es ein radikal simplifiziertes Weltbild hat: Das Böse, das ist immer das „Eigene“, also das Deutsche und das Normale, und die Bösen, das sind immer die anderen. Wer nicht „linksliberal“ ist, der ist „Nazi“. Dieser Manichäismus ist auch der Grund, warum dieses „linksliberale“ Bürgertum jeden selbstzerstörerischen und selbstverleugnenden Unsinn mitmacht, so dass sich die Gesellschaft immer mehr in einen autoritären Kindergarten verwandelt. Diese Kritik ist ein fulminanter Angriff gegen das juste milieu der BRD, und ja: Ulf Poschardt trifft den wunden Punkt unserer Gesellschaft sehr gut.

Für das Shitbürgertum dürfte allein die Tatsache, dass ihre „linksliberalen“ Ikonen wie Günter Grass und Walter Jens fast alle (!) ehemalige Nazis waren, eine ungeheure Provokation sein. Bislang nimmt man dieses Phänomen immer noch als Einzelfall wahr. Dass aber die BRD geistig dermaßen stark durch ehemalige Nazis geprägt wurde, die auf Wendehals machten, ist bislang noch nicht zu Bewusstsein gekommen. Dieser Teil unserer Geschichte wird immer noch tapfer verdrängt, und mit ihm die üblen Konsequenzen bis heute.

Was dem gegenüber wieder gewonnen werden muss, ist die Fähigkeit zur Ambivalenz, die Integration der eigenen Schattenseiten in das eigene Bewusstsein, gewissermaßen ein Erwachsenwerden hin zum Realismus und weg von manichäischen Illusionen über sich und andere. Deutschland liegt bei Ulf Poschardt also auf der Couch und bedarf der Therapie. Auch das ist kein völlig neuer Gedanke.

Rettung sieht Ulf Poschardt von der Pop-Kultur her kommen: Diese ist rücksichtslos und frech, aber auch zur Ambivalenz fähig. Die Kettensäge von Milei oder Donald Trump sind für Ulf Poschardt popkulturelle Phänomene.

Kritik – Weiterentwicklungen des Shitbürgertums

Mindestens zwei historische Weiterentwicklungen des Shitbürgertums werden bei Ulf Poschardt nicht oder nicht ausreichend thematisiert. Die Urquelle des Shitbürgertums sind zweifelsohne die NS-Wendehälse. Das ist richtig.

Aber 1989/90 kam der Antifaschismus der DDR hinzu. Die DDR definierte sich kurzerhand als antifaschistischer Staat, was zur Folge hatte, dass die DDR zur Selbstkritik nicht mehr fähig war. Im ZK der SED tummelten sich die NSDAP-Funktionäre, die Freie Deutsche Jugend wurde maßgeblich von Hitlerjugend-Funktionären aufgebaut, die Volksarmee der DDR war von einer NS-Aufarbeitung so weit entfernt wie der Mond, und auch die starke Skinhead-Szene der DDR verdankt sich der völligen Unfähigkeit der DDR, die deutsche Vergangenheit adäquat aufzuarbeiten. Die DDR war gewissermaßen der Staat-gewordene NS-Wendehals, der manichäische Abspaltung betrieb. Mit der Wiedervereinigung kamen in diesem (Un-)Geist geprägte Gestalten aus der DDR an die Schaltstellen von Politik und Gesellschaft in der BRD.

Die zweite große Weiterentwicklung des Shitbürgertums kam aus dem angelsächsischen Raum: Dort hatte sich eine ganz ähnlich shitbürgerliche Deutung der dortigen Kolonialvergangenheit herausgebildet, die alles, was früher war, verteufelte. Zugleich hatten sich an den US-Universitäten postmoderne Ideologien durchgesetzt, die den klassischen Humanismus zersetzten: Vernunft, Realismus oder Freiheit sind für postmoderne Ideologen lediglich Machtmittel von „alten, weißen Männern“, die es zu dekonstruieren gälte. Dieser Ungeist schwappte mit voller Wucht in unsere Gesellschaft herüber und wurde von den hiesigen Shitbürgern begierig aufgesogen. Ein irrwitziger Multikulti-Fanatismus und eine realitätsverleugnende Gender-Ideologie machten sich breit, bis hin zur Zerstörung unserer geliebten deutschen Sprache. Teilweise wurde in sklavischer Übernahme angelsächsischer Shit-Ideen sogar versucht, den Holocaust gegenüber der deutschen Kolonialvergangenheit herunterzuspielen. Antisemitismus ist der heimliche Trumpf im heutigen Shitbürgertum.

Kritik – Zentraler Irrtum von Ulf Poschardt

In einem entscheidenden Punkt übernimmt Ulf Poschardt eine shitbürgerliche These der NS-Wendehälse, statt diese als einen wesentlichen Bestandteil ihrer inneren Abspaltung von allem Bösen zu erkennen: Ulf Poschardt meint, dass die deutsche Kultur vor 1933 tatsächlich schlimm, schlecht und böse gewesen sei und mehr oder weniger zwangsläufig zum Nationalsozialismus geführt habe. Also ganz so, wie die NS-Wendehälse es uns einzureden versuchten.

Dabei ist diese Art der Geschichtsbetrachtung doch allzu leicht als ein integraler Bestandteil der Abspaltungsstrategie zu durchschauen! Denn die totale Schlechtredung von allem, was früher war, ist gewissermaßen der Gipfel der inneren Abspaltung. Je reiner die NS-Wendehälse sich selbst fühlen wollten, desto schmutziger musste alles andere sein. Und der Gipfel des Schmutzes ist es natürlich, wenn nicht nur die Nazis Nazis waren, sondern am besten alle Deutschen, und das nicht nur 1933-45, sondern möglichst schon seit es Deutsche gibt. Das ermöglichte es den NS-Wendehälsen auch, sich über ihre Mitmenschen zu erheben: Denn wenn sie auch keine Nazis mehr waren, so waren sie doch immer noch Deutsche, trugen also das „böse Erbe“ in jedem Fall noch in sich. Die Flucht vor dem Deutschsein nach „Europa“, die Flucht in einen völlig irrwitzigen Multikulti-Fanatismus haben hier ihre Erklärung, und ebenso natürlich der Hass auf alles Deutsche, wie er in der Gendersprache zum Ausdruck kommt.

Dass Ulf Poschardt bei all seiner Einsicht in das Wesen der NS-Wendehälse dieses zentrale Märchen nicht erkannt hat, ist bedauerlich und fast schon seltsam. Es gibt übrigens noch eine weitere Steigerung dieses Märchens der NS-Wendehälse: Die nächste Steigerung wäre, dass alle Menschen verdorben und schlecht, mithin „Nazis“ sind, und dass die Übel der Welt nur durch die Überwindung des Menschen selbst ausgerottet werden können. Da sind wir dann bei den postmodernen Klimaapokalyptikern und Extinktionalisten angelangt, für die die „unberührte“ Natur alles ist, und der Mensch nichts.

Im den folgenden Abschnitten widerlegen wir im Detail die Argumente, mit denen Ulf Poschardt die ganze deutsche Vergangenheit vor 1933 zum Problem erklärt, danach nehmen wir den Faden der Kritik wieder auf.

Widerlegung: Gegen die Vollschuldigkeit aller Deutschen

Die These, dass die Deutschen im Nationalsozialismus gewissermaßen kollektiv und allesamt schwer schuldig geworden waren, ist völlig falsch. Diese These spiegelt nicht die Realität, sondern natürlich nur die manichäische innere Abspaltung der NS-Wendehälse. Denn wenn alle Deutschen mehr oder wenig schuldig waren, dann ist auch ihre eigene Schuld nicht mehr so groß. Außerdem kann man sich hinterher umso besser moralisch über seine Mitbürger erheben, wenn man sie alle für schuldig erklärt.

In Wahrheit ist die Schuld am Nationalsozialismus jedoch sehr ungleich verteilt. Für Humanisten gilt immer die individuelle Verantwortung. Jeder sündigt für sich allein. Es gibt keine Kollektivschuld und keine Sippenhaft.

Die meisten Deutschen waren keine Nazis. Thomas Mann und Karl Jaspers waren z.B. auch Deutsche: Wie sollte man auf die Idee kommen, ihnen eine nennenswerte Schuld zu unterstellen? Martin Walser erzählte von seiner Mutter, die für den NS-Seniorenbund Kuchen backte und sich dort mit älteren Damen zum Kaffeekränzchen traf: Diese Seniorinnen waren wohl kaum sehr schuldig, sondern hatten ganz einfach keine Ahnung von dem, was wirklich geschah. In den letzten wirklich freien Wahlen gewannen die Nationalsozialisten gerade einmal 33% der Stimmen. Das ist erstaunlich wenig. Und auch die meisten Wähler der NSDAP hatten vermutlich höchst naive Vorstellungen über die Politik, die von den Nationalsozialisten gemacht werden würde. Das war damals nicht anders als heute: Was weiß der durchschnittliche Wähler denn z.B. schon davon, was Angela Merkel mit ihrer Euro-Rettungspolitik angerichtet hat? Wenn die Medien nicht Alarm schlagen, wird es die Masse der Menschen nicht realisieren. So war es immer, so wird es immer sein.

Gerade weil die Deutschen meistens nur wenig oder gar nicht schuldig waren, war es 1945 eine effektive Methode zur Entnazifizierung, die Deutschen durch die KZs zu führen: Denn das, was die Deutschen da zu sehen bekamen, war nicht das, was sie gewollt hatten, jedenfalls die meisten nicht. Und es musste ihnen gezeigt werden, damit sie es glauben konnten, sonst hätten sie es – irrig aber ehrlich – rundweg abgestritten. Hätten die Deutschen diese Verbrechen gewollt, hätten die Führungen durch die KZs keinen Effekt gezeigt. Hier ist auch an Hannah Arendt zu erinnern, die nach den ersten Berichten aus den befreiten KZs an alliierte Propaganda glaubte und einige Tage benötigte, um zu begreifen, dass die Berichte wahr sind. Wenn schon eine Hannah Arendt es nicht wusste und erst nicht glauben konnte, wie dann erst ein Otto-Normal-Deutscher?

Eine größere Schuld trifft natürlich intellektuelle Menschen, die ideologische Texte zugunsten des Nationalsozialismus produziert hatten und in die NSDAP eingetreten waren. Das trifft auf die von Ulf Poschardt ins Auge gefassten NS-Wendehälse meistens zu. Es ist kein Wunder, dass gerade solche Leute das Märchen in die Welt setzen wollen, dass „die Deutschen“ insgesamt schuldig am Nationalsozialismus geworden seien. Das liegt doch auf der Hand! Warum hat Ulf Poschardt das nur nicht gesehen?

Widerlegung: Gegen eine pauschale Deutschfeindlichkeit

Von George Steiner, einem US-Literaturwissenschaftler, zitiert Ulf Poschardt zustimmend, dass man offenbar zugleich Goethe und Rilke lesen und Menschen in Auschwitz Menschen ermorden könne. Und: „For let us keep one fact clearly in mind: the German language was not innocent of the horrors of Nazism.“

Die Vorwürfe von George Steiner sind leicht zu widerlegen. Haben denn britische Kolonialoffiziere, die Verbrechen begangen haben, keinen Shakespeare gelesen? Was will man damit überhaupt aussagen, dass klassische Bildung angeblich nichts nütze gegen Verbrechen?! Das Gegenteil ist doch richtig: Natürlich kultiviert Bildung den Menschen. Natürlich trägt sie zur Humanisierung bei. Das ist doch gar keine Frage! Wer jedoch von den Ausnahmen her ein Argument gegen Bildung konstruieren will, der schüttet das Kind mit dem Bade aus. Es wird immer Menschen geben, die sich dem tieferen Sinn von Bildung gegenüber verschlossen zeigen und diese falsch und schief interpretieren. Das macht die Bildung aber nicht wertlos.

Genau dieser falsche Vorwurf an die klassische Bildung, womöglich zum Nationalsozialismus beigetragen zu haben, wurde von den NS-Wendehälsen erhoben, die Poschardt kritisiert. So z.B. Alfred Andersch in seinem Buch „Der Vater eines Mörders“, in dem auf groteske Weise versucht wird, dem Vater Heinrich Himmlers, der Direktor an einem humanistischen Gymnasium war, eine Mitschuld am Nationalsozialismus anzuhängen (mit der vergifteten Frage: „Schützt Humanismus denn vor gar nichts?“). Es ist völlig unverständlich, warum Ulf Poschardt diese falsche und freche Verleumdung der klassischen Bildung durch die NS-Wendehälse mitmacht, indem er George Steiner zustimmend zitiert.

Schließlich noch zu dem Vorwurf von George Steiner, dass schon die deutsche Sprache schuldig sei. Hier sind wird dann endgültig bei der These angekommen, dass die deutsche Kultur schlechthin verdorben und Nazi-artig sei. Wenn das wahr wäre, dann müsste man die deutsche Kultur tutto completto abräumen. Von Walther von der Vogelweide bis Michael Ende. Genau das ist ja auch das Ziel nicht weniger „Linksliberaler“. Es ist die reine Deutschfeindlichkeit. Aber sie ist natürlich nur dumm und falsch. Wer die 1000jährige deutsche Geschichte – oder auch die jahrhundertealte Geschichte Preußens – nur als ein Vorspiel zum Nationalsozialismus verstehen will, der hat schlicht eine Macke. Man kann es nicht anders sagen.

Gewiss kann und soll und muss die deutsche Kultur gereinigt und erhöht werden – aber nur, wie jede andere Kultur auch. Wer Adolf Hitler zum Inbegriff des Deutschen schlechthin macht, ist auf dem Holzweg. Ulf Poschardt verweist selbst auf Thomas Mann und dessen These von der Ambivalenz der deutschen Kultur (S. 150). Eine Ambivalenz existiert aber nur dort, wo es auch das Gute gibt.

Widerlegung: Gegen ein falsches Preußenbild

Ein zentrales Argument Poschardts für die Schuldigkeit der deutschen Kultur ist die Forschung der britischen Historikerin Helen Roche zu preußischen Militärschulen und zu nationalsozialistischen Napola-Militärschulen. Helen Roche glaubt, dass in beiden Fällen das „Härteideal Spartas“ eine zentrale Rolle gespielt habe, beidemale als Antwort auf Niederlagen (gegen Napoleon und 1918). Poschardt spricht auch von dem „unbarmherzigen Preußentum“. (S. 21)

Es hört sich zunächst martialisch und unmenschlich an: Das Härteideal Spartas an preußischen und NS-Schulen. Aber es handelt sich um eine große psychologische Irreführung. Die Wahrheit ist viel banaler.

Die Wahrheit ist zunächst, dass im 19. Jahrhundert die klassische Bildung in ganz Europa Hochkonjunktur hatte. Es dürfte überall in Europa an allen Militärschulen aller Länder über Sparta nachgedacht worden sein. Sparta steht im klassischen Bildungskanon für das Militärische wie nichts anderes, und nichts lag deshalb näher, als sich an Militärschulen mit Sparta zu befassen. Nicht nur in Preußen, sondern auch in England oder Frankreich. Rezensionen zur Forschung von Helen Roche merken an, dass ihre Belege für die Rezeption Spartas an preußischen Kadettenschulen weniger eindeutig sind als die für die NS-Napola-Anstalten und mehr als ein Hinweis auf die damals vorherrschende klassische Bildung zu deuten sind (z.B. Hagen Stöckmann auf H-Soz-Kult 31.03.2014).

Zum Militärischen gehören auch heute noch Dinge wie Pflicht, Gehorsam, Drill, Opferbereitschaft, Patriotismus. Ein Militär ist ohne diese Dinge schlicht nicht denkbar. Auch jede moderne Armee muss sich damit auseinandersetzen. Und warum sollte man das nicht mit dem antiken Sinnbild für das Militärische schlechthin tun? Man sollte hoffen, dass auch heute noch in den Bildungseinrichtungen der Bundeswehr klug über Sparta nachgedacht wird. Aber natürlich auch über Athen.

Denn im 19. Jahrhundert stand unter Gebildeten nicht Sparta, sondern Athen im Mittelpunkt. Wir lesen in der Gefallenenrede des Perikles, dass auch die Athener sich auf das Militär verstanden, und zwar nicht schlechter als die Spartaner. Das wusste man auch im 19. Jahrhundert. Die Ideen der preußischen Reformer hören sich jedenfalls wesentlich mehr nach Athen als nach Sparta an, darunter die Heeresreform mit ihrem Konzept des Bürgers als dem geborenen Verteidiger seines Landes. Auch die Flottenbegeisterung zur Kaiserzeit konnte wesentlich besser an Athen als an Sparta anknüpfen, denn Sparta galt als Landmacht, Athen jedoch als Seemacht.

Hinzu kommt, dass der Militarismus Spartas noch keinen Rassismus, ja, überhaupt nicht zwingend irgendeinen Antihumanismus bedeuten muss. Die „bösen“ Spartaner haben jedenfalls keinen Völkermord begangen, sondern ausgerechnet die „guten“ Athener, nämlich gegen die Bewohner der Insel Melos. Der berühmt-berüchtigte Melierdialog bei Thukydides gehört zum unverlierbaren Bildungsgut der Menschheit als Mahnung für alle Zeiten. Seit damals stellen sich Historiker die Frage, wie es möglich war, das gerade eine Bildungsnation wie Athen einen Völkermord begehen konnte. Es ist dieselbe Frage, die man sich im 20. Jahrhundert zu Deutschland und dem Holocaust stellte, denn auch Deutschland war ein Land der Bildung. Wer da in einer Befassung mit Sparta ein besonderes Problem sehen will, hat den Ernst der Lage nicht erkannt.

Schließlich ist Ulf Poschardt einfach völlig auf dem Holzweg, wenn er von „unbarmherzigen Preußentum“ spricht. Das war die primitive Sicht der ungebildeten Nazis auf das Preußentum. Kadavergehorsam war eine Idee der Nazis, nicht Preußens. Preußen lebte auch von seinen Legenden und Mythen, und eine dieser unverlierbaren, wahren Legenden ist die des preußischen Generals von der Marwitz (1723-1781), der einen Befehl Friedrichs des Großen aus Gewissensgründen verweigerte. Ikonisch schrieb man auf seinen Grabstein: „Wählte Ungnade, wo Gehorsam nicht Ehre brachte.“ Dieser Satz gehört fest zum kollektiven Gedächtnis Preußens. Und er hat Wirkung gezeigt, z.B. im bekannten Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944. Gleichzeitig machte sich Hitlers Chef des Oberkommandos der Wehrmacht Wilhelm Keitel über diverse moralischen Bedenken der preußischen Offiziere in der Wehrmacht lustig. Keitel war eben kein Preuße, sondern ein Nazi.

In Wahrheit war Preußen einfach ein Staat wie jeder andere, sagen wir: wie England, mit Höhen und Tiefen, mit guten und schlechten Seiten. Die Kritik an Preußen ist bestens bekannt und teilweise auch berechtigt. Aber Preußen stand – durch Friedrich den Großen und Immanuel Kant – eben auch für die Aufklärung. Die preußischen Reformer und die Humboldt-Brüder standen für Fortschritt, Aufklärung, Geist und Moderne.

Das Spießrutenlaufen schaffte das „unbarmherzige“ Preußen als eines der ersten Länder im Jahr 1806 ab, also genau in der Phase, in der an preußischen Militärschulen über das Härteideal Spartas nachgedacht wurde. In süddeutschen Ländern geschah dies erst viel später, z.B. in Württemberg erst 1818, in Österreich sogar erst 1855.

In der Revolution von 1848 zeigte sich der preußische König mit der schwarz-rot-goldenen Fahne, nachdem ein versehentlicher Schuss (bis heute ungeklärt woher) zu Barrikadenkämpfen in Berlin geführt hatte. Jedenfalls gab es keinen Befehl zum Schießen und die Kämpfe begannen in jedem Fall ungewollt. Ebenso wurden die Berliner Straßenkämpfe nicht erst beendet, nachdem alle Revolutionäre besiegt waren, sondern der König selbst ließ den ohne Befehl spontan ausgebrochenen Kampf wieder beenden, zeigte sich mit der schwarz-rot-goldenen Fahne und ehrte die Getöteten. Man kann ehrlicherweise nicht behaupten, dass Preußen die Revolutionäre zusammenschießen ließ wie es die Kommunisten am 17. Juni 1953 taten. Alles andere als das. Aber die Shitbürger plappern munter von der „Unbarmherzigkeit“ Preußens.

Man beachte auch, dass die Frankfurter Nationalversammlung dem preußischen Königshaus die deutsche Kaiserkrone antrug. Preußen scheint also in den Augen der Frankfurter revolutionären Parlamentarier nicht der Inbegriff alles Bösen gewesen zu sein. Jeder weiß auch, dass Preußen die Kaiserkrone wegen Österreich ablehnen musste, um einen innerdeutschen Krieg zu vermeiden (der dann 1866 doch noch kam). Auch die Erschießung des Abgeordneten Robert Blum war ein Werk der Österreicher, nicht der Preußen. Der ganze Vormärz wurde von den Österreichern und ihrem Staatskanzler Metternich beherrscht.

Historiker wie Hedwig Richter haben darauf hingewiesen, dass das Kaiserreich moderner und demokratischer war als viele meinen.

Es ist einfach eine falsche und ungerechte schwarze Legende, dass Preußen „unbarmherzig“ und „hart“ gewesen wäre, und dass dies mehr oder weniger zielstrebig im Nationalsozialismus geendet hätte. Diese primitive Sicht auf Preußen wurde dann nahtlos von den NS-Wendehälsen in die BRD hineingetragen. Es macht traurig, dass Ulf Poschardt in diesem Punkt den NS-Wendehälsen auf den Leim gegangen ist.

Schließlich ist es Ulf Poschardt selbst, der Preußen auf S. 87 positiv konnotiert und damit seiner eigenen Preußenfeindlichkeit vom Anfang des Buches widerspricht. Dort echauffiert sich Poschardt darüber, dass Oskar Lafontaine „den preußischen Hanseaten“ Helmut Schmidt attackierte, um gegen die preußischen Sekundärtugenden zu polemisieren. Hier hat Ulf Poschardt die Verhältnisse wieder gerade gerückt: Oskar Lafontaine ist der Shitbürger, der die preußische Vergangenheit abspaltet und Sekundärtugenden nur verachtet, obwohl sie wertvoll sind, während Helmut Schmidt diese preußische Vergangenheit nicht abspaltet, sondern in seine Persönlichkeit inkorporiert, und auf vernünftige Weise für seine Gegenwart fruchtbar macht.

Ulf Poschardt wiederholt hier übrigens denselben Denkfehler, den auch Andreas Rödder in seinem Buch „Konservativ 21.0“ begangen hat: Erst sagt Rödder, dass es durch den Nationalsozialismus einen Traditionsbruch gegeben habe, und deshalb müsse man mit allem, was davor war, brechen. (Was für ein Unsinn! Gerade deshalb, weil der Nationalsozialismus ein Bruch war, kann man sehr wohl an das, was davor war, wieder anknüpfen.) Später dann beruft sich Rödder auf den Preußen Wilhelm von Humboldt und fordert Allgemeinwissen über Preußen und die Hohenzollern ein. Auch hier bei Rödder finden wir also diese völlig verklemmte Selbstwidersprüchlichkeit im Umgang mit Preußen: Erst verdammt man gut shitbürgerlich alles, dann erachtet man aber doch dies oder das oder jenes für wertvoll, und merkt den Widerspruch nicht.

Kritik – Keine konstruktive Vision

Fahren wir mit unserer Kritik fort: Ulf Poschardt erhofft sich Rettung von der Popkultur und deren respektlosen Zerstörung der Verhältnisse. Aber eine konstruktive Vision ist das eigentlich nicht. Gut, es ist eine libertäre Vision. Aber nach dem libertären Kettensägenmassaker muss eine Ordnung übrig bleiben, und die will konstruktiv gedacht sein. Hier schwächelt Poschardt.

Was fehlt, ist natürlich eine positive Vision für Deutschland. Ein geläutertes Nationalbewusstsein ohne Abspaltungen: Darum geht es Poschardt doch! Ein Deutschland, das mit sich im Reinen ist. Ein Deutschland, das stolz auf den – sprechen wir es aus – preußischen Humanismus ist. Ein Deutschland, das auch Zuwanderer gerne in seine wunderbare Kultur integriert, die eine offene und humanistische Kultur ist, aber keinesfalls eine selbstvergessene Kultur. Aber solche Töne fehlen bei Poschardt. Vielleicht hätte ihm das zu national gesinnt geklungen? Es wäre aber nur folgerichtig.

Man hätte z.B. die Vision entwickeln können, den Staat Preußen als ganz normales Bundesland, bestehend aus den historischen Gebieten auf dem Boden der ehemaligen DDR, wiederzuerrichten. Wer die falsche Abspaltung der NS-Wendehälse überwinden wollte, müsste genau das tun. Endlich die volle Versöhnung mit der eigenen Geschichte, endlich die volle Ambivalenz ins eigene Nationalbewusstsein integriert. Deutschland macht ohne Preußen gar kein Bild in der Seele, hier ist erst der Schlüssel zu allem!

Vielleicht scheitert Ulf Poschardt aber gerade deshalb an einer solchen positiven Vision, weil er den Shitbürgern in einem Punkt auf den Leim gegangen ist: Dass Deutschland und die deutsche Kultur vor 1933 durchweg „böse“ und schuldig seien. Auf dieser ideologischen Basis kann man nie mehr zu einer Geisteshaltung ohne Abspaltung kommen.

Kritik – Shitbürgertum von Rechts kaum thematisiert

Ulf Poschardt erwähnt, dass die starken Männer in der AfD gegen den Westen und gegen den Liberalismus sind (S. 144). Aber leider zieht er nicht die direkte Verbindung zum Shitbürgertum, die hätte gezogen werden müssen!

Wenn wir Alexander Gaulands Buch „Anleitung zum Konservativsein“ lesen, finden wir dort im Zentrum des Buches in mehreren Kapiteln (!) eine fundamentale Kritik an Preußen. Gauland zieht alle nur erdenklichen Register der preußenfeindlichen Propaganda. Schließlich meint Gauland, dass Preußen gesellschaftlich und territorial verloren sei, und will auf gar keinen Fall – und niemals nicht! – dass Preußen wieder sei. Das ist schon auffällig nahe am Shitbürgertum.

Gleichzeitig freut sich Gauland darüber, wie die Osteuropäer wieder an die Zeit vor 1933 anknüpfen, bevor sie durch Nationalsozialismus und Kommunismus geknebelt wurden. Und das, obwohl diese Länder kaum weniger als Preußen „gesellschaftlich und territorial“ gelitten haben. Auch hat Alexander Gauland überhaupt kein Problem mit Bayern, und das, obwohl Bayern das Bundesland mit den engsten Bindungen zum Nationalsozialismus war: München war die Hauptstadt der Bewegung, Nürnberg die Stadt der Reichsparteitage, und in Bayreuth residierte der große Inspirator des Nationalsozialismus auf dem Grünen Hügel. Für Gauland kein Problem. Aber Preußen mit seiner Rationalität und seinem preußischen Humanismus, das ist für Gauland ein Riesenproblem.

Auch sonst ist Gauland der typische Shitbürger: Sein Antiamerikanismus ist unübersehbar. Sein Antiliberalismus ist penetrant. Und konservativ ist er eigentlich auch nicht, wenn man es recht bedenkt. Sondern unangenehm bräunlich. Eine Fixierung auf Hitler scheint offensichtlich.

Schließlich missbraucht Alexander Gaulands Freund Björn Höcke Preußen immer wieder als Projektionsfläche für seine schrägen Phantasien. Höcke kann dies tun, weil das juste milieu der BRD ihm Preußen völlig überlassen hat. Höcke kann über Preußen den größten Unsinn verzapfen, wie einst die NS-Wendehälse, und niemand widerspricht ihm.

Insbesondere aber denkt Höcke keine Sekunde daran, Preußen als Bundesland wiederherzustellen. Das wahre Preußen wäre für Höcke ein Problem. Das wahre Preußen ließe sich nicht so leicht missbrauchen. Es stünde Höckes Visionen von Deutschland nur im Wege. Wir erinnern uns, wie Kaiser Wilhelm II. in seinem Exil in Doorn mehrere Stunden vergeblich versuchte, Göring zu erklären, dass man Deutschland nur in Ländern regieren könne: „Zwei Stunden lang habe ich diesem Rindvieh klarzumachen versucht, dass man Deutschland nur auf der Grundlage des Föderalismus regieren kann.“

Kritik – Kleine Fehler

Richard von Weizsäcker wird von Ulf Poschardt den Shitbürgern entgegengestellt (S. 37). Er hätte seine Rede vom 8. Mai 1985 nur deshalb halten können, weil er selbst aufgrund seiner Familiengeschichte die Ambivalenzen integriert hätte. Doch das ist falsch. Ganz falsch. Bekanntlich wurde Weizsäckers Rede für die Aussage gefeiert, dass der 8. Mai ein Tag der Befreiung war. Doch diese Einseitigkeit der Perspektive auf den 8. Mai ist genau die Abspaltung von allem Bösen und Problematischen, das Ulf Poschardt anprangert. Denn viel besser als Richard von Weizsäcker hatte es der erste Bundespräsident Theodor Heuss gesagt, der in einer Rede vor dem Parlamentarischen Rat am 8. Mai 1949 eine andere Deutung des 8. Mai präsentiert hatte, die bis 1985 unter Liberalkonservativen unbestritten war: „Im Grunde genommen bleibt dieser 8. Mai 1945 die tragischste und fragwürdigste Paradoxie der Geschichte für jeden von uns. Warum denn? Weil wir erlöst und vernichtet in einem gewesen sind.“ Hier, bei Theodor Heuss, finden wir die Integration der Ambivalenz, nach der Ulf Poschardt verlangt, während Richard von Weizsäcker einfach nur ein weiteres abspalterisches Dogma des Shitbürgertums bestätigt hat.

Martin Walser wird bei Ulf Poschardt zu den Shitbürgern und Antisemiten gezählt, seine Friedenspreisrede in der Paulskirche scharf kritisiert (S. 32). Diese Perspektive ist fragwürdig. Martin Walser hatte sich von der linksliberalen Schickeria losgesagt und gründlich zu denken begonnen („Nichts ist wahr ohne sein Gegenteil“), weshalb er ausgegrenzt blieb. Auch seine Paulskirchenrede ist nicht einfach antisemitisch, sondern im Gegenteil ein Versuch, die Ambivalenz, nach der Ulf Poschardt verlangt, wieder sichtbar zu machen. (Es wäre interessant zu wissen, was Ulf Poschardt von Hans Magnus Enzensberger denkt.)

Fazit

Mit „Shitbürgertum“ hat Ulf Poschardt einen laut vernehmbaren Weckruf in die Welt gesandt, der hoffentlich zu einer vermehrten Bewusstseinsbildung beiträgt, indem Realitäten auf Begriffe gebracht werden, vor allem den Begriff des „Shitbürgertums“. Völlig richtig ist, dass Ulf Poschardt den Kern des Übels in einer falschen Vergangenheitsbewältigung sieht. Leider ist Ulf Poschardt selbst nicht völlig frei von den Lebenslügen der Shitbürger. Deshalb bleibt seine positive Vision für Deutschland auch seltsam dünn. Aber es ist eine Streitschrift, lanciert zum Streiten. Und das ist gut, denn es ist der Anfang von aller besseren Erkenntnis.

Bewertung: 4 von 5 Sternen.

Christian Rieck: Die 36 Strategeme der Krise – Erfolgreich werden, wenn andere scheitern (2020)

Tricks und Taktiken erkennen und durchschauen lernen

Die Welt ist oft nicht so, wie sie uns erscheint. Speziell dort, wo verschiedene Kräfte miteinander ringen, kommen auch Listen, Tricks und Täuschungen zum Einsatz. Das ist natürlich vor allem in der Politik so, aber auch im ökonomischen Wettbewerb, im Ringen um philosophische oder theologische Standpunkte, im real existierenden Wissenschaftsbetrieb, im persönlichen Wettbewerb um Posten und Karriere, bis hin zum Gerangel im Ehe- und Familienleben. „Strategem“ ist der Fachbegriff für Listen, Tricks und Täuschungsmanöver. Professor Christian Rieck, ein Ökonom mit Spezialgebiet Spieltheorie, hat dazu einiges zu sagen, unterfüttert durch seine wissenschaftliche Sicht.

Das Buch

Auf der Grundlage historischer Sammlungen von Strategemen, speziell der chinesischen „36 Strategeme“, die dem General Tan Daoji (gestorben 436 n.Chr.) zugeschrieben werden, aber auch der „Strategemata“ des Römers Sextus Iulius Frontinus (ca. 40-103 n.Chr.), hat Christian Rieck eine Sammlung von Strategemen vorgelegt. Dazu werden immer zuerst die traditionellen Titel und Geschichten der Strategemata präsentiert, wozu auch Fabeln und Sinngeschichten gehören. Danach zeigt der Autor auf, wo diese Strategeme im modernen Leben zu beobachten sind.

Hauptzweck des Büchleins ist die Sensibilisierung für das Erkennen von Strategemen. Der Leser soll seine Naivität verlieren, Skepsis gewinnen, und geübt darin werden, hinter die Kulissen zu schauen. Das gelingt dem Autor in überzeugender Weise, nicht zuletzt durch eine ganze Reihe von hochaktuellen Fallbeispielen (das Buch wurde offensichtlich in späteren Auflagen aktualisiert). Die Einschätzungen des Autors zu Vorgängen unserer unmittelbaren Zeitgeschichte sind hochgradig zustimmungsfähig. Wer schon etwas älter ist, wird vieles finden, was er sich schon selbst gedacht hatte. Speziell jüngere Leser dürften durch dieses Buch schneller auf die Sprünge gebracht werden, besser zu erkennen, in was für einer Welt sie leben.

Interessant, aber weniger gelungen, ist der Ansatz, eine Krise als einen Akteur von Strategemen zu begreifen: Wie wenn uns eine Krise als handelnde Person mit List und Tücke begegnen würde. Das ist als Denkfigur zwar geeignet, um das Denken in Strategemen zu üben, ist aber in der Realität nicht so. Eine Krise handelt nicht. Sie vollzieht sich. Hier hat der Autor versucht, sein Buch als Ratgeber für aktuelle Krisen (Corona, Finanzkrise, was immer) aufzuhübschen und Leser mit der Idee zu ködern, von Krisen profitieren zu können. Strategeme sind aber nicht nur ein Thema für Krisenzeiten, sondern beherrschen auch den Alltag.

Kritik

Kritik muss an formalen Aspekten geübt werden. Das Buch ist teils schlampig zusammengestellt. Speziell die Einleitungen der verschiedenen Kapitel knallen dem Leser ohne Zusammenhang erst den chinesischen Titel des Strategems, dann z.B. eine Fabel von Aesop, dann vielleicht auch eine Anekdote aus der römischen Geschichte, und zuletzt auch die traditionelle chinesische Geschichte zum jeweiligen Strategem vor die Nase. Hier fehlen Einleitungen, Überleitungen und Einordnungen. Man hätte sich jeweils auch einen modernen Untertitel zu jedem Kapitel gewünscht, der die Essenz jedes einzelnen Strategems für moderne Leser besser auf den Punkt bringt. Dann wäre auch das Inhaltsverzeichnis des Büchleins „sprechender“ geworden.

Speziell von einem Wissenschaftler hätte man sich noch etwas mehr Abstraktion erwartet: Die 36 traditionellen Strategeme überlappen sich häufig gegenseitig, wie der Autor immer wieder mit Recht bemerkt. Hier hätte man sich den Versuch gewünscht, die 36 Strategeme auf eine noch kleinere Zahl von Elementarstrategemen einzudampfen. Wünschenswert wäre auch eine Tabelle gewesen, die aufzeigt, welche Strategeme mit gleichen Mitteln arbeiten. Ein kleines Literaturverzeichnis hätte nicht geschadet. Etwas mehr historischer Hintergrund wäre nicht schlecht gewesen. Nicht einmal der Name des chinesischen Generals Tan Daoji als Autor der „36 Strategeme“ fällt.

Immer wieder sind Worte in blassblauer Farbe gedruckt: Es handelt sich um Weblinks, die in der gedruckten Fassung des Buches natürlich nicht funktionieren und auch nirgendwo ausgeschrieben vorliegen (etwas in Fußnoten oder einem Anhang). Rechtschreibfehler kommen vor, jedoch nicht allzu häufig. Der aktuelle Preis von 9,99 EUR für die Kindle-Ausgabe und 18,- EUR für Softcover ist zu hoch. 6,- bzw. 12,- EUR wäre angemessener gewesen.

Fazit

Das Buch erfüllt seinen Zweck und lohnt zu lesen, ist aber etwas zu schlampig gemacht.

Bewertung: 4 von 5 Sternen.

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